Klagenfurt vor hundert Jahren besetzt

Am 6. Juni vor hundert Jahren ist Klagenfurt im Zuge des Kärntner Abwehrkampfes von jugoslawischen Truppen besetzt worden. Bis zur Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 ging es darum, möglichst viele Menschen in Südkärnten für den Verbleib bei Kärnten und Österreich zu bewegen.

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der SHS-Staat der Serben, Kroaten und Slowenen Anspruch auf das mehrheitlich von slowenischsprachigen Kärntnern besiedelte Gebiet erhoben. Im November 1918 wurde der militärische Widerstand in Kärnten beschlossen. Unter der Leitung von Oberstleutnant Ludwig Hülgerth schritt die Rückeroberung rasch voran.

100 Jahre Besetzung Klagenfurt

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Oberstleutnant Ludwig Hülgerth

Karawanken als natürliche Grenze fixiert

Im Jänner 1919 einigte man sich auf einen Waffenstillstand, weil eine Kommission des amerikanischen Leutnants Sherman Miles im Auftrag der Siegermächte die Verhältnisse in Kärnten prüfen sollte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass die Karawanken die natürlich Grenze im Süden sein sollen. Auf der Friedenskonferenz in Paris setzte sich die Auffassung für das Selbstbestimmungsrecht der Völker durch. Das bedeutete, dass es in Kärnten zu einer Volksabstimmung kommen sollte.

Der Leiter des Kärntner Landesarchivs Wilhelm Wadl erklärt, dass die Alliierten am 27. Mai in Paris beschlossen hatten, dass es im ganzen Klagenfurter Becken eine Volksabstimmung in einer ungeteilten Zone geben solle: „Das hat Yugoslawien ganz und garnicht behagt. Da wäre das Ergebnis zu Gunsten Österreichs vorhersehbar gewesen. Daher kam es dann am 27. Mai - faktisch zeitgleich - zum schon länger geplanten südslawischen Großangriff.“ Die Kärntner Fronten brachen schnell zusammen. Die Regierung floh nach Oberkärnten und am 6. Juni rückten serbische Truppen in Klagenfurt ein.

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Einmarsch jugoslawischer Truppen in Klagenfurt

Demarkationslinie hermetisch abgeriegelt

Es folgte der vereinbarte Waffenstillstand, dennoch dauert es noch lange, bis am 10. Oktober 1920 die Volksabstimmung durchgeführt werden konnte. Laut Wadl sei das „Gesamtpaket“ bereits in Paris fertig gewesen. Es sei dann aber wieder komplett aufgeschnürt worden, was das Klagenfurter Becken und die Volksabstimmung anbelangte.

Letztendlich kam es dann zur Teilung des Plebeszitgebietes in die beiden Zonen 1 und 2. Voraussetzung dafür sei die Ratifizierung des Friedensvertrages und die Hinterlegung aller Urkunden in Paris gewesen, so Wadl: „Deshalb diese lange Zeit, die man auf das Plebeszit warten musste. Ein zusätzlicher Unsicherheitsmoment war, dass die jeweiligen Volksabstimmungszonen 1 und 2 unter jugoslawischer bzw. österreichischer Verwaltung standen. Die Demarkationslinie blieb bis August 1920 hermetisch abgeriegelt.“

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Blick auf die Stadt Klagenfurt zur Zeit der Volksabstimmung

Heimatdienst propagierte Verbleib bei Österreich

Obwohl Teile Südkärntens von den jugoslawischen Truppen besetzt bleiben, gelingt es dem von den Kärntner Parteien eingesetzten Heimatdienst die Bevölkerung in der Zone A vom Verbleib bei Kärnten zu überzeugen. Laut Wadl war der Heimatdienst von 1920 eine überparteiliche Dachorganisation für die österreichische Propaganda: "Diese war sehr wirkungsmächtig und hat viele verschiedene Argumente zusammengetragen, die für Österreich sprachen. Das Ergebnis war ja dann, dass sich mehr als 60 Prozent der Südkärntner für den Verbleib bei Kärnten und Österreich aussprachen.

Die Volksabstimmung wurde dann zunächst in der Zone A durchgeführt, mit dem bekannten Ergebnis für den Verbleib bei Kärnten und Österreich. Heuer jährt sich am 10. Oktober 2019 der Jahrestag zum hundertsten Mal.

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Alte Dokumente im Landesarchiv

Landesarchiv macht am Freitag Schätze zugänglich

Unterlagen zum Abwehrkampf und der Volksabstimmung sind im Landesarchiv gelagert. Dort gibt es auch regelrechte Archivschätze zu bewundern, die am Freitag zum internationalen Tag des Archivs für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Von 9.00 bis 13.00 Uhr steht das Landesarchiv für die Besucher offen, der Eintritt und Führungen sind kostenlos.