Misteltherapie: Krebspatienten kritisieren GKK

Die Kärntner Gebietskrankenkasse zahlt zukünftig nicht mehr für Misteltherapien. Diese zählen zu den alternativen Heilmethoden und kommen vor allem in der Tumorbehandlung zum Einsatz. Krebspatienten kritisieren die Entscheidung.

Misteltherapien sind äußerst umstritten. Trotz zahlreicher Studien konnte bislang kein eindeutiger Nachweis für eine therapeutische Wirksamkeit erbracht werden. Befürworter sehen in der Mistel zwar kein Wundermittel gegen Krebs, die Präparate könnten jedoch die Lebensqualität von Krebspatienten entscheidend verbessern und sollten deshalb weiter von der GKK bezahlt werden, heißt es.

Mistel Pflanze

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Die Mistel - ein Halbschmarotzer, dem positive Eigenschaften bei der Behandlung von Krebs zugeschrieben werden.

GKK: Sparen 70.000 Euro pro Jahr

Die Kärntner Gebietskrankenkasse hat die Kosten für Mistelpräparate zehn Jahre lang übernommen, nun werden diese aus dem Erstattungskodex gestrichen. Seit 1. März müssen Patienten mit der Neudiagnose Krebs eine Behandlung also selbst bezahlen.

In Österreich gibt es 40.000 Krebspatienten, 2.500 Kärntner sind betroffen.

Die monatlichen Kosten belaufen sich pro Patient auf rund 150 Euro. Geld, das neu diagnostizierte Krebspatienten zukünftig selbst aufbringen müssen. Laufende Therapien werden von der GKK aber weiter finanziert. Die Ersparnis - von der GKK auf 70.000 Euro im Jahr geschätzt - sei für die Streichung nicht ausschlaggebend gewesen, sehr wohl aber die Tatsache, dass die Therapie mit Mistelpräparaten auch unter Ärzten sehr umstritten sei, so Kurt Possnig, Chefarzt der GKK nach den Beweggründen gefragt.

Krebsspezialist rät von Misteltherapie ab

Einer dieser Kritiker ist Diether Manfreda. Der Klagenfurter Krebsspezialist hat 1975 eines des ersten Brustzentren in Österreich aufgebaut und blickt auf eine 40-jährige Berufserfahrung zurück. Er rät von Mistelpräparaten ab: „Die Misteltherapie existiert schon seit fast hundert Jahren und war bis jetzt nicht in der Lage zu beweisen, dass sie wirklich Krebs heilen kann. Daher bin ich überzeugt, dass man Patienten nicht falsche Versprechungen machen sollte.“

Mistel Pflanze

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In der Komplementärmedizin sei die Misteltherapie fallweise vielleicht angebracht, diese Mistel stehe jedoch gleichzeitig unter dem Verdacht das Tumorwachstum unter Umständen noch zu beschleunigen. Er habe deshalb noch nie eine seiner Patientinnen mit Mistelpräparaten behandelt.

Ärztin: „Bessere Abwehrkräfte und mehr Appetit“

Anders Allgemeinmedizinerin Karin Frager-Kommetter: sie behandelt in ihrer Ordination in Villach - St. Ulrich 200 Patienten mit Mistelpräparaten und ist von deren positiven Eigenschaften überzeugt, wenn die Mittel richtig angewendet würden. Ihre Patienten würden während einer Chemotherapie weniger über Übelkeit klagen und über bessere Abwehrkräfte und mehr Appetit verfügen: „Auch ihre Stimmung wird besser. Wenn sie die Präparate absetzen, werden mehr andere Medikamente – die die Nebenwirkungen mildern – verschrieben werden müssen“, so die Medizinerin.

Mistel Pflanze

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Krebspatientin: „Jeder sollte Therapie bekommen“

Die Anwendung der Mistel als Heilmittel stammt ursprünglich aus der anthroposophischen Medizin. Die Wirksamkeit begründen Befürworter mit der Signaturenlehre und dem Prinzip, „Gleiches mit Gleichem“ zu bekämpfen. Demnach soll die Schmarotzerpflanze Mistel gegen den „Parasiten“ Krebs helfen und diesen quasi „aushungern“.

Krebspatientin Helga Brandstätter lebt wegen eines Gendefekts mit der Gefahr, dass sich bei ihr immer wieder Tumore bilden. Mit 32 Jahren erhielt sie das erste Mal die Diagnose Dickdarmkrebs, Jahre später wurde ein Tumor im Uterus gefunden. Dass sie seit sieben Jahren gesund ist, schreibt sie der Misteltherapie zu. Auch ihre Lebensqualität habe sich wesentlich verbessert, sie könne wieder Sport treiben.

Auch Brustkrebs-Patientin Manuela Zelko wird das Geld für ihre laufende Misteltherapie weiter von der GKK rückerstattet bekommen. Dass andere Krebspatienten in Zukunft das Geld für ihre Therapie nicht mehr zurückbekommen sollen, kritisiert sie. „Jeder sollte die gleichen Möglichkeit haben. Es geht ja um die Menschen. Wir wollen ja nicht krank sein, wir sind aber krank. Wir möchten in die Arbeitswelt zurück und jeder sollte die Möglichkeit für diese Therapie bekommen, damit er sich in seiner Haut wohler fühlt“.

Misteltherapie Impfstoff

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Krankenkassen handhaben unterschiedlich

Wie in Kärnten muss die Misteltherapie auch im Burgenland selbst finanziert werden. In Wien, der Steiermark, in Ober- und Niederösterreich zahlt die GKK weiterhin dafür. Die komplementärmedizinischen Präparate sind aber auch dort Chefarztpflichtig und werden teilweise erst dann genehmigt, wenn Patienten „austherapiert“ sind.

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