Hypo: Kärnten erfuhr spät von Notverstaatlichung

Ex-Finanzlandesrat Harald Dobernig (FPÖ) hat am Donnerstag im Prozess der Bayerischen Landesbank gegen die Mitarbeiter-Privatstiftung der Hypo ausgesagt. Von der Notverstaatlichung habe die Kärntner Politik erst kurz zuvor per SMS erfahren, sagte er.

Die BayernLB kaufte 2007 das Hypo-Aktienpaket der Privatstiftung um 117 Mio. Euro. Nach Ansicht der Bayern war das Eigenkapital der Hypo wegen des umstrittenen Vorzugsaktien-Deals aber um zumindest 150 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen. Deshalb fechten die Bayern die beiden Kaufverträge mit der Privatstiftung in diesem „Pilotprozess“ an. Die Privatstiftung bestreitet, dass sie die BayernLB getäuscht hätte.

Dobernig sagte am Donnerstag in dem Prozess aus, er habe von einer möglichen Notverstaatlichung der Hypo erst am 12. Dezember 2009 - knapp vor der Bekanntgabe der Übernahme der Bank durch die Republik Österreich – erfahren. Er sei bei den Aufsichtsratssitzungen der Hypo im November und Dezember 2009, also vor den Gesprächen zur Notverstaatlichung, dabei gewesen. Dabei sei über eine Notverstaatlichung nicht gesprochen worden. „Bis zum besagten Samstag war das kein Thema für die Kärntner Politik“, so Dobernig.

SMS vom Finanzminister

Dass eine Verstaatlichung im Raum stehe, hätten die Kärntner Politiker erst an diesem Samstag zu Mittag durch eine SMS vom damaligen Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) an den Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler erfahren. An den Gesprächen über die Notverstaatlichung habe Dobernig als Aufsichtskommissär der Kärntner Landesholding (KLHD) teilgenommen. Nach einer einleitenden Runde erfolgten die Verhandlungen dann einzeln mit jedem Eigentümer der Kärntner Hypo.

Im Zuge der Verhandlungen erfuhr Dobernig laut eigener Aussage nichts vom Verhandlungsergebnis mit dem damaligen Hypo-Mehrheitseigentümer BayernLB. „Uns ist dargestellt worden, dass es massive Kapitalabflüsse in den vergangenen Tagen und Wochen gegeben hatte“, so Dobernig. Am Montag (14. Dezember 2009, Anm.) hätte eine Geschäftsaufsicht gedroht, weshalb übers Wochenende eine Lösung gefunden werden musste.

BayernLB ließ Gelder einfrieren

Rechtsanwalt Malte Berlin, der im Verfahren seinen Bruder und Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin vertritt, fragte Dobernig, ob ihm bekannt war, dass die Bayern kurz vor der Notverstaatlichung 250 Mio. Euro aus ihrer damaligen Tochter Hypo abgezogen und rund 600 Mio. Euro eingefroren hätten? Davon habe er nichts gewusst, sagte Dobernig im Zeugenstand. Es habe im November 2009 eine Ad-hoc-Meldung zur Situation der Hypo gegeben.

Dass zivilrechtliche Anfechtungsrechte, die in diesem Verfahren von der BayernLB gegen die Mitarbeiter-Privatstiftung in Anspruch genommen werden, auf die Republik Österreich übergehen sollten, wurde in den Gesprächen mit der Landesholding nicht thematisiert, so Dobernig.

Zeuge: Pröll-Treffen schon im August 2009

Alfred Lejsek, Spitzenbeamter im Finanzministerium, der die Notverstaatlichung der Hypo im Jahr 2009 mitverhandelte und den damit zusammenhängenden Vertrag unterschrieb, meinte am Donnerstag bei seiner dreistündigen Befragung, dass Ex-Finanzminister Pröll schon im August 2009 Vertreter der BayernLB und den bayrischen Finanzminister Georg Fahrenschon getroffen habe. Er sei bei dem Gespräch aber nicht dabei gewesen.

Die Hypo hatte 2008 rund 900 Mio. Euro an staatlichem Partizipationskapital (PS-Kapital) erhalten. Lejsek zufolge war dies 2008 eine Bedingung dafür, dass die BayernLB eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von rund 700 Mio. Euro durchführte. Diese Bedingung sei kurzfristig gestellt worden.

Erste Verhandlungen im Sommer

Im Sommer 2009 wurde der Wirtschaftsprüfer PwC mit dem „Asset-Screening“ bei der Hypo beauftragt, dieser habe den hohen Risikobedarf bei der Hypo ans Licht gebracht. Es habe in der Folge mehrere Gespräche mit der Hypo gegeben und eines - am 23. November 2009 - mit den Bayern. Auch die BayernLB habe den massiven Kapitalbedarf bei ihrer Tochter gesehen. Allerdings hätte die Bayern bei diesem Gespräch auf die bereits durchgeführten Kapitalmaßnahmen verwiesen und daran erinnert, dass es hohe Haftungen des Landes Kärnten gab, sagte Lejsek.

Damals sei erstmals über einen Ausstieg der BayernLB bei der Hypo gesprochen worden. Die BayernLB hätte der Republik ihren Mehrheitsanteil um rund 300 Mio. Euro angeboten. „Wir haben das Angebot nicht angenommen“, so Lejsek.

Drastische Abwertung in drei Monaten

Ein Eckpunkt der Notverstaatlichungsgespräche war, dass auch die BayernLB Sanierungsbeiträge leisten musste, um im EU-Beihilfeverfahren bestehen zu können, erläuterte er. Die Bestellung eines Regierungskommissärs war für Montag, den 14. Dezember 2009, bereits erfolgt, sodass an dem Wochenende davor die Gespräche unter Zeitdruck geführt wurden.

Dass sich die Lage der Hypo vom Halbjahr 2009 bis zum September 2009 derart verschlechtert hätte, war für das österreichische Finanzministerium „überraschend“, so Lejsek. Laut Rechtsanwalt Berlin wurde der Wertberichtigungsbedarf im Halbjahr 2009 noch mit 350 Mio. Euro beziffert, im September waren es dann schon deutlich mehr als eine Mrd. Euro.

BayernLB baute Zeitdruck auf

Die BayernLB habe Interesse gehabt, Zeitdruck aufzubauen, was sicherlich eine Verhandlungsstrategie war, so Lejsek. Dass BayernLB-Darlehen im Ausmaß von 650 Mio. Euro an die Kärntner Hypo im Dezember 2009 gekündigt wurden, „war sicher keine Maßnahme, die die Situation der Hypo verbessert hat“, so Lejsek. Rechtsanwalt Berlin vermutet im Zivilverfahren, dass die BayernLB den Druck auf Österreich zur Notverstaatlichung der Hypo sukzessive erhöht hat.

Der Zivilprozess am Handelsgericht Wien wird am kommenden Dienstag mit weiteren Zeugeneinvernahmen fortgesetzt.

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