Eiszeit zwischen Tourismus und Politik

Die Kärntner Tourismusverbände haben am Mittwoch scharfe Kritik an der Regierung geübt und einen Forderungskatalog erstellt. Durch die derzeitige Politik drohe der Weg „zurück in die Steinzeit“. Auslöser des Unmuts war eine Enquete über die Zukunft des Tourismus im Landtag.

„Ist der Kärntner Tourismus auf dem Weg zurück in die Steinzeit?“ Das fragen die Tourismusverbände am Mittwoch in einem offenen Brief an die Mitglieder der Kärntner Landesregierung. Zehn Verbände und sechs Tourismusvorstände fordern darin geschlossen die Landesregierung zum raschen Handeln auf. Der Tourismus erlebe derzeit schwierige Zeiten, heißt es darin. Beim Bund gebe es Einsparungen, aber auch die Kärntner Politik mache es der Tourismuswirtschaft derzeit schwer. Kritisiert wird etwa die Wiedereingliederung der Kärnten Werbung in die Landesverwaltung und massive Kürzungen der Werbemittel. Viel wichtiger sei aber, sich auf Produktentwicklung und Kundenwünsche zu konzentrieren.

Zudem sei erst ein Bruchteil der gesetzlich verankerten Tourismusabgabe eingehoben worden. Zehn Beamte seien in Kärnten damit beschäftigt, in Salzburg seien es zum Vergleich 20. Die Tourismusverbände und Regionen müssten deswegen vorfinanzieren, was ihnen gesetzlich zustehe. Seit 2012 wisse die Landesregierung, dass sie die Einhebung abwickeln muss und dafür laut Tourismusgesetz auch fünf Prozent der Tourismusabgabe erhält. Dies sollen 900.000 Euro im Jahr sein, heißt es in dem Brief.

Mehr Werbemittel gefordert

Die Tourismusverbände Kärntens und die Tourismusregionen erstellten einen Forderungskatalog an die Landesregierung. Gefordert wird etwa, dass die Kärnten Werbung oberste Marketingeinheit bleibt und auch Geld vom Land erhält, derzeit werde sie ausschließlich über Nächtigungs- und Tourismusabgabe finanziert. Auch dürften die Budgetmittel der Kärnten Werbung nicht zweckentfremdet werden. Seit zwei Jahren fordern die Tourismusverbände auch eine Beteiligung an der Kärnten Werbung.

Für den Tourismus wichtige Infrastruktur, wie Mountainbike-Strecken, Familienangebote und Schlechtwetter-Einrichtungen müssten außerdem rasch umgesetzt werden. Gefordert wird auch ein Tourismusförderungsfonds für Projekte und Investitionen der Tourismusbetriebe. Und letztlich will die Tourismuswirtschaft ein „glaubwürdiges Bekenntnis der Landesregierung zum Tourismusland Kärnten“.

Experte: Tourismus wird stark unterschätzt

Anlass für den Unmut der Touristiker war auch eine Tourismusdiskussion, die Dienstagabend stattfand. Dort zeigte sich bereits, wie gespalten die Einschätzungen im Land sind. Von „grottenschlechter Stimmung“ bis zu „grandiosen Möglichkeiten“ war die Rede. Die Bedeutung des Tourismus werde dramatisch unterschätzt, warnte Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung in Wien. 25 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes seien an den Tourismus gekoppelt. Nur im Tourismus seien Arbeitsplätze ortsgebunden, nur im Dienstleistungssektor würden neue Arbeitsplätze entstehen.

„Sehnsucht nach dem Süden“ stillen

Daher müssten die Verantwortlichen in Kärnten gemeinsam mit der Bevölkerung unverwechselbare Marken entwickeln, fordert Tourismusforscher Zellmann. Die „Sehnsucht nach dem Süden“ könne jedenfalls in Kärnten gestillt werden, waren sich die Experten einig. Ebenso wichtig sei Freundlichkeit gegenüber Gästen, „Gastgebergesinnung“ nannte dies Zellmann.

Im Publikum war bei der Enquete auch Flughafendirektor Max Schintlmeister. Er stellte die Frage, ob der Flughafen für die Gäste Kärntens wesentlich sei. Die Antwort von Petra Stolba von der Österreich Werbung: Nur rund zwölf Prozent der Gäste würden mit dem Flugzeug anreisen. Tourismusberater Manfred Kohl warf ein, für den Flughafen Klagenfurt sei nicht allein der Tourismus verantwortlich.

Kleine Bäder frei zugänglich machen

Tourismusberater Kohl ließ mit einem Vorschlag für den freien Seenzugang aufhorchen: Kleinere, ohnehin defizitäre Bäder sollten für die Öffentlichkeit frei zugänglich werden: „Weg mit den Zäunen, nett gestalten, freier Zugang!“ Das würde vielen Gästen gut gefallen, „und wenn wir zehn solcher Bäder haben, dann sind wir europaweit in den Medien.“ Durch Versicherungen müssten die frei zugänglichen Bäder dann abgesichert werden, Geld sollte bei diesen kleineren Bädern nur über die Parkplatzbewirtschaftung eingenommen werden, sagte Kohl.