Medizin-Uni: Interview mit Uwe Scheuch

Nach den Plänen von Bildungsreferent Uwe Scheuch (FPK) soll Kärnten schon ab dem nächsten Jahr eine private Medizin-Universität bekommen. Im Interview mit dem ORF Kärnten hat der Bildungsreferent am Freitag dazu offen Stellung genommen.

Grundsätzlich sind alle anderen Parteien für den Aufbau einer medizinischen Universität. Die ÖVP wartet jedoch ab, ob das Projekt auch finanzierbar ist. Die SPÖ hingegen glaubt nicht, dass Scheuch es - wie angekündigt - auf die Reihe bekommen wird.

Ein „Meilenstein der Bildungspolitik“

Im Gespräch mit ORF-Redakteur Bernhard Primosch sagte Scheuch dazu: "Das Projekt ist noch nicht durch die Zielgerade, das wissen auch wir genau. Ich werde in den nächsten Wochen in der Regierungssitzung einen ausführlichen Bericht einbringen und würde mir einfach erwarten, dass sowohl SPÖ als auch ÖVP nicht schon wieder von vornherein das Projekt kritisch betrachten und ausschließen, dass es jemals zu einer Realisierung kommt - denn eine medizinische Universität wäre sicherlich ein Meilenstein in der Bildungspolitik für Klagenfurt.“

Kann man es den Politikerkollegen nicht verdenken, dass sie sich auf kein weiteres Experiment einlassen wollen? Man hat in den letzten Jahren genug Lehrgeld gezahlt. Wie wollen sie eigentlich absichern, dass nicht nur Privatuni draufstehen wird, in Wahrheit aber der Steuerzahler drinhängen wird?

„Werde keinen Kostgänger fürs Land produzieren“

Scheuch: "Genau deshalb habe ich die letzten Monate sehr intensiv hinter verschlossenen Türen verhandelt - weil das mein Hauptinteresse ist. Ich werde sicher keinen Kostgänger für das Land produzieren. Wenn wir das Projekt in die Umsetzung bringen, müssen diese Rahmenbedingungen vorher fixiert werden.

Sie haben angekündigt, dass es eine Anschubfinanzierung von zehn bis zwölf Millionen Euro durch das Land geben soll und dann nichts mehr. Die Privatuni soll sich über die Studiengebühren von 12.000 Euro finanzieren, das Land wird aber Stipendien vergeben – also doch wieder jährliche Subventionen aber diesmal für die Studenten?

„Kärntner sollen im Land Medizin studieren können“

Scheuch: Natürlich soll es eine Unterstützung über den Stipendienweg geben, aber ich glaube nicht dass wir darüber nur die Sorge dafür tragen, dass die Universität funktioniert - sondern vor allem sollen die Kärntnerinnen und Kärntner die Chance erhalten, hier im Land Medizin zu studieren. Ich glaube, dass wir hier einen richtigen Weg beschreiten. Wenn man sich überlegt dass wir - auch mit öffentlichem Geld gezahlt – hunderte Absolventen der Psychologie oder Lehrer produzieren, die dann jahrelang, ja oft jahrzehntelang keine adäquate Stelle bekommen. Auf der anderen Seite haben wir hier die Chance Ärzte zu produzieren, die auch für die Gesundheitsvorsorge im Land wichtig sind, so ist uns das sicherlich das Geld wert und wir werden gemeinsam darum kämpfen müssen“.

Sie haben angekündigt, dass der Lehrkörper hauptsächlich aus dem Klinikpersonal rekrutiert werden soll: Die Primar- und Oberärzte werden Vorlesungen abhalten, was sie teilweise schon jetzt machen. Die Primarärzte werden aber im Klinikum abgehen wenn sie neue Aufgaben bekommen, die Kabeg wird also zusätzliche Ärzte anstellen müssen und das kostet wiederum Geld – ist das dann nicht eine Quersubventionierung für die Medizin-Uni?

„Holen Forschung und Entwicklung nach Kärnten“

Scheuch: „Nein, das glaube ich nicht, denn wenn ein Dozent Vorlesungen halten möchte, muss das mit seinem Zeitmanagement im Einklang gebracht werden. Es ist allerdings sehr positiv, dass alle Primarärzte den Schritt Richtung Universität begrüßen, weil wir damit nicht nur ein Ausbildungsstandort werden, sondern auch Forschung und Entwicklung nach Kärnten bekommen. Wenn wir mit der Universität im Vollbetrieb stehen und 500 bis 600 Studierende ausbilden, erwarte ich mir auch, dass wir damit auch eine hochqualifizierte Zuwanderung bekommen“.

Nehmen wir als Beispiel die Medizin-Uni Salzburg: Von 700 Bewerbern im Jahr werden nur 50 Studenten aufgenommen. Kärnten will aber 100 Studenten pro Jahr aufnehmen. Das kann im Umkehrschluss nur heißen, dass hier die Kriterien weniger streng sein werden, also viele Studenten, die in Graz oder Wien bei den Aufnahmetests durchfallen, und deren Familien es sich leisten können, es hier in Klagenfurt versuchen werden – oder etwa nicht?

„Nehmen nur die besten 100“

Scheuch: „Das ist ein Bild, dem ich durchaus etwas abgewinnen kann: Sie sagen ja selbst, von 700 Studenten in Salzburg bleiben 650 übrig. Wenn wir von diesen nur die besten 100 nehmen, hätten wir eine Topausstattung für unsere Universität und topmotivierte Leute und wenn sie noch selbst in der Lage sind das zu bezahlen, dann ist auch die Finanzierung für die Universität sichergestellt. Damit auch eine soziale Durchlässigkeit in der Ausbildung gegeben ist, soll es für die Kärntnerinnen und Kärntner das Stipendienmodell des Landes geben, damit sichergestellt ist, dass sich auch jene, die sich aufgrund ihres sozialen Hintergrundes die Ausbildung nicht leisten können, die Unterstützung vom Land bekommen“.

Bleiben wir bei der Finanzierung: Überschlagsmäßig hieße das, es wird eine Einmalzahlung des Landes in der Höhe von zwölf Millionen Euro geben, rund 2,5 Millionen pro Jahr, die Stipendien würden etwa 2,0 Millionen pro Jahr ausmachen und - was sie bestreiten – zehn zusätzliche Fachärzte im Klinikum, die 1,5 Millionen Euro pro Jahr kosten. Ergibt sechs Millionen Euro pro Jahr an laufenden Kosten für das Land. Lügt man sich da nicht in die eigene Tasche, wenn man sagt, das Land zahlt nichts dazu?

„Verbesserte Ärztequalität ist finanzierbar“

Scheuch: "Nein – ich habe nie gesagt, das Land zahlt nichts dazu. Aber der Großteil ihrer Rechnung – zwölf Millionen Euro – ist eine Einmalzahlung, dieser Betrag ist langfristig abzuziehen und damit sind zwei Drittel ihrer Rechnung schon einmal weg. Die Stipendien sind eine Unterstützung dafür, auch genug Fachärzte im Land zu bekommen. Wenn man den Teil der Fachärzte, die im Klinikum arbeiten und parallel Vorlesungen halten soll dazurechnet, dann ist es zumindest eine Verbesserung der Ärztequalität im Klinikum. Ich glaube, dass das absolut finanzierbar ist und wir uns das leisten können“.

Ist das nicht trotzdem ein Schnellschuss? Sie wollen bereits im Herbst 2013 beginnen?

„Jeder Marathon beginnt mit dem ersten Schritt“

Scheuch: "Das ist unser engagiertes Ziel, es wird erwartet dass wir die Akkreditierung bis zum Sommer bekommen, dann wollen wir starten. Wenn es uns gelingt, dann ist es ein tolles Projekt – wenn wir länger brauchen, dann ist auch das zu akzeptieren. Das muss man in der Politik lernen: Es geht nicht immer alles von heute auf morgen, jeder Marathon beginnt mit dem ersten Schritt - deshalb erwarte ich mir auch einen Schulterschluss aller Parteien: dass man die Fehler gemeinsam behebt und sich nicht über eventuelle Fehler, die es noch gibt, freut“.