Diskussion über Proporzabschaffung

Bei einer Enquète mit Verfassungsexperten und Vertretern der Kärntner Politik ist am Donnerstag über die Abschaffung der Proporzregierung in Kärnten diskutiert worden. Ein Vorteil wäre die Stärkung der Minderheitenrechte. Wirksam werden kann die Gesetzesänderung erst 2018.

Derzeit sind in Kärnten alle Parteien ab einer gewissen Stärke automatisch in der Landesregierung vertreten, damit wird die Landesregierung automatisch nach dem Stärkeverhältnis der Parteien im Landtag gebildet. In Zukunft soll die Landtags-Mehrheit entscheiden, wer der Landesregierung angehört. Es muss, sollte keine Partei eine absolute Mehrheit erreichen, eine Koalition ausverhandelt werden. Umgesetzt haben dies bereits Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, in der Steiermark soll es 2015 so weit sein.

Die Koalition setzte sich die Abschaffung des Proporzes noch in dieser Legislaturperiode zum Ziel. Wirksam werden kann die Gesetzesänderung erst nach der nächsten Landtagswahl 2018.

“Proporzsystem veraltet“

Am Donnerstag trafen bei der Enquete im Klagenfurter Landesarchiv erstmals Verfassungsexperten mit Regierungs- und Landtagsmitgliedern aufeinander, dabei wurden Vor- und Nachteile eines Mehrheitssystem erörtert. Das Proporzsystem habe in Zeiten des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg seine Berechtigung gehabt, sagten die Verfassungsexperten. Damals sei ein größtmöglicher Interessenausgleich zwischen allen politischen Parteien notwendig gewesen. Dass trotz Proporzsystem Koalitionen gebildet wurden, habe aber eher zu Problemen geführt.

Mit der geplanten Verfassungsänderung müssten aber unbedingt die Rechte der Opposition gestärkt werden, betonte Verfassungsrechtsexperte Bernd Christian Funk vom Institut für Universitätsrecht der Uni Linz. Wenn nicht alle politischen Parteien an einem Strang ziehen, werde diese Reform aber nicht gelingen, meinte Funk. In Kärnten ortet er derzeit einen „Prozess des Bewusstseinsbildung“, es werde immer klarer, dass man nicht „in der alten Weise weitermachen kann“.

Mehr Rechte für Minderheiten

„Wir stehen am Start einer grundlegenden Änderungen der Landesverfassung seit den Anfängen der ersten Republik 1918 in Kärnten“, sagte Landtagspräsident Reinhart Rohr (SPÖ), der den Vorsitz der Enquete übernahm. Rohr legte am Donnerstag ein Bekenntnis zur Stärkung der Oppositions- und Minderheitenrechte im Landtag ab.

Ein Vorteil des Mehrheitsrechts wäre die Stärkung der Minderheitenrechte, mehr Transparenz sowie mehr Rederechte, so auch Rechtsexperte Gerhard Baumgartner von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Der Wissenschaftler gab jedoch zu bedenken, dass viele Regelungen neu überdacht werden müssten. Als Beispiel nannte Baumgartner das Informationsrecht: Für jene, die sich nicht mehr in der Regierung, sondern in der Opposition befinden, bedeutet das, nicht mehr jederzeit Einsicht zu haben. Eine frühzeitige Information des Landtags wäre hier notwendig, empfahl Baumgartner.

Auch Funk plädierte für eine Stärkung der Oppositionsrechte. Künftig sei es unabdingbar, dass eine Minderheit die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragen kann, dies sei unabhängig von der Abschaffung des Proporzsystems zu realisieren.

Wählervotum könnte verfälscht werden

Baumgartner gab vor allem zu bedenken, dass mit der Abschaffung des Proporzes das Wählervotum nicht mehr unbedingt abgebildet würde: „Es gab durchaus eine Zeit, wo das Proporzsystem das bessere gewesen ist.“ Doch mittlerweile hätten sich die gesellschaftlichen Systeme geändert, die sich durchaus in Politik widerspiegeln würden. Die Abschaffung sei daher „eine Chance für Kärnten“, sagte Baumgartner.

Kaiser: „Es wartet viel Arbeit“

„Es wartet viel Arbeit auf uns“, meinte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) im Anschluss an die Diskussion: „Ich hoffe, dass es so gelingen wird, damit die Demokratie einen weiteren Fortschritt erreicht.“ Neben SPÖ, ÖVP und Grüne gebe es auch positive Signale vonseiten des BZÖ und des Team Stronach zur Abschaffung des Proporzes. Nur die Freiheitlichen hatten sich bisher gegen die Neuerung gestemmt - mehr dazu in Ragger will Proporzsystem beibehalten (kaernten.ORF.at, 23.10.2013).

FPÖ gegen Slowenisch als zweite Landesssprache

FPÖ-Klubobmann Christian Leyroutz sagte am Donnerstag in einer Aussendung, von Seiten der SPÖ werde die Forderung laut, im Zuge der Abschaffung des Proporzes auch darüber zu diskutieren, die slowenische Sprache in der Verfassung zu verankern. Leyroutz sagte dazu, man werde es nicht zulassen, dass über die Hintertüre, nämlich dem Kärntner Landtag, die slowenische Sprache eingeführt werde. „Die Freiheitlichen lehnen Slowenisch als zweite Landessprache dezidiert ab“, so Leyroutz.