Geständnis bei Millionenbetrugsprozess

Im Betrugsprozess um fingierte Bauprojekte, für die Firmen Millionen zahlten, um zum Zug zu kommen, hat der Hauptangeklagte ein Geständnis abgelegt. Der Ungar ist entmündigt und wird besachwaltet, er sagte, er sei spielsüchtig.

In Zusammenhang mit der thermischen Sanierung von Plattenbauten in der Slowakei sollen der Ungar und zwei Kärntner Angeklagte mit fingierten Bauaufträgen Unternehmer zur Zahlung von Millionenbeträgen verleitet zu haben. Die Schadenssumme bezifferte der Staatsanwalt mit rund 8,3 Mio. Euro. „Für einen lukrativen Betrug bedarf es immer zweier Zutaten, eines kreativen Imponiergehabes beim Betrüger und einer massiven Gier aufseiten der Opfer. Dann kann Vermögen in großem Ausmaß verschoben werden“, erklärte Staatsanwalt Wolfgang Handler in seinem Anklagevortag. Beides sei hier zusammengetroffen.

Staatsanwalt: Opfer gierig nach schnellem Geld

Projekte seien vorgetäuscht worden, die man in der Baubranche als Lotto-Sechser bezeichnen könnte: thermische Sanierungen bei Tausenden von Plattenbauten, gefördert von der EU. „Da läuft jedem Baumeister der Mörtel im Mund zusammen“, sagte der Staatsanwalt. Die Opfer, „gierig nach dem schnellen Geld“, hinterfragen nichts. „EU-Aufträge ohne Ausschreibung? - Egal. Geldübergaben auf Parkplätzen? - Wird schon passen“, schilderte Handler die Vorgangsweise.

Firmen mussten Vorkasse leisten

Vorher mussten die Opfer allerdings „etwas auslegen“, für verschiedene Gebühren und Verwaltungskosten, zum Teil sogar in Millionenhöhe. Für die Täuschungsmanöver seien auch Treffen mit Politikern aus verschiedenen slowakischen Städten und hohen Beamten aus Ministerien sowie Besichtigungen inszeniert worden. Unter anderem seien nachgemachte Urkunden des slowakischen Wirtschaftsministeriums verwendet worden.

„Es war hollywoodreif - ganz großes Kino“, sagte der Staatsanwalt. Auf diese Weise seien zwölf österreichische Firmen betrogen worden. Laut Staatsanwalt laufen dazu auch in der Slowakei ähnliche Verfahren. Die Opfer seien sehr blauäugig gewesen, hätten „aus Gier das Hirn ausgeschaltet“. Sie würden im Laufe des Verfahrens auch mit unangenehmen Fragen konfrontiert werden, so Handler.

Angeklagter seit 2007 entmündigt

Der Ungar als Erstangeklagter, der seit 2007 entmündigt und von seiner Frau besachwaltet ist, bekannte sich schuldig. Sein Verteidiger Wolfgang Auner erklärte, sein Mandant schäme sich, den Opfern das angetan zu haben, und werde im Laufe des Verfahrens zur Aufklärung der Fälle beitragen. Jedoch wundere er sich schon, dass Unternehmer Geldübergaben auf Parkplätzen machen, dass sie bei Millionenbeträgen nicht nachfragen würden, führte Auner aus. Der Mann nahm die Schuld auf sich und entlastete teilweise die Mitangeklagten. Er habe sich das Betrugsmodell selbst ausgedacht und keine Komplizen gehabt, erklärte er. Er sei spielsüchtig gewesen und habe das Geld gebraucht.

2009 habe es das erste Treffen mit den beiden Mitangeklagten aus Kärnten gegeben, erzählte er dem Vorsitzenden des Schöffensenats, Richter Gernot Kugi. Diesen habe er gesagt, dass er Übersetzer sei. Die Kärntner haben 2010 in der Slowakei dann eine Firma namens Green Building gegründet. Von dieser Firma hatte der Staatsanwalt gesagt, dass niemand genau wisse, was sie getan habe.

Bauprojekte erfunden

Der Angeklagte erklärte, er selbst habe in der Firma offiziell keine Funktion ausgeübt, inoffiziell sei er der Geschäftsführer gewesen. Diese Firma habe Arbeiter aufgenommen und nach Österreich zum Arbeiten geschickt, so der Angeklagte. Die Informationen zu den fingierten Projekten - es sollten Plattenbauten thermisch saniert werden - habe er erfunden und die notwendigen amtlichen Bestätigungen gefälscht.

Die Informationen, die er dazu brauchte, habe er aus dem Internet entnommen, die Unterschriften selbst nachgemacht. Bei den Treffen mit den Beamten des slowakischen Finanzministeriums und Politikern habe er falsch übersetzt - die österreichischen Opfer verstanden kein Slowakisch. Mit eigenen Mitteln habe er sogar eine Spatenstichfeier organisiert, erzählte er.

Firmen im Telefonbuch gefunden

Seine Opfer fand er laut seiner Aussage im Telefonbuch. Auf die Frage des beisitzenden Richters Christian Liebhauser-Karl, woher er gewusst habe, dass die Unternehmer aus dem Telefonbuch in der Lage und bereit wären, Geld zu investieren, antwortete der Angeklagte: „Ich denke, das war Glück.“ „Haben Sie dem Mitangeklagten gesagt, dass Sie Firmen betrügen und ihnen Geld herauslocken?“, fragte Kugi. „Nein, nicht direkt“, antwortete der Angeklagte. „Hat er gewusst, dass Sie ein Betrüger sind?“, stieß Liebhauer-Karl nach. „Das weiß ich nicht“, so der Ungar.

Mitangeklagter verlor selbst Geld

An die Rolle und die Mitwirkung des mitangeklagten Bauunternehmers konnte er sich in der Befragung bei mehreren Fällen im Detail nicht erinnern. Dieser hatte nach eigenen Angaben selbst rund 300.000 Euro investiert und dieses Geld verloren.

Was dieser dann von der Green Building gehabt habe, fragte der Richter. Wenn er Geld gebraucht habe, dann habe er dem Bauunternehmer schon geholfen, sagte der Angeklagte. Das seien einmal 200.000 Euro für einen Konkurs in Österreich gewesen. Die monatlichen Kosten von Green Building - 80.000 bis 100.000 Euro über einen Zeitraum von sechs Monaten - habe er ebenfalls gezahlt, darüber hinaus habe der Mitangeklagte kein Geld von ihm bekommen.

Bei einem Projekt soll ein Unternehmen um rund drei Mio. Euro geschädigt worden sein. „Stimmt das?“, fragte Kugi. „Ich habe nicht mitgeschrieben, aber wenn der Geschädigte das sagt, wird es schon stimmen“, antwortete der Angeklagte. „Was ist mit dem Geld passiert?“ wollte Kugi wissen. „Verspielt“, lautete die Antwort. Zum Teil in illegalen Casinos, wo es keine Limits gebe. Schadenwiedergutmachung habe er bisher keine geleistet.

Anwälte: Mandanten als Opfer

Die beiden Kärntner, der Bauunternehmer und ein Bauleiter, bekannten sich zu Beginn nicht schuldig. Sein Mandant sei erst von einem Dritten auf das Geschäftsmodell aufmerksam gemacht worden und selbst auf das Konstrukt des Ungarn hineingefallen, erklärte der Verteidiger des Bauunternehmers, Hans Gradischnig. Sein Mandant sei also nicht Täter, sondern Opfer.

Beim ersten Projekt habe der Angeklagte sogar selbst Geld investiert. Darüber hinaus habe er kein Geld bekommen, sonst würde er in Saus und Braus leben. Auch der Verteidiger des Bauleiters, Karl Komann, sieht keinen Schuld seines Mandanten. Er habe nichts zu dem Täuschungsmanöver beigetragen. Ihm wirft der Staatsanwalt auch nur einen Schaden von 165.000 Euro vor.