Gurk: Die Geschichten hinter den Kunstwerken

Das Museum für sakrale Kunst ist eine wahre Schatzkammer in Kärnten. Diözesankonservator Eduard Mahlknecht hat zwei Jahre lang an einem Katalog der Ausstellungsstücke gearbeitet, inklusive spannender Geschichten rund um die Exponate.

Auch im Ruhestand arbeitete Mahlknecht an der Beschreibung von 276 Objekten, ganz bewusst gibt es auch viele zusätzliche Informationen und spannende Geschichten zu entdecken. Der Kunsthistoriker ist nach Jahrzehnten immer noch von seiner Arbeit fasziniert: „Ich sehe es zuerst einmal als sehr schöne Kunst, als kunstvoll gestaltete Objekte, die allen ästhetischen Ansprüchen gerecht werden.“

"Alle Stücke in der Hand gehabt

Es gibt in diesem Katalog nicht nur viel zu lesen, sondern vor allem auch viel zu sehen. Die Fotos für die 275 Abbildungen hat Eduard Mahlknecht selbst gemacht: „Ich habe das sehr gerne gemacht, das ist der direkte Kontakt zum Objekt. Ich habe sie alle schon bei der Konzeption des Museums in der Hand gehabt, das ist ein besonderes Erlebnis, sie zu erspüren.“

Gurk Schatzkammer Buch Eduard Mahlknecht

Landesarchiv Kärnten

Fastentuch aus Steuerberg, um 1530

Die Fotos waren besonders schwierig zu machen, denn es musste jeder Schatten vermieden werden. Nur dann ist es möglich, dass die gezeigten Madonnen, Heiligen oder Kreuze auf den Seiten frei vor dem weißen Hintergrund stehen und ganz in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Der Katalog ist wie die Schatzkammer Gurk aufgebaut: Auf die Glasmalerei folgen die Dreifaltigkeitskapelle und dann die Romanik.

Die folgende Gotik liegt Eduard Mahlknecht besonders am Herzen. Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert blühte durch den Bergbau die Wirtschaft und damit auch die Kunst. Eine Kunst mit ganz anderen Darstellungen als die, die wir heute gewohnt sind: „Die Körperlichkeit ist noch zurückgedrängt, das Kleid ist wichtiger als der Körper und auch der Gesichtsausdruck ist wichtig.“

Fast verschwundenes Wissen bewahren

Am Beginn jedes dieser Kapitel steht eine Beschreibung. Dabei geht es Eduard Mahlknecht darum, einen ersten Überblick zu geben, klar und gut verständlich. Vor allem eines will er mit diesem Buch, fast verschwundenes Wissen bewahren und weitergeben. Bis ins 16. Jahrhundert wurden die Fastentücher in Kärnten zum Beispiel ganz anders aufgehängt als heute: „Sie verhüllten den gesamten Altarraum, nicht nur den Altar. Dahinter hat der Priester ohne Kontakt mit den Gläubigen die Messe abgehalten.“ Viele solcher Hintergründe habe er aufgezeigt.

Sakrale Kunst hat sehr viel auch mit den Menschen zu tun. Das zeigt in der Schatzkammer Gurk zum Beispiel einer der wenigen Altäre, die von einer Frau in Auftrag gegeben wurden und das schon Anfang des 16. Jahrhunderts. Dazu kommt, dass dieser Altar auch in einem direkten Zusammenhang mit dem Bergbau steht. Auf dem Sockel ist die gesamte Gewerkenfamilie Staudacher abgebildet. Es ist ein Hausaltar mit zwei Flügeln, nur etwas mehr als einen Meter hoch.

Schatzkammer Gurk

192 Seiten, 276 Abbildungen, Verlag des Kärntner Landesarchivs, Klagenfurt 2017
ISBN 978-3-9503973-2-1
Verkaufspreis: Euro 19,50

Trotzdem konnten sich nur wenige, reiche Menschen wie Hemma Staudacherin es sich leisten, einen derartigen Auftrag zu vergeben. Teuer war im 16. Jahrhundert laut Eduard nicht die Arbeit der Künstler, sondern das Material, die Farben und das Blattgold. Hemma Staudacherin verewigte sich aber nicht nur namentlich auf dem Sockel des Altars, auch die Auswahl der gezeigten Heiligen erzählt viel: „Es ist ein sehr familiärer Zugang, denn die Heilgen nehmen Bezug auf Krankheiten, von denen man verschont werden wollte. Wie der Heilige Erasmus der vor inneren Krankheiten schützen solle, oder auch Anna selbdritt, die die Anliegen der Familie betritt. Dann der heilige Sebastian gegen die Pest und die Margareta, Patronin für gute Geburten.“

Schatzkammer Gurk Buch Eduard Mahlknecht Gewerkealtar

Landesarchiv Kärnten

Gewerkenaltar, Heilige Margareta, zu Füßen ein Drache. Die weibliche Form von Georg dem Drachentöter

Reiche Familie gab Altar in Auftrag

Besonders an diesem Altar ist auch seine Schönheit, leuchtend wird er durch den goldenen Hintergrund vor dem die dargestellten Figuren angeordnet sind. Der Gewerkenaltar stammt aus Flitschl bei Tarvis. Eine Besonderheit des Katalogs sind auch die Votivgaben wie zum Beispiel ein aus Holz geschnitztes Augenpaar aus dem 19. Jahrhundert aus Ötting. Zu Votivgaben sagte Mahlknechte, die aus tiefster Not heraus entstanden. Die Medizin war auf einem niedrigen Stand, der Gläubige konzentrierte all seine Hoffnung auf einen Gegenstand und opferte es dem Heiligen. Es seien verdinglichte Gebete.

Gurk Schatzkammer Buch Eduard Mahlknecht

Landesarchiv Kärnten

Gewerkenaltar

Mehr als 20 Jahre war der Kunsthistoriker Diözesankonservator. Er war und ist der Experte für sakrale Kunst in Kärnten. Über sich selbst redet Eduard Mahlknecht nicht besonders gerne, es gibt für den 1950 in Südtirol Geborenen viel Wichtigeres als zum Beispiel einen Eintrag bei Wikipedia: „Das war mein Interesse, dass man nicht zuviel von mir findet. Wesentlich ist mir die Arbeit, es ist ein normaler Lebenslauf eines Kunsthistorikers.“

Trotz Ruhestand gibt es noch viele Projekte die sich Mahlknecht vorgenommen hat. Als nächstes steht jetzt ein Projekt mit dem Bundesdenkmalamt auf dem Programm: Die Erfassung der gotischen Wandmalereien in Kärnten.

Link: