Sexuelle Belästigung - immer mehr Anzeigen

Die Arbeiterkammer Kärnten muss immer öfter Frauen vertreten, die auf ihrem Arbeitsplatz sexuell belästigt werden. 40 Fälle wurden im letzten Jahr gemeldet, eine Verzehnfachung. Viele Frauen riskieren damit ihren Job.

Für Richard Wohlgemuth, Leiter der Abteilung für Arbeits- und Sozialrecht in der Arbeiterkammer, ist die aktuelle Rechtsschutzbilanz erschreckend: „Bis jetzt gab es kaum Meldungen, jetzt auf einmal haben wir Dutzende von Fällen.“ In den Jahren zuvor waren es je drei bis vier Meldungen, 2015 gingen 40 Beschwerden ein. Und es müsse von einer weitaus größeren Dunkelziffer ausgegangen werden, sagt der AK-Experte. Immerhin, die Bereitschaft bei sexueller Belästigung Hilfe zu suchen, steige.

Die Vorwürfe der Frauen wiegen mitunter schwer. Wohlgemuth: „Es geht teilweise auch um massive Belästigungen, nicht nur um ‚Popograpschen‘. Wir hatten einen Fall, wo eine Frau dazu gedrängt wurde, sexuellen Kontakt mit ihrem Vorgesetzen zu haben.“

Angst vor Jobverlust führt oft zu Schweigen

Viele Frauen würden bei der Meldung solcher Vorkommnisse ihren Job riskieren, der Druck sei hoch. Oft schildern die Opfer ihre Fälle zwar, wollen aber anonym bleiben, sagt der AK-Experte: „Wo wir können und die Erlaubnis der Betroffenen bekommen, schreiten wir ein. Wir bringen entsprechende Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft bzw. Klagen beim Arbeits- und Sozialgericht ein.“

Das Thema sei für die Betroffenen sehr schwierig. Die Opfer würden teilweise in Tränen ausbrechen. Man biete ihnen auch an, die entsprechenden Gespräche mit Juristinnen zu führen, so Wohlgemut. Rund die Hälfte der Frauen forderte laut Wohlgemuth zumindest Schadenersatz. In einem Fall klagte die Betroffene auf Wiedereinstellung und gewann den Prozess.

Auch Kündigungen und Gehaltsstreits sind Thema

Die Rechtsexperten mussten im vergangenen Jahr auch in zahlreichen anderen Belangen für Arbeitnehmer tätig werden. Die Palette reichte von ungerechtfertigten Kündigungen bis hin zu hinausgezögerten Lohnauszahlungen. Insgesamt gab es 85.000 Anfragen, in 5.800 Fällen musste die Arbeiterkammer einschreiten. 13,7 Millionen Euro wurden vor Gericht für die Arbeitnehmer zurückgeholt.

Der größte Anteil, 10,8 Millionen Euro, konnte bei Firmeninsolvenzen erkämpft werden. Insgesamt mache die Summe etwas weniger als in den Vorjahren aus. Der Grund dafür sei, dass die Zahl der Firmenpleiten in Kärnten im vorigen Jahr um sieben Prozent zurückgegangen sei, unterstrich AK-Präsident Günther Goach.