Glyphosat: Warnschilder zu beunruhigend?

Waldspaziergänger sehen sich unbekannten Gefahren ausgesetzt, kritisiert der Bürgermeister von Poggersdorf nach Bekanntwerden von Grenzwertüberschreitungen bei Glyphosat. Die Forstdirektion lehnt Warnhinweise ab: Sie könnten die Bevölkerung beunruhigen.

Wie könne die Bevölkerung wissen, dass im Wald möglicherweise gesundheitsschädliche Mittel aufgebracht werden, wenn es keine Warnhinweise gebe, fragt sich der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde, Arnold Marbeck (SPÖ). Marbeck meinte in einer Aussendung, Landwirte sollten überdies verpflichtet werden, Einsätze von glyphosathältigen Pflanzenschutzmitteln in einer Datenbank oder oder per Post an die Umweltabteilung des Landes zu melden.

Vom Gesetz her sind die Waldbesitzer im Recht, denn Wiederaufforstungsflächen mit Bäumen unter drei Meter Höhe dürfen von Waldspaziergängern nicht betreten werden - was allerdings die wenigsten wissen dürften. Kinder schon gar nicht, die damit Gefahr laufen, auf gespritzten Flächen zu spielen oder von Waldfrüchten zu naschen.

Forstdirektion: Kennzeichnung nicht vorgeschrieben

Vom Aufstellen von Warnschildern nach dem Aufbringen von Spritzmitteln hält man in der Landesforstabteilung aber nichts. Denn Spitzmittel würden im Wald nur von wenigen verwendet, zudem könnten solche Schilder die Bevölkerung zu sehr beunruhigen, heißt es dazu. Die Verpflichtungen des Waldbesitzers seien klar geregelt und viele Verordnungen einzuhalten - eine Kennzeichnungspflicht sei gesetzlich aber nicht vorgesehen, so Christian Matitz.

Etwa 150 Forst-Betriebe würden pro Jahr überprüft, zum Beispiel was die richtige Lagerung von Pflanzenschutzmitteln anbelangt. Kontrollen beim Versprühen seien aber kaum möglich, so Matitz. Es gebe keine Meldepflicht, wann und wo Mittel aufgebracht werden, da hinke man hinterher. Man befrage aber hinterher die geschulten Personen, die zur Wahrheit verpflichtet seien, so Matitz.

Erst am Dienstag wurden vom Landeschemiker neue Wasserproben in dem besagten Wald in Poggersdorf gezogen, in dem an Waldfrüchten hohe Werte des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat festgestellt worden sind. Mit einer Glyphosatbelastung im Wasser rechnet man beim Land aber vorerst nicht.

Nur Gegner oder Befürworter

Nachdem Greenpeace bei Messungen Grenzwertüberschreitungen feststellte, herrscht Aufregung auf der einen Seite, Beschwichtigung auf der anderen. Das Thema Glyphosat scheint nur Gegner oder Befürworter zu kennen. Die einen wollen es verbieten lassen, die anderen befürworten es. Fakt ist: Eingesetzt werden glysophathaltige Mittel oft - neben der Land- und Forstwirtschaft auch beim Eisenbahn- und Straßenbau. In den landwirtschaftlichen Kulturen selbst ist es in Österreich aber, anders als in anderen Ländern der EU, verboten - mehr dazu in Landwirtschaftskammer verteidigt Glyphosat. Es hemmt in der Pflanze die Aminosäuren, die für das Wachstum verantwortlich sind und bringt die Zellen quasi zum „explodieren“.

Wasserrohr Wasser

ORF

Erste Wasserprobe blieb unauffällig

Am Linsenberg wurde das Mittel nur wenige Meter vom Hof des Pferdezüchters Richard Kraiger ausgebracht, seither macht er sich Sorgen um sein Wasser. Ein erste Wasserprobe Ende September hat aber keine Rückstände gezeigt. Landeschemiker Erich Polzer sagte, die Gemeinde habe die Verwendung von Spritzmittel gemeldet, daher habe man nun nochmals getestet. Die Ergebnisse sollen in etwa einem Monat vorliegen.

Schulungen nötig

Etwa drei bis fünf Liter Glyphosat dürfen - vermischt mit der entsprechenden Menge Wasser - auf einem Hektar Waldfläche aufgebracht werden. Glyphosathaltige Mittel dürfen nur mit entsprechender Genehmigung und nach einer Schulung gekauft bzw. verwendet werden. Bei der Ausbringung muss eine geschulte Person dabei sein.

„Falsche Beprobung“ nur „Schutzbehauptung“

In dem betreffenden Wald soll seit Mai immer wieder Glyphosat ausgebracht worden sein. Wegen einer Grenzwertüberschreitungen um das 500-Fache vermutet Greenpeace, dass zu viel gespritzt wurde - mehr dazu in Hohe Glyphosatwerte in Waldfrüchten. Der Waldbesitzer bezweifelt hingegen, dass korrekt gemessen wurde. Greenpeace spricht in diesem Zusammenhang von einer „haltlosen Schutzbehauptung“. Die Proben seien knapp eine Woche nach der Ausbringung genommen worden, man halte sich an Vorgaben des Labors und alles werde genau dokumentiert.

Fraglich ist, ob noch herausgefunden werden kann, ob die Verwendung des Unkrautvernichters korrekt war. Denn eigene Beprobungen plant die Landesforstdirektion nicht, so Christian Matitz: „Es ist schwierig festzustellen, weil sich diese Mittel schnell abbauen.“

Staatsanwaltschaft ermittelt

Vorwürfe, man sei zu spät tätig geworden, lässt das Land nicht gelten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines Umweltdelikts. Auch die Umweltabteilung könnte in der Frage der Beprobung tätig werden. Laut Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) soll das auch geschehen, selbst auf die Gefahr hin, vom betroffenen Waldbesitzer verklagt zu werden, sagte Holub wörtlich gegenüber dem ORF.

BZÖ-Landtagsabgeordnete Johanna Trodt-Limpl kritisierte Holub am Mittwoch in einer Aussendung, er habe offenbar den Hinweis auf Glyphosat auf die leichte Schulter genommen. Seit August wisse er davon und habe die Sache an die zuständige Abteilung weitergeleitet, danach habe man sich aber nicht weiter darum gekümmert.