Der dunklen Materie auf der Spur

Der Villacher Technologiekonzern Infineon hat für das Forschungszentrum CERN Sensoren für die Suche nach dunkler Materie entwickelt. Diese dürfte fünf Mal so häufig sein wie sichtbare Materie, bislang gelang der direkte Nachweis nicht.

Noch immer gelten 95 Prozent des Universums als unerforscht. Diesen Geheimnissen sind Wissenschaftler am Genfer CERN auf der Spur, dem weltgrößten Forschungszentrum für Teilchenphysik. Derzeit suchen die CERN-Wissenschaftler und Nobelpreisträger Peter Higgs und François Englert unter anderem nach der dunklen Materie - mehr dazu in Neue Sensoren sollen Dunkle Materie einfangen (science.ORF.at). Obwohl dunkle Materie im Universum etwa die fünffache Masse der sichtbaren Materie einnehmen dürfte, konnte man sie bisher noch nicht direkt nachweisen.

Zur Suche kann ein weltweit neuer Sensorchip beitragen, entwickelt von der Villacher Infineon und dem Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Der Sensorchip ist 15 mal 10 Zentimeter groß. Mehrere zehntausend dieser Bausteine aus Silizium werden demnächst am CERN zum Einsatz kommen. Sie lassen sich nicht nur kostengünstiger herstellen als die bisherigen, die Bausteine sind auch robuster gegenüber der kontinuierlichen Bestrahlung und altern dadurch weniger schnell. Geplante Experimente wären ohne widerstandsfähigere Sensoren kaum möglich.

Infineon CERN ÖAW dunkle Materie Sensor

Infineon

Elementarteilchensensor mit der Mitte der Siliziumscheibe

Experimente unter der Erdoberfläche

Die Experimente am CERN untersuchen den Aufbau von Materie sowie Wechselwirkungen zwischen Elementarteilchen: Protonen werden fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann zur Kollision gebracht. Dabei entstehen neue Teilchen, deren Eigenschaften mit verschiedenen Detektoren rekonstruiert werden.

Zwei der Detektoren, für die der Einsatz der Sensoren von Infineon derzeit geprüft wird, tragen die Bezeichnungen ATLAS (A Toroidal LHC ApparatuS) und CMS (Compact Muon Solenoid). Die Detektoren gleichen einer riesigen Kamera: Wenn Teilchen die Siliziumdetektoren durchdringen, werden sie registriert.

Infineon CERN ÖAW dunkle Materie Sensor

CERN

Silikon-Detektor im Forschungszentrum CERN

Rund 100 Meter unter der Erdoberfläche finden die beiden Experimente statt – in Anlagen, die 20 (ATLAS) bzw. 15 Meter (CMS) hoch sind. Diese sind seit Jahren in Betrieb, mit 40 Millionen Einzelexperimenten pro Sekunde. Derzeit beraten beide Seiten über eine mögliche Produktion von Sensoren mit bis zu 1.000 m² Fläche.

Einsatz bei Krebspatienten geplant

Die für das CERN entwickelte Technologie könnte in etwa zehn Jahren auch Krebspatienten helfen: Mehrere Forschungsgruppen erproben derzeit die Protonen-Computertomografie. Das medizinische Abbildungsverfahren beruht auf den gleichen Grundlagen wie die Sensor-Technologie für die Experimente am CERN.

Großflächige Silizium-Detektoren, wie von Infineon und HEPHY entwickelt, könnten künftig während der therapeutischen Bestrahlung tomografische Aufnahmen liefern. Die Position des Tumors ließe sich dadurch besser bestimmen und gesundes Gewebe würde weniger verletzt als bei herkömmlichen Röntgenstrahlen. Dadurch würde die Strahlenbelastung um den Faktor 40 sinken.

Forschung braucht neue Technologie

Die Zusammenarbeit von Forschung und innovativen Firmen sei immens wichtig für die Zukunft der Forschung, sagt ÖAW-Präsident Anton Zeilinger. Der Austausch von Wissen und Innovation, sei ein wichtiges Kriterium für die Forschungserfolge der Zukunft. „Um Antworten auf die offenen Fragen der Teilchenphysik zu finden, müssen wir neue Experimente durchführen und für den Erfolg dieser Experimente müssen ständig neue Technologien entwickelt werden“, meint auch ÖAW-Direktor Jochen Schieck. „Gerade darum ist eine Zusammenarbeit mit einer Hochtechnologie-Firma wie Infineon so wichtig.“ Mit dem Einsatz der neuartigen Teilchensensoren in der internationalen Spitzenforschung sollen „die Grenzbereiche der bisher bekannten Physik erweitert werden“, sagt Infineon-Vorstand Sabine Herlitschka.

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