Wernberg: Wandern gegen Anonymität
Viele Menschen, die in Städten ihren Arbeitsplatz gefunden haben, bauen ihr Eigenheim in umliegenden Dörfern. Jene, die mehr Lebensqualität suchen, siedeln sich dort an. Kleine Ortschaften in stadtnähe wachsen dadurch rasant und werden nicht selten zu sogenannten „Schlafdörfern“. Intensiver Zuzug lässt die Einwohnerzahlen steigen, verändert aber alte Dorfstrukturen und ist für das Zusammenleben oft schwierig. Die Nachbarn kennen sich gegenseitig nicht mehr, geschweige denn die Umgebung, in der sie nun leben, aber nicht aufgewachsen sind.
Bürger erzählen von ihrem Heimatort
„Wir haben 23 Ortschaften. Obwohl ich in Wernberg wohne, sind sie mir auch nicht alle bekannt. Ich habe mir gedacht, wir wollen Wernberg durchwandern. In unserer Gruppe von sieben ehrenamtlichen Leuten haben wir die Idee geboren, Bürger zu finden, die von jedem Ort etwas erzählen, was es dort Besonderes gibt“, sagt Gertraud Tschlatscher.
Sie engagiert sich in einem der Arbeitskreise des Projektes „Wernberg leben“ in ihrer Heimatgemeinde. „Wir haben insgesamt sechs Wanderungen. Es ist spannend, wie viele alte Geschichten man dort erfäht, wenn man wandert.“
Gertrud Kreulitsch
„Geschichten“ und „Geschichte“ am Wegesrand
Gemeinsam die Umgebung zu Fuß kennenzulernen oder neu zu entdecken ist selbst für Bürgermeister Franz Zwölber ein neues, intensives Erlebnis: „Beim Wandern sieht man mehr. Man geht langsam Man bespricht jede Situation, wenn man ins Dorf hinein kommt und die Eindrücke. Man erfährt vielleicht nicht viel von der Geschichte, aber viele Geschichten. Die Erzähler im Dorf können das sehr gut. Das macht es interessant.“
Gertrud Kreulitsch
Gertrud Kreulitsch
Auch scheinbar Vergessenes wird sichtbar gemacht
Gerlinde Zehetgruber ist Direktorin der Volksschule Damtschach und seit einiger Zeit im Ruhestand. Sie ist beim Projekt „Wernberg leben“ mit vollem Eifer dabei: „Ich bin eine gebürtige Wernbergerin und mir war es immer ein großes Anliegen, dass viele unserer Kulturdenkmäler und bodenständige Dinge, die vielfach schon verschwunden sind - zum Beispiel Mühlen oder Sägewerke - den Leuten nähergebracht werden.“
Es werde auch darauf eingegangen, wie sich die Landschaftspflege verändert hat, sagt Zehetgruber: „Die bäuerliche Pflege wird nur mehr von wenigen Bauern wirklich als Broterwerb betrieben. Vieles hat sich total geändert. Manche sehen nur das Geänderte und nicht, was sich im Laufe der Jahre entwickelt hat.“
Gertrud Kreulitsch
Erkundungstouren auch bei Regenwetter
Sie spüre bei den Teilnehmer große Begeisterung und Interesse, die neue oder alte Heimat näher kennenzulernen - unabhängig vom Wetter: „Wir gehen auch bei Regen. Viele Leute, die ich - selbst als Wernbergerin - garnicht kannte, Ältere und Jüngere, machen mit.“
Es wurden auch drei Prostpekte zusammengestellt, in denen jede Ortschaft beschrieben wird. Kreulitsch: „Unsere Idee ist, dass dieses Projekt auch nachhaltig sein soll. Später einmal soll jeder Bürger, der neu in die Gemeinde zieht, so ein Prospekt in der Gemeinde ausgehändigt bekommen.“
Gertrud Kreulitsch
Vereine hoffen auf neue Mitglieder
Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt, den die Wanderungen mit sich bringen, sei, dass auch die Kultur- und Sportvereine zu neuen Mitgliedern komme: „Sie haben in der Regel wenig Nachwuchs von den Zuwanderern her. Wenn so einmal der Kontakt hergestellt wird ist man bereit, am Kulturleben teilzunehmen. Das Projekt wird von der Feuerewehr und vom Gesangsverein unterstützt, in der Hoffnung, neue, aktive Mitglieder zu rekrutieren“, so Bürgermeister Zwölber.
Gertrud Kreulitsch
Jeder ist willkommen
Die nächste Wanderung der Serie „Wernberg leben“ findet am 29. April statt. Treffpunkt ist um 9.00 Uhr beim Feuerwehrhaus in Damtschach. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Wanderung findet bei jedem Wetter statt. Gutes Schuhwerk ist von Vorteil.
Jede/r ist willkommen, auch Nicht-Wernberger, wenn sie Wernberg näher kennenlernen möchten oder auch, um sich etwas für die eigene Gemeinde „abzuschauen“. Anmeldungen nimmt das Gemeindeamt Wernberg entgegen.