Jäger sollen für tote Brieftauben zahlen

Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt ein ungewöhnlicher Fall die Kärntner Gerichte: Wanderfalken sollen Dutzende Tiere eines Brieftaubenzüchters in Ruden (Bezirk Völkermarkt) getötet haben. Dafür zahlen muss nun der örtliche Jagdverein, obwohl die ganzjährig geschützten Falken gar nicht bejagt werden dürfen.

Der besagte Fall zieht sich nun schon so lange hin, dass der betroffene Brieftaubenzüchter in der Zwischenzeit verstorben ist und seine Frau vor Gericht für ihn weiterkämpft. Anita Rosenzopf sagt, ihr gehe es bei dem Rechtsstreit nicht ums Geld, sondern um das Andenken ihres Mannes.

Jahrelang hätten auf ihrem Dachboden an die 130 Tauben gelebt, viele davon preisgekrönte und besonders schnelle Flieger. Die Brieftaubenzucht sei die Leidenschaft ihres Mannes Josef gewesen, doch immer wieder seien Tiere verschwunden – von Falken verschleppt und getötet. „Ich kann es nicht genau sagen, aber es waren mindestens 100 bis 150 Stück“, so Rosenzopf.

Gericht: Brieftauben sind Haustiere, Jäger haften

Für einige wenige Fälle gibt es Augenzeugen - die Brieftauben seien nur 30 bis 100 Meter vom Wohnhaus entfernt von Falken getötet worden. Diese Fälle wurden vor neun Jahren angezeigt, Unabhängiger Verwaltungssenat und Verwaltungsgerichtshof beschäftigten sich damit. Das Fazit: Das Gericht sieht in den Brieftauben Haustiere. Wenn ein Wildtier ein solches tötet, haften - laut Kärntner Jagdgesetz - die Jäger.

Tote Brieftaube

ORF

Wanderfalken sollen Brieftauben getötet haben

Der Familie wurde für fünf tote Tiere Schadensersatz zugesprochen, zahlen muss der örtliche Jagdverein. Durch die Instanzen brachte die Rechtsanwältin Cornelia Strauß den Fall: „Es hat sicher eine große Bedeutung, dass der Verwaltungsgerichtshof erkannt hat, dass eine Brieftaube als Haustier zu qualifizieren ist. Es hat auch eine Bedeutung für andere Wildschäden, die eintreten.“

„Wild“ oder „gezüchtet“ - dem Falken ist das egal

Der örtliche Jagdverein soll nun 2.500 Euro für die toten Brieftauben zahlen. Das ist für die Geschäftsführerin der Kärntner Jägerschaft, Freydis Burgstaller-Gradenegger, unverständlich - denn die Jäger dürften die Falken gar nicht schießen.

„Kärnten ist das einzige Bundesland, in dem Jagdausübungsberechtigte für Schäden haften, die ganzjährig geschonte Wildtiere - wie der Falke - an Haustieren verursachen. Diese Bestimmung halten wir für verfassungswidrig. Es zeigt ja auch der gegenständliche Fall, wie überzogen diese Schadenersatzregelung ist. Denn letztendlich wird der Jäger dafür zur Verantwortung gezogen, dass der Falke nicht zwischen gezüchteter und wildlebender Taube beim Beutemachen unterscheiden kann“, so Burgstaller-Gradenegger.

Jäger gehen zum VfGH

Die Jägerschaft wird mit dem Fall vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gehen. Angestrebt wird eine Änderung des Jagdgesetzes - und das ist eine Landesangelegenheit.