Erkundung des „Fort Beisner“ im Kanaltal

In Ugovizza im Kanaltal befindet sich eine riesige Bunkeranlage, das Fort Beisner. Sie geht auf die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurück und kann noch heute von Interessierten besucht werden.

Versteckt im Wald, unter der Anhöhe des „Monte Kugeln“, also Kugelberg, befinden sich an die tausend Meter lange, unterirdische Gänge. Sie wurden zwischen 1938 und 1940 als Teil einer langen Befestigungslinie zum Schutz vor einem eventuellen Angriff der deutschen Truppen auf Italien errichtet. Die Rede ist vom „Fort Beisner“.

SSC Bunker Tarvis Fort Beisner

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Gemeinsame Schneeschuhwanderung zum Fort

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Zutritt ist nur mit Führungen möglich

Kulturverein ermöglicht Zugang

Nach dem Zweiten Weltkrieg reaktivierte die NATO die Anlage, um für einen Einmarsch der Sowjetunion gerüstet zu sein, erzählt Paolo Blasoni vom Verein „Landscapes“. Der Kulturverein ermöglicht - durch die Hilfe zahlreicher Freiwilliger - Interessierten einen Besuch des Bunkers. In den 1950er Jahren wurde die Befestigungsanlage reaktiviert, so Blasoni: „Es ist die größte im Kanaltal. Es handelt sich um eine unterirdische Kaserne.“

SSC Bunker Tarvis Fort Beisner

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Alte Wassertanks

Sternförmig sind die Gänge angelegt, die von einem zentralen Weg durch den Bunker abzweigen. Schwere Eisentüren, die ursprünglich aus Marineschiffen stammten, sowie rechte Winkel in den Gängen sollten Soldaten vor der Druckwelle eventueller Angriffe schützen. Die Gefechtsstände selber sind von außen extra getarnt - noch heute sind sie auf den ersten Blick schwer zu erkennen. Sie waren auf wichtige strategische Punkte in der Umgebung ausgerichtet - zum Beispiel auf den Bahnhof.

Fotos geben Einblick in Bunkeralltag

Die Waffen wurden mittlerweile entfernt - aber es gibt in einer kleinen Ausstellung im Bunker viele Fotodokumente zu sehen. Dass diese heutzutage den Alltag im Bunker belegen gilt als eine kleine Sensation. Fotografieren war damals natürlich strengstens verboten. Einige Soldaten wagten es trotzdem heimlich und so sieht man einige von ihnen auf den alten Bildern, wie sie vor ihren Waffen oder bis zur Hüfte in Schnee eingesunken vor dem Bunkereingang posieren.

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Zeitzeuge: Mussten stets für Angriff bereit sein

Walter Moschitz aus Camporosso war Ende der 1970er Jahre - während des Kalten Krieges - ein Jahr lang als Soldaten im Fort Beisner stationiert. Zu dieser Zeit galt der Stützpunkt als streng geheim. Er war selbst unter der Bevölkerung des Kanaltales kaum bekannt, sagt Walter Moschitz.

So bekam auch er erst bei der Arbeit nach und nach mit, was es mit dem Bunker eigentlich auf sich hatte und dass er als Sperre zur Abwehr eines möglichen Angriffs dienen sollte. Nicht nur die Soldaten, sondern auch die Maschinengewehre und Panzerabwehrkanonen mussten im Prinzip rund um die Uhr einsatzbereit sein - für den Fall der Fälle. „Dazu ist es zum Glück nie gekommen“, sagt Walter Moschitz.

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Getarnte Ansicht von außen

„Im Sommer herrschte ‚absurde‘ Luftfeuchtigkeit“

Er erinnert sich noch gut daran, wie es war, im Bunker zu übernachten. Im Sommer schliefen sie lieber im Freien bzw. in einem Zelt. Es gab drinnen keine Klimaanlagen und es herrschte eine Luftfeuchtigkeit, die „absurd“ war, sagt Walter Moschitz.

Im Winter hingegen war es im Bunker angenehm warm: „Wenn man von draußen rein kam, hatte man durch den Schnee meist nasse Kleidung. In der Früh war die dann aber wieder fein trocken.“ Draußen hatte es oft um die minus zwanzig Grad, erinnert sich Walter Moschitz. Im Inneren des Bunkers um die acht Grad - das empfanden die Soldaten damals als fast schon heimelig.

SSC Bunker Tarvis Fort Beisner

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Im Felsen sieht man zwei Fensteröffnungen

Zahlreiche Originalgegenstände erhalten

Kurbeln an der Wand, die für die Frischluftversorgung der Soldaten notwendig waren, können noch heute ausprobiert werden. Genauso wie eine Telefonanlage für interne Gespräche im Bunker. Zu sehen sind auch längst abgelaufene Essenvorräte, Trinkwassertanks und Bettgestelle in einem ehemaligen Schlafsaal, wo einst die Soldaten nächtigten. Im ganzen Bunker gab es auch zahlreiche Nischen in den Wänden für die Notbeleuchtung, die mit einfachen Kerzen oder Petroleumlampen erfolgte.

Seit jeher strategisch wichtiger Punkt

Zur Anlage gehörte auch eine Aussichtswarte, deren Zugang über 140 Stufen direkt zur Spitze des Hügels führt. Dies zeigt die strategische Bedeutung des Kanaltals. Schon zu Zeiten der Napoleonischen Kriege und des Ersten Weltkriegs stand es im Zentrum des militärischen Interesses.

ForteBeisner Landkarte

LandScapes

Eine Überblickskarte über die unterirdischen Gänge des Forte Beisner

Grenzübergreifendes Forschungsinteresse

Anita Pinagli ist als Archäologin und wissenschaftliche Leiterin des Vereins „Landscape“. Sie sagt, es bestehe ein reger Austausch mit namhaften Wissenschaftlern aus Österreich und Slowenien, die sich mit der „fortificazione“ auseinandersetzen. „Seit Jahren wird eine enge Zusammenarbeit mit dem Bunkermuseum am Wurzenpass gepflegt. Seit einiger Zeit komplettieren Volker Pachauer von der Universität Graz und der slowenische Archäologe A. Potočnik, der derzeit in Australien lebt, das grenzübergreifende Forschungsteam. Er ist spezialisiert auf die Illustration antiker Befestigungsanlagen und konnte auch das Fort Beisner bildlich darstellen, wie es 1848 ausgesehen hat“, so Pinagli.

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 16.3.19

Rätselraten um Ursprung des Namens

Der Name „Forte Beisner“ geht übrigens ausschließlich auf italienische Dokumente zurück, wo es als „forte di Beisner“ bezeichnet wird. Auch die „Alpini“ nannten es stets so. In österreichischen oder deutschen Dokumenten ist laut Anita Pinagli keine Spur dieses Namens zu finden. Es könnte sich beim Namen „Fort Beisner“ daher um einen Codenamen handeln.

Eine weitere Theorie führte die Wissenschaftler auf die Spuren des zu seiner Zeit hochdekorierten Feldmarschalls Anton von Reisner. „Es wäre möglich, dass ihm zu Ehren der Bunker seinen Namen erhalten hat - nur wurde das R durch ein B ersetzt.“

Historisches Material wird aufbereitet

Am Gipfel des Hügels, unter dem sich der Bunker befindet, der den klingenden Namen „Kugelberg“, also „monte palla“ trägt, erklärt uns Anita Pinagli warum dieser früher einmal wichtiger strategischer Punkt im Kanaltal war. Auch in diesem Fall war der Name Ausgangspunkt für die weiteren Nachforschungen: „Forte - also Befestigungsanlage - legte für uns die Vermutung nahe, dass es nicht nur Überreste aus der k&k-Monarchie gibt“, erklärt Pinagli. Die Ursprünge dürften viel weiter zurück gehen.

SSC Bunker Tarvis Fort Beisner

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In einem Wiener Dokumentenarchiv konnten die Wissenschaftler tatsächlich die Originalpläne ausfindig machen. Sie zeigen eine zweiteilige Festungsanlage, die 1848 tatsächlich auch gebaut wurde und Teil der Kanaltaler Sperre wurde. „Die Österreicher wollten aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Der wohl größte Irrtum bestand während des Ersten Weltkrieges wohl darin, dass das Saiseratal ungeschützt war. Am Kugelberg sahen sie somit ein Bollwerk, das es zu befestigen galt. Sie investierten daher eine beachtliche Summe Geld.“ Irgendwann gingen allerdings die Mittel aus und die Arbeiten wurden eingestellt, noch bevor das Bollwerk letztendlich fertiggestellt war.

Wenige Überreste davon sind noch heute am Monte Kugel zu sehen. Laut Anita Pinagli seien diese etwas Besonderes, weil sie aus mehreren Schichten bestehen: „Es gibt Belege für die erste Schanze und eine Befestigungsanlage aus dem Jahr 1604 bis zum Bunker unter dem Hügel, der bis 1992 fast regelmäßig genutzt wurde.“

Illustration Fort Beisner Potočnik

A. Potočnik

Illustration des Fort Beisner von Alexander Potočnik

Alexander Potočnik baute die Befestigungsanlage in einem seiner Entwürfe nach und illustrierte sie.

Sport und Kulinarik als Zusatzangebot

Heute finden im Bunker neben Führungen auch Konzerte und Veranstaltungen statt, bei denen neben zahlreichen Freiwilligen - auch die 20 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Valbruna - Wolfsbach mitwirken, sagt Giordano Piussi: „Als Wachorgane, aber auch für Instandhaltungsarbeiten. Wo immer unsere Hilfe benötigt wird - die Zusammenarbeit mit dem Verein läuft gut und das schon seit einigen Jahren.“

Ab Mai ist das Fort Beisner immer an den Wochenenden zu Monatsende geöffnet. Außertourliche Führungen sind - nach Voranmeldung beim Verein „Landscapes“ - auch auf Deutsch möglich. Zusätzlich werden - in Kooperation mit der örtlichen Skischule „scuola sci di fondo Valcanale“ - während der Wintermonate geführte Schneeschuhwanderungen durch das Kanaltal angeboten - mit einem anschließenden Besuch im „Fort Beisner“.

Bunkerteller

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Bunkerteller

Wer sich danach „stilecht“ stärken möchte hat die Möglichkeit dazu in einigen Lokalen der Umgebung, wie zum Beispiel im Hotel „La Baita“ in Malborghetto. Dort wird ein Bunker-Teller angeboten, erklärt Wirtin Cecilia Buzzi: „Er besteht aus einer Roulade mit Grissini und Rohschinken aus San Daniele; hausgemachten Kräuter-Ravioli mit geräuchertem Ricotta-Käse und Schweinsripperln und süßsaurem Rotkraut.“

In der Pizzeria Stazione Lussari gibt es eine eigene „Bunker-Pizza“: Kräuter aus dem Tal, Steinpilze und Lardo - also weißer Speck - sorgen für einen besonderen Geschmack.

Bunkerpizza

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Bunkerpizza

Wie man zum Bunker gelangt

Heute ist der Zugang zum Fort Beisner relativ leicht: Auf der Bundesstraße von Tarvis kommend Richtung Udine biegt man unmittelbar vor dem Ortsbeginn von Ugovizza nach links ab. Gleich hinter der Einmündung der Autobahnabfahrt „Malborghetto-Valbruna“, die nur aus Richtung Udine benützt werden kann, befindet sich linker Hand eine Parkmöglichkeit bei einer Forststraße. Nach einem fünfminütigen Fußweg erreicht man den Eingang des Bunkers.

Kontakt

E-Mail: info@ls-valcanale.eu
Telefon: 0039/334/1249193 oder 0039/331/5093826

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