96,8 Prozent für Parteiobmann Benger

Christian Benger ist am Samstag beim Landesparteitag in Feldkirchen mit 96,8 Prozent der Stimmen zum neuen Landesparteiobmann gewählt worden. Vom anwesenden Bundes-ÖVP-Chef Michael Spindelegger wurde angekündigt, einen 100-Millionen-Kredit, auf den das Land schon länger wartet, freizugeben. Die 500 Hypo-Millionen müsse Kärnten zahlen.

Trommelwirbel, ein voller Stadtsaal und hoher Besuch von der Bundesparteispitze - so begann in der Stadthalle Feldkirchen am Samstag der offene Parteitag der Kärntner ÖVP. Der Andrang in der für 850 Personen bestuhlten Halle war groß, 3.500 Einladungen waren an sämtliche Funktionäre der Kärntner ÖVP verschickt worden. Neben Michael Spindelegger kamen auch Außenminister Sebastian Kurz und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter nach Feldkirchen – als Zeichen der Unterstützung für den neuen Kärntner ÖVP-Obmann.

ÖVP Parteitag

ORF

Ex-Landesparteichef Gabriel Obernosterer, EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger, Vizekanzler Michael Spindelegger, der designierte Landesparteiobmann Christian Benger und Minister Andrä Rupprechter

Benger nach Wahl „aus dem Häuschen“

Nach der Wahl war der neue ÖVP-Chef „tief beeindruckt“ und „aus dem Häuschen“. Von 534 abgegebenen Wahlzetteln waren 530 gültig. 513 Funktionäre hatten für Benger gestimmt, 17 waren gegen ihn. „Ihr habt mir heute die Zustimmung gegeben mit einem Wert, der sehr, sehr stolz macht“, sagte Benger mit gebrochener Stimme. Er sehe das Wahlergebnis als Auftrag, „in der Zukunft Vollgas zu geben für unsere Kärntner Volkspartei“. Für Benger ging es bei der Wahl – mangels eines Gegenkandidaten – um einen möglichst großen Vertrauensvorschuss der Funktionäre und um Rückenstärkung für die von ihm selbst angekündigte Öffnung der Partei. Schon im Vorfeld war ihm von Funktionären ein sehr gutes Ergebnis, jenseits der 90 Prozent, zugetraut worden. Nach der Wahl gratulierte ÖVP-Bundesparteiobmann Spindelegger dem neuen Obmann. Benger sei „der richtige Mann für Kärnten“.

Politischer Quereinsteiger

Der 52-jährige Forstunternehmer ist politischer Quereinsteiger und der dritte Landesparteiobmann binnen zweier Jahre, seit Josef Martinz mit der Birnbacher-Honorar-Affäre die Kärntner ÖVP in ihre bisher größte Krise gestürzt hat.

Obernosterer beschwor Einigkeit

Neben Benger wurden auch seine Stellvertreter an der Spitze der Kärntner ÖVP gewählt: die EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger, Bundesrat Christian Poglitsch, der Arbeitnehmervertreter Christian Waldmann und die Lehrerin Maria Schallehn. Die Wahl erfolgte meist einstimmig. Bis zum Herbst sollen 25 neue Gemeindemandatare mittels Urwahl in den Landesparteivorstand gewählt werden. Der scheidende Landesparteiobmann Gabriel Obernosterer, der mit stehenden Ovationen verabschiedet worden war, hatte zuvor an die Anwesenden appelliert, „ein Zeichen“ zu setzen. "Ein Zeichen der Einigkeit.“ Obernosterer wurde von Spindelegger bescheinigt, die ÖVP in schweren Zeiten übernommen und auf ein gesundes Fundament gestellt zu haben.

Spindelegger: „Wir werden Kärnten finanzieren“

Vor der Wahl des Landesparteiobmannes war die Rede von Bundesparteiobmann Spindelegger mit Spannung erwartet worden, zumal er sich als Finanzminister zuvor noch nie zur Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria-Bank in Kärnten geäußert hatte. Es sei wichtig gewesen, dass Kärnten nicht mit der Hypo in die Insolvenz geschlittert sei, so Spindelegger. „Diese Lösung werden wir jetzt durchziehen, und dann wird auch wieder einmal eine Ruhe sein mit der Hypo und damit auch mit dem, was Kärnten aus der Vergangenheit aufzuarbeiten hat. Wir werden Kärnten finanzieren", so der Parteichef.

Finanzminister Michael Spindelegger bei ÖVP Parteitag in Kärnten

APA/Gert Eggenberger

Finanzminister Michael Spindelegger beim ÖVP-Parteitag in Feldkirchen.

500 Millionen für Hypo: „Kein Grund davon abzugehen“

Dass Spindelegger von Kärnten auch weiterhin 500 Millionen Euro als Schadenswiedergutmachung für die Hypo-Alpe-Adria-Bank fordert, erwähnte er nicht - mehr dazu: Bund dreht Kärnten den Geldhahn ab. Auf Nachfrage des ORF Kärnten bestätigte der Finanzminister freilich, dass es bei dieser Forderung bleibt. Spindelegger: „Der Bundeskanzler und ich sind den Österreichern auch im Wort, dass dieser Beitrag des Landes Kärnten kommt“. Die Bundesregierung habe das beschlossen und er, Spindelegger, sehe „keinen Grund davon abzugehen“ - mehr dazu: 500 Mio. nicht ohne Verfassungsänderung.

Kritik am Finanzminister von Funktionären

In den Funktionärsbeiträgen und Diskussionen vor Bengers Rede hatte sich Spindelegger auch Kritik an seiner Politik als Finanzminister gegenüber Kärnten anhören müssen. Seine Forderung nach den 500 Millionen Euro als Kärnten-Beitrag zur Abwicklung der Hypo und die Kreditblockade hätten der ÖVP keine Sympathien gebracht, so der Tenor. Spindeleggers Ankündigung im Vorfeld, mit den von Kärnten geforderten 500 Hypo-Millionen Euro den Start der Steuerreform zu finanzieren, hatte auch Benger vor kurzem noch auf die „Hitze“ zurückgeführt - mehr dazu: Benger zu Spindelegger-Vorschlag: „Die Hitze“. Etwas flapsig sei der Hitzesager gewesen, er habe sich aber mit Michael Spindelegger persönlich ausgesprochen, so Benger. Damit hat er Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) etwas voraus: Dessen Ersuchen um ein direktes Gespräch mit dem Finanzminister wurde bis dato nicht erhört.

Benger bat in Rede um Vertrauen

In seiner Rede hatte Benger die Funktionäre um Vertrauen gebeten. „Das ist meine erste wirklich große Rede, und die Knie gehen so hin und her“. Benger dankte ausführlich seiner Frau Christiane, der Familie und seinen Vorgängern, Obernosterer und Ex-Landesrat Wolfgang Waldner. Große, konkrete Ansagen blieben weitgehend aus, er referierte traditionelle ÖVP-Standpunkte.

Christian Benger

APA/Gert Eggenberger

Landesparteiobmann Christian Benger beim Parteitag der Kärntner ÖVP.

Er wolle mit der Kärntner ÖVP eine „mutige Politik“ machen, die drei Prädikate erfüllt: „Aktiv sein in Gemeinden, Bezirken, Bünden. Werteorientiert handeln und auftreten. Unterscheidbar sein, keine Allerweltspartei sein.“ Die Volkspartei müsse eine Partei der Mitte sein, durch die Bünde - „Kraftwerke“ - sei die ÖVP nicht aufzuhalten. Benger betonte die Bedeutung von Leistung und Eigentum, plädierte für eine straffe Sanierung des Haushalts und die Stärkung der Unternehmer, der Familien und des ländlichen Raums. Bei den öffentlichen Finanzen gelte es, Ausgaben einzusparen. „Derzeit zahlen die Arbeitnehmer die Zeche“, so Benger - unter anderem für den „großzügigen Sozialstaat“. Man müsse auch aufhören, die Unternehmer zu „behindern“ und entsprechend Bürokratie abbauen. „Nicht ausgrenzen“ wolle Benger angesichts der vielen verschiedenen Familienformen. Umgekehrt brauche es aber auch „keine staatliche Obhut, die uns ständig sagt, wer arbeiten gehen und wer zu Hause bleiben soll“. In der Regierung - die Kärntner ÖVP koaliert mit SPÖ und Grünen - werde die ÖVP ein verlässlicher Partner sein, der Wort hält, sagte Benger. Landeshauptmann Kaiser und Landesrat Rolf Holub (Grüne) werden in ihm einen lösungsorientierten, aber auch unbequemen Partner haben. „Wir treten an, um zu gestalten, nicht zu verwalten.“

Benger will FPÖ bei Landtagswahl überholen

Zwei politische Mitbewerber habe die ÖVP im Land vor sich. „Einen davon werden wir mindestens überholen“, steckte Benger das Ziel für die Landtagswahl 2018 hoch. Die ÖVP solle zweitstärkste Kraft werden, was hieße, die FPÖ zu überholen.

Singen der Bundeshymne am Parteitag der Kärntner ÖVP

APA/Gert Eggenberger

Christiane Benger, Minister Andrä Rupprechter, der neue ÖVP-Landesparteiobmann Christian Benger, Klubobmann Ferdinand Hueter und EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger beim Singen der Bundeshymne.

Obernosterer erhielt vor zwei Jahren 96,6 Prozent

Als Ziel vor der Wahl des Landesparteiobmannes hatte Benger vorab angegeben, mehr Zustimmung erreichen zu wollen, als Werner Faymann zuletzt am SPÖ-Parteitag erhalten hat - das waren rund 83 Prozent. Zum Vergleich: Vorgänger Obernosterer erhielt vor zwei Jahren 96,6 Prozent, allerdings hatten sich auch deutlich mehr Funktionäre - 610 - an der Wahl beteiligt.

Auffälliges Detail am Rande bei diesem Parteitag: Vor Beginn forderten Jungfunktionäre einen Generationswechsel ein. Sie trugen T-Shirts mit der Aufschrift: „Mama, warum gibt es keine Volkspartei mehr?“. Eines ihrer Anliegen: In jedem Gemeinderat sollte zumindest ein ÖVP-Mandatar unter 30 Jahren sein.

Landesobmann der Jungen ÖVP Kärnten Sebastian Schuschnig und Außenminister Sebastian Kurz

APA/gert Eggenberger

Forderung nach einem Generationswechsel vor Beginn des Parteitags: der Landesobmann der Jungen ÖVP Kärnten, Sebastian Schuschnig und Minister Sebastian Kurz.

Glückwunsch und Häme

Vom Koalitionspartner, den Grünen, gab es Glückwünsche für den neuen Kärntner ÖVP-Obmann. Frank Frey gratuliert Christian Benger und wünschte dem neuen ÖVP-Chef „Weitblick und viel Kraft“. Für FPÖ-Parteichef Christian Ragger hingegen offenbarte der Parteitag die tiefe Krise in der ÖVP. Benger übernehme in der, wie Ragger wörtlich sagte, „unglücklichen Partei“ eine politische Herkulesaufgabe und Ragger stellte sich die Frage, „wie lange es die ÖVP noch in der politischen Daueragonie der Stillstandskoalition mit der SPÖ und Grünen aushält“. Gratuliert wurde Benger auch von SPÖ-Landesgeschäftsführer Daniel Fellner. Er wünsche ihm „viel Energie und vor allem Ausdauer, denn es gibt noch viel für Kärnten zu tun.“