Zugfan: „Eisenbahnfotografie ist wie Fischen“
„Man sitzt oft stundenlang auf der Lauer und muss den Sonnenstand beobachten und natürlich auch den Fahrplan im Auge behalten“, sagt Christoph Posch.

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Posch beim Fotografieren
Geduld macht sich bezahlt
Im Fall der „Pontebbana“, seiner Lieblingsstrecke, ist gerade letzterer Faktor essentiell: „In Wahrheit hat man hier auf dieser Strecke, die sehr schwach befahren war, maximal 15 Züge vor die Linse bekommen.“ Ein Blick auf sein Archiv zeigt: Der Hobby-Eisenbahnfotograf hat eindeutig Geduld. Immerhin umfasst es rund 15.000 Fotos, die meisten von der Altbaustrecke.

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Auf dieser Brücke passierte in den 1920er Jahren ein schwerer Zugunfall mit mehreren Toten.

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Die Ponte di muro heute
Zugstrecke entlang eines wichtigen Handelsweges
Weil er sich nicht nur für die technischen Details der Züge interessiert hat sich Christoph Posch auch mit der Geschichte der „Pontebbana-Bahnstrecke“ genau auseinandergesetzt: „Sie stammt aus den 1870er Jahren. 1880 wurden Teile davon verstaatlicht im österreichischen Bereich. Damals war die Grenze in Pontebba. Es hat sich das ganze Tal verändert.“
Wichtiger Handelsweg
Die „Pontebbana“ gilt als historisch wichtiger Handelsweg. Es führten einst zwei Römerstraßen durch das Kanaltal. Heute befinden sich unweit davon die Autobahn, die Staatsstraße und die Eisenbahnlinie.
Die Eisenbahn wurde bis zum Jahr 2000 durch eine zweigleisige Neubaustrecke ersetzt. Sie verläuft heute weitestgehend unsichtbar im Berg. Entlang der alten Bahnstrecke wurde der Alpen-Adria-Radweg eingerichtet, der von unzähligen Freizeitsportlern - auch aus Kärnten - genutzt wird.
Vom Zug-Schauer zum Zug-Kenner
Seine Leidenschaft für Zuge geht schon mehr als vierzig Jahre zurück, sagt Christoph Posch. Begonnen habe alles in seiner Heimatstadt Villach, auf der Draubrücke: „Meine Mutter ist damals mit mir, wenn ich als Kind gequängelt habe, immer Zug schauen gegangen auf diese Brücke. Hat mir eine Wurstsemmel in die Hand gedrückt - ich war das zufriedenste Kind und noch zufriedener war ich, wenn ein Zug vorbei gefahren ist.“
Irgendwann, als Jugendlicher, begann Christoph Posch, die Züge nicht zu anzuschauen, sondern auch all ihre Besonderheiten zu studieren und sie zu fotografieren. Er kann sich nicht mehr erinnern, wie oft er schon in die Nachbarregion gefahren ist, um die Pontebbana-Strecke zu fotografieren - dafür aber an die ersten Ausflüge gemeinsam mit seinen Eltern: „In meiner Kindheit sind meine Eltern mit mir über die alte Straße nach Udine gefahren und das war immer lässig weil daneben waren die Züge zu sehen. Da habe ich immer meine persönliche Lieblingslokomotive gesehen - das war der ‚Caimano‘, das fliegende Krokodilchen. So lautet der Spitzname dieser Lok.“

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Alte Ansichten - von Bahnhöfen oder Eisenbahnstrecken, wie sie früher einmal ausgesehen haben - sind nur ein Teil der Sammlung von Christoph Posch.
Früher nahm er auch Strafen in Kauf
Die „Pontebbana“ zog ihn dermaßen in ihren Bann, dass er im Laufe der Jahre fast jeden Meter der Strecke abfotografierte. Nur zwei, drei Positionen fehlen ihm noch. „Die sind einerseits durch den Sonnenstand nicht gegangen, aber andererseits war sie sehr schwer zu erreichen, nur von der Autobahnbrücke zu fotografieren. Das war mir dann doch zu riskant wegen der Polizei“, sagt Posch. Grund dafür sind militärstrategische Stellungen, die sich entlang der Strecke befanden.
Österreichs größter Mobilitätsdienstleister
Der ÖBB-Konzern bringt jährlich 459 Millionen Fahrgäste und 115 Millionen Tonnen Güter umweltfreundlich ans Ziel. 92 Prozent des Bahnstroms stammen aus erneuerbaren Energieträgern, zu 90 Prozent aus Wasserkraft. Die ÖBB gehörten 2017 mit rund 96 Prozent Pünktlichkeit zu den pünktlichsten Bahnen Europas. Täglich werden rund 1,3 Millionen Reisende an ihr Ziel befördert.
Sendungshinweis:
Servus Srecno Ciao, 23. Juni 2018
Fotografierverbot in Jugoslawien
"Im Grenzgebiet zum damaligen Jugoslawien und zu Österreich bestand lange ein Fotografierverbot. Es gab auch Fotografierverbotstafeln. „In Folge der mangelnden Italienischkenntnisse haben wir einfach diese Tafeln ignoriert und trotzdem fotografiert. Aber die Polizei kontrollierte uns das eine oder andere Mal, kassierte die Pässe ab und dann wurde auch die eine oder andere Strafe fällig“, gibt Posch zu. Sieben Sprachen eignete er sich an, um sich auf der Suche nach Zug-Raritäten zumindest ein bisschen in der jeweiligen Landessprache verständigen zu können.

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Wenn es „richtig klickt“ ist es meistens ein befreiendes Gefühl für Christoph Posch
Europaweit auf der Suche nach Eisenbahn-Raritäten
Heute ist er nur noch auf legalen Pfaden unterwegs und machte sein Hobby sozusagen zum Beruf. Als Pressesprecher der Österreichischen Bundesbahnen beantwortet er Medienanfragen und betreut einen Blog mit Informationen zu Zügen und Bahnstrecken in ganz Europa.

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ÖBB-Blog
Auf Titos Spuren in Serbien
Ihn beeindruckte besonders seine letzte Reise: Die Fahrt mit dem Bernina-Express in der Schweiz. In Serbien stieß er unlängst auf den „plavi voz“, den blauen Zug von Josip Broz Tito. „Man sieht den Luxus vergangener Zeiten. Der Zug war von der Achse bis zur Badewanne mit totalem Luxus ausgestattet. Es waren Telefone drinnen, es waren Fernseher drinnen. Der ganze Zug ist mit rotem Samt ausgekleidet, das Porzellan mit dem alten Königswappen versehen, die Kristallgläser ebenfalls. Silberbesteck war obligatorisch. Der Zug steht heute da als ob er abfahren würde.“

Christoph Posch
Christoph Posch hinter dem Schreibtisch von Tito im „plavi voz“
Auf der Suche nach Anekdoten und besonderen Eisenbahnverbindungen wird Christoph Posch bestimmt noch viele Ausflüge in die Nachbarländer unternehmen, um seine Fotosammlung zu komplettieren. Im nächsten Jahr will er zum Beispiel mit dem „Glacier Express“ die Schweiz erkunden.