Retter werden immer öfter angepöbelt

Vor Kurzem haben zwei Skifahrer für Aufregung gesorgt, als sie in Tirol in einen Lawinenhang eingefahren sind und nicht mehr weiter konnten. Bei der Rettung wurden die Helfer als zu langsam beschimpft. Rettung wird als selbstverständlich angesehen, quasi als Serviceleistung.

Den beiden Salzburger Freeridern ging die Rettung zu langsam, das bekamen die Tiroler Helfer zu spüren. Solche Fälle von Undankbarkeit gegenüber den ehrenamtlichen Rettern kämen zwar immer noch selten vor, aber es gibt sie, sagt der ehemalige Chef der Österreichischen Bergrettung Reinhold Dörflinger. Als Beispiel nannte Dörflinger einen überaus ungeduldigen, älteren Kletterer aus Ebenthal, der im vergangenen Sommer im neuen und schwierigen Klettersteig in Griffen hängenblieb.

„Das war so ein Spezialfall, da gehen die Leute einfach klettern und verlassen sich hundertprozentig auf eine etwaige Rettung. Leider Gottes ist dieser Mann dann in das Seil gefallen. Nach dem Notruf wartete er dann circa eine dreiviertel Stunde auf die Rettung und war dann sehr aufgeregt, warum er so lange warten hat müssen“, so Dörflinger.

Alle arbeiten ehrenamtlich

Mehr, als die jeweiligen Personen zu retten, können die Helfer auch nicht, sagt Dörflinger. Bei den rund 12.000 Bergrettern in Österreich handelt es sich ausschließlich um ehrenamtliche Helfer. „Es gibt keinen hauptberuflichen Bergretter, der in den Einsatz geht. Die Bergretter arbeiten meist und müssen verständigt werden. Danach wird in den Geräteraum gegangen und meist mit dem eigenen Auto losgefahren. Das bedarf eines gewissen Zeitaufwandes, bis man dann zur verunfallten Person durchdringt.“

Kletterer reagierte wütend

Im Fall des verunfallten Kletterers in Griffen zeigte sich dieser nicht von seiner besten Seite. „Er war fuchsteufelswild und hat geschimpft, warum er so lange warten musste. Das sei eine Sauerei und leider Gottes ist das nicht in gute Ohren gekommen. Wir sagen es immer wieder, wir helfen gerne und sind für alles bereit, aber solche Aussagen können sich die Leute normalerweise sparen“, so Dörflinger. Seitens der Bergretter werde immer schnellstens gehandelt, wenn ein Einsatzalarm kommt. Dass es dann solche Angriffe gegenüber freiwilligen Helfern gebe, das dürfe nicht sein, so Dörflinger weiter.

Im Gespräch dann meist einsichtig

In einem späteren Gespräch mit dem Kletterer versuchte Dörflinger den Mann aufzuklären, dass die Bergrettung nicht so wie beim Roten Kreuz in einer Zentrale sitze und bei einem Notfall losfahre, sondern dass sich die freiwilligen Helfer meist von der Arbeit weg müssen, um zum Einsatzort zu gelangen. „Ich habe schon eindringlich werden müssen und es erklären, weil es gibt doch gewisse Leute, die es nicht gleich kapieren. Im Endeffekt sind sie dann aber meist einsichtig und damit ist die Sache dann abgeschlossen“, so Dörflinger. Viele wüssten einfach nicht, dass es sich hierbei um ehrenamtliche Arbeit handle.

Eine andere Art von Bergsteiger

Die Bergretter müssen heute auch mit einer anderen Art von Bergsteiger umgehen, als etwa noch vor 50 Jahren. „Die Masse an Menschen, die heute in den Bergen unterwegs ist, da glauben manche halt, es müsse alles freiwillig und kostenlos sein und wenn ich am Berg bin, schalte ich mein Handy ein, wenn ich nicht mehr weiter komme. Diese Situationen gibt es bei der Bergrettung aber natürlich auch bei der Flugrettung“, so Dörflinger.

Nicht immer kann geholfen werden

Wer sich in Gefahr begibt, kann nicht immer erwarten dass ihm geholfen wird. Es kann vorkommen, dass das Risiko, selbst verletzt oder getötet zu werden, für die ehrenamtlichen Helfer zu groß ist. „Es gibt eine Einsatzleitung für den Bergrettungsdienst, auf jeder Ortsrettungsstelle gibt es einen Einsatzleiter. Dieser hat die Verbindung zu anderen alpinen Einsatzorganisationen. Die müssen dann entscheiden, geht es oder geht es nicht. Es gibt einfach Situationen, in welche man die Bergretter nicht mehr hineingehen lassen kann. Man muss auch auf das eigene Leben schauen“, sagt Dörflinger.

„Es gab in Oberösterreich einen Fall, wo eine Mannschaft losgezogen ist, zwei Leute zu retten. Die sind dann selbst unter ein Schneebrett geraten. Gott sei dank ist da wenig passiert. Aus diesen Erkenntnissen hat man auch gewisse Schlüsse gezogen. Das gibt es heute sicherlich nicht mehr. Die Einsatzleitung entscheidet dann vor Ort“. Ein Restrisiko bleibt trotzdem, wenn man bei hoher Lawinenwarnstufe zu einem Einsatz ausrückt. „Die Bergretter müssen sich in dieser Situation bewegen lernen, denn ohne Lerneffekte geht es nicht“.

„Freerider“ als neue Herausforderung

Oftmals handelt es sich auch um sogenannte Freerider, die sich abseits der Piste bewegen und sich dadurch in Gefahr begeben. „Das ist ein bisschen ein Problem. Wir haben das damals schon mit den Snowboardern bemerkt, dass es hier schon sehr scharf vorgeht. Sie sehen den weißen Hang, wissen aber nicht, wie der Schneedeckenaufbau zustandegekommen ist. Bei gewisser Lawinenwarnstufe hat man normalerweise in diesem Hang nichts mehr verloren. Aber es gibt halt immer wieder welche, die das ignorieren und Absperrungen durchfahren. Dann passieren halt solche Unfälle, die wir nicht haben wollen“, so Reinhold Dörflinger.

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