Menschenretten seit 70 Jahren

Die Klagenfurter Bergrettung feiert ihr 70-jähriges Bestehen. Die 93 Mitglieder sind auf der Piste, im Wald, auf Bäumen und auch auf dem Pyramidenkogel im Einsatz. Seit 20 Jahren sind auch Frauen mit dabei.

Die Zahl der Bergrettungseinsätze ging im vergangen Jahr zwar etwas zurück, bleibt aber mit fast 650 Einsätzen in ganz Kärnten auf einem hohen Niveau. Am Samstag feiert die mit 93 Mitgliedern größte Bergrettungsorganisation, die Bergrettung Klagenfurt, ihren 70. Geburtstag. Die britischen Besatzer unterstützten 1948 die Gründung der Ortsstelle, um Helfer zu haben, wenn ein Flugzeug in den Bergen abstürzt. Auch ein Lkw wurde für die Bergretter gesponsert.

Einsatzgebiet am Nassfeld

Kurt Müller ist seit zwei Jahren Leiter der Klagenfurter Ortstselle und damit verantwortlich für ein Gebiet von 1.500 Quadratkilometern von Albeck bis Ludmannsdorf und von Techelsberg bis Brückl. Am häufigsten werden Kärntens Bergretter zu Pistenunfällen geholt. Auch die ehrenamtlichen Helfer aus Klagenfurt sind auf der Piste unterwegs, denn ein Einsatzgebiet ist eine gute Stunde von der Landeshauptstadt entfernt - die Gartnerkofelseite des Nassfeldes.

Gemeinsam mit der Ortsstelle Hermagor wird am Nassfeld der Pistendienst versehen. Da auch immer wieder Verletzte zu versorgen sind, sei das Nassfeld ein gutes Übungsfeld, sagt Ortsstellenleiter Kurt Müller.

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Impressionen der Bergrettungsarbeit

Die Bergretter als Baumakrobaten

Abseits des einzigen hochalpinen Einsatzgebietes sind die Klagenfurter Bergretter vor allem in Wäldern, in unwegsamen Gelände, Schluchten und Gräben im Einsatz. Und zunehmend müssen die Bergretter auf Bäume klettern, um Paragleiter-Piloten zu bergen.

So blieb 2016 eine 70-jährige Paragleiter-Pilotin nach dem Absturz mit ihrem Fluggerät auf rund 25 Metern Höhe in einem Baum hängen. „Die Frau hing auf einem Ast, der einen Durchmesser von nur 3,5 Zentimeter hatte. Es war schwierig die Frau zu bergen, ohne dass der dünne Ast bricht“, erzählt Müller.

Paragleiter am Radeberg abgestürzt

Österreichischer Bergrettungsdienst

„Bergrettung“ am Baum

Einsatzort Pyramidenkogel

Ein weiterer Einsatzort der Klagenfurter Bergrettung ist aus Holz: Der Turm auf dem Pyramidenkogel. Wenn der Lift stecken bleibt, wird die Klagenfurter Bergrettung alarmiert. So wie kurz nach der Eröffnung, so Kurt Müller. Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, finden deswegen am Pyramidenkogel immer wieder Übungen statt.

Pyramidenkogel Ausstellung Keutschach Schlossstadel

ORF

Aussichtsturm Pyramidenkogel

„Einmal Bergretter, immer Bergretter“

Seit zwei Jahren ist Kurt Müller Chef der Klagenfurter Bergretter. Einer seiner Vorgänger war in den 1990-er-jahren sein Vater Jörg Müller. Bei der Gründung der Klagenfurter Ortsstelle war er acht Jahre alt. Nach einer Hüftoperation ist er derzeit an seine Wohnung gefesselt, aber auch hier trägt er sein rotes Bergrettungs-T-Shirt mit dem grünen Kreuz. „Einmal Bergretter, immer Bergretter“, sagt er.

Heute werden die Bergretter per SMS alarmiert, in den 1960-er-Jahren war das noch ganz anders. „Ein paar Privilegierte hatten vielleicht ein Telefon, ansonsten funktionierte die Alarmierung über die Funkstreifen der Polizei nach dem Schneeballsystem. Heute ist das unvorstellbar“, so Jörg Müller. Auch Flugzeuge waren damals eine sehr seltene Unterstützung bei Einsätzen.

Ein erbsengrüner Anorak

Heute ist moderne Funktions-Bekleidung für die Retter selbstverständlich, damals waren die Bergrettungsleute wesentlich schlichter ausgerüstet. „Ein erbsengrüner Anorak war unsere Ausrüstung. Und der war nicht einmal wasserdicht“, erzählt Jörg Müller. Allerdings waren damals deutlich weniger Leute in den Bergen unterwegs. Deswegen sei auch die Zahl der Bergretter deutlich geringer gewesen.

Bergrettung Klagenfurt Peter Müller

Bergrettung Klagenfurt

Otsstellenleiter Kurt Müller

Dass sein Sohn Kurt nun Ortsstellenleiter ist, „das macht schon stolz.“ Und vielleicht gibt es auch eine dritte Generation, denn die Enkel zeigen bereits Interesse an der Bergrettung.

Die Bergrettung war „Männersache“

Die Bergrettung war in ihrer Gründungszeit reine Männersache. Frauen wurden nicht aufgenommen, für sie seien die Einsätze zu schwer, hieß es. In den vergangenen 20 Jahren änderte sich das. Eine der ersten Frauen bei den Klagenfurter Bergrettern war im Jahr 2000 Gabriele Schluga.

Trotzdem war ihre Aufnahme keine Selbstverständlichkeit. „Nur ein Jahr zuvor sprach sich eine andere Ortsstelle gegen die Aufnahme von Frauen auf“, sagt Schluga. Dass Schluga in Klagenfurt aufgenommen wurde, das sei auch dem neuen Leiter Kurt Müller zu verdanken. Ein Jahr lang war Gaby Schluga auch Leiterin der Ortsstelle, weil der gewählte Ortsstellenleiter beim Eisklettern im März 2015 tödlich verunglückte.

Leicht sei die Arbeit der Bergretter jedenfalls nicht, sagt Gaby Schluga. Sie sei begleitet von Tod und Leid, „vor allem wenn Kinder betroffen sind, sind natürlich viele Emotionen dabei.“ Trotzdem - wenn es ihre Arbeit im Klinikum Klagenfurt zulässt, ist Schluga sofort zur Stelle, um ehrenamtlich zu helfen.

Keine Nachwuchsprobleme

Nachwuchsprobleme gibt es bei den Klagenfurter Bergrettern laut Leiter Kurt Müller nicht. Vier bis sechs Anwärter gebe es jedes Jahr, und die Hälfte davon entscheidet sich auch, bei der Bergrettung zu bleiben. Wer sich für die Bergrettung interessiert, sollte bereits Bergerfahrung haben. Müller: „Man sollte zum Beispiel Erfahrung mit Skitouren und dem Klettern haben und eine Schutzausrüstung besitzen. Bei uns lernen die Interessenten dann die Rettungstechniken.“

Um auch die Retter zu schützen, gibt es für Interessenten eine Art „Aufnahmeprüfung“. Vor den Kursen wird geprüft, ob die Interessenten Erfahrung in den Bergen haben. Erst nach einem Probejahr fällt die endgültige Entscheidung. Mit 2018 gibt es nach diesem Probejahr erstmals eine Überprüfung durch die Landesstelle. Die meisten Interessenten sind zwischen 20 und 30 Jahren alt.

Ständige Weiterbildung

Das Ehrenamt ist mit einigem Zeitaufwand verbunden. Übungen im Klettern, Skifahren im Gelände, Seiltechnik, Satellitennavigation, Canyoning, Lawinenkunde und vieles mehr sind zu absolvieren. Aus den Helfern, die einst sehr viel improvisieren mussten, wurden mittlerweile auch Experten in Erster Hilfe. „Man kann sich keinen Fehler mehr erlauben“, sagt Müller. „Da wird der Rettungseinsatz gleich mit dem Handy mitgefilmt. Und es geht immer nur um die Kohle, es wird auch gerne vor Gericht geklagt.“

Rettungs- und Polizeihubschrauber haben den Bergrettern in den vergangen Jahren zwar einiges an Arbeit abgenommen. Doch bei Dunkelheit, Nebel, starkem Wind oder Schnee müssen die Bergretter ausrücken - wenn Bergungen am schwierigsten und gefährlichsten sind.

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