Gemalte Literatur auf Rollläden

Simone Mestroni aus Udine liebt Gedichte und das Malen. Er nutzt aber nicht etwa Leinwände, sondern malt meistens auf Rollläden. Er will mit seinen Gedichten und Bildern den Menschen auf der Straße die Literatur näher bringen.

Eine Bar am Hauptplatz von Terenzano in der Gemeinde Pozzolo del Friuli ist einer der wenigen verbliebenen Treffpunkte in dem Ort, wo heute noch an die 700 Menschen leben.
Francesca De Biaggio wurde in Udine auf die Kunstwerke von Simone Mestroni aufmerksam und dachte sich: So etwas will ich auch für mein Lokal: „Ich habe ihn gefragt, ob er mir einen Spruch, der mit Liebe zu tun hat, malen kann. Das ist ein schwieriges Thema. In der heutigen Zeit ist die wahre Liebe etwas Seltenes. Aber trotzdem, ich hoffe, der Spruch wird den Leuten gefallen und sie zum Nachdenken anregen.“

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Gedicht von Sylvia Plath sorgt für Begeisterung

„Küss mich und du wirst sehen wie wichtig ich bin.“ - so lautet der Spruch der amerikanischen Schriftstellerin mit deutschen Wurzeln Sylvia Plath. Bald wird er die „serranda“, also den Rolöladen, des Lokals schmücken.

Schon jetzt sorgt er für Begeisterung, wie bei der gebürtigen Belgierin Hilde Mortelmans, die seit 30 Jahren in Terenzano lebt: „Die Gemeinden rundherum stehen ein bisschen im Schatten von Udine. Die Leute sagen oft: Dort gibt es alles und hier nichts. Wenn man dann so etwas sieht, ist das angenehm. Eine tolle Idee.“

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Künstlerisches Statement gegen Oberflächlichkeit

Gute zehn Stunden Arbeit liegen vor dem 30-Jährigen. Gemalt hat er schon immer gerne, sagt er, doch seine Wahre Leidenschaft ist das Schreiben. Mit seiner Straßenkunst will Simone Mestroni zum Nachdenken anregen: „Die Welt, in der wir leben, gefällt mir nicht - mit den ganzen Reality Shows zum Beispiel. Mir fällt auf, dass so viele Menschen rundherum so oberflächlich und innerlich leer sind. Ich möchte mit città della poesia etwas zum Ausgleich schaffen. Ich möchte Gedichte und die Literatur weg aus den herkömmlichen Orten der Kultur, wie Büchereien oder Universitäten auf die Straße bringen und dadurch jedermann zugänglich machen.“

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 2.2.19

Bei einem Spaziergang durch Udine kann es vorkommen, dass Sie auf Simone Mestronis Werke stoßen. Denn in und um seine Heimatstadt hat er schon jede Menge künstlerische Spuren hinterlassen.

Pasolini-Konterfei schmückt Trafo

Für das Abbild von Pier Paolo Pasolini wählte er bewusst ein Trafohäuschen aus Beton aus, das am Stadtrand am Rande eines Feldes steht: „Das Feld ist ein Symbo für Tradition und Identität und Verbundenheit mit der Heimat. Das waren auch Pasolinis Themen; genauso wie der Anti-Kapitalismus, die Gesellschafts- und Konsumkritik. Die Peripherie ist die Antithese zu den Einkaufszentren. Also musste ich Pasolini nicht im Stadtkern, sondern außerhalb darstellen - ein würdiger Ort für jemanden, der eine Kritik wie diese äußerte.“

Pasolini SSC Maler

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Pasolini auf Strommast

Ziel: Festival für Künstler aus dem Alpen-Adria-Raum

Ein Festival mit Künstlern aus dem Alpen-Adria-Raum zu organisieren ist Simone Mestronis nächstes Ziel, sagt er. So möchte er letztendlich auch seine eigene Kunst über die Grenzen seiner Heimatregion hinaustragen.