Schönborn-Interview lässt Wogen hochgehen

Ein Interview von Kardinal Christoph Schönborn nach der Veröffentlichung des Prüfberichts der Diözese Gurk lässt die Wogen hochgehen. Der Betriebsratsvorsitzende der Diözese sagte, Bischof Alois Schwarz solle sein Amt niederlegen. Unterdessen lässt Rom die Vorwürfe prüfen.

Schönborn hatte in einem Interview mit dem ORF Niederösterreich am Mittwoch gesagt, er sei „zuversichtlich“, dass es eine „ehrliche Klärung“ der Vorwürfe gegen den ehemaligen Kärntner Bischof Schwarz geben werde. „Wenn Vorwürfe gegen einen Bischof erhoben werden, dann muss man das natürlich untersuchen und prüfen und sich anschauen“ - mehr dazu in Schwarz: Schönborn setzt auf „ehrliche Klärung“.

„Rom weiß seit Langem Bescheid“

Am Donnerstag veröffentlichte Gabriel Stabentheiner, Organisationsreferent im Kirchenbeitragsdienst der Diözese Gurk-Klagenfurt und Betriebsratsvorsitzender der katholischen Kirche in Kärnten, zunächst einen offenen Brief an Schönborn. In diesem heißt es, er bitte Schönborn, damit aufzuhören, „die Öffentlichkeit mit solchen Aussagen ständig zu vertrösten oder für dumm zu verkaufen“.

Diözese Stabentheiner

ORF

Stabentheiner reagierte empört auf das Schönborn-Interview

Rom wisse doch schon seit Langem über alles Bescheid. Er selbst sei vor rund zehn Jahren mit einer Gruppe von Personen beim zuständigen Metropoliten Alois Kothgasser in Salzburg gewesen, um diesen über die Zustände in der Diözese zu informieren, schreibt Stabentheiner weiter. Dabei habe man feststellen müssen, dass man Kothgasser nichts Neues erzählt habe, er habe damals schon mehr gewusst als alle zusammen.

„Beleidigung für engagierte Menschen“

Im Gespräch mit dem ORF sagte Stabentheiner am Donnerstag, die Erfahrung stecke ihm bis heute in den Knochen, dass immer noch so getan werde, als ob Rom neue Vorwürfe prüfen müsse: „Als ob der Bericht nicht schon längst in Rom wäre, als ob die Versetzung von Schwarz nicht eine Notbremse gewesen wäre, den Deckel auf dem Topf zu halten.“ Es sei nun ein Maß der Unerträglichkeit, wie Kardinal Schönborn in der Öffentlichkeit agiere. In Hinblick auf alle engagierten Menschen in der Kirche sei das Maß voll. „Es ist eine absolute Beleidigung für alle Menschen, die sich für die Kirche einsetzen, die ihre Zeit zur Verfügung stellen. Es macht den Eindruck, dass diese Kirche nur dem Klerus gehört.“

„Bischof Schwarz soll Amt niederlegen“

Stabentheiner sagte weiter, zuletzt hätten ihn auch Gerüchte nachdenklich gemacht, wonach Rom den Administrator absetzen könnte. „Man kann das nicht mehr unter den Teppich kehren. In einem Teil der Bevölkerung weiß man Bescheid, das darf man nicht mehr verschweigen. Man muss jetzt die richtigen Schritte für eine positive Kirche setzen. Meiner Meinung nach muss Alois Schwarz für sich die Konsequenzen ziehen und sein Amt niederlegen. Kardinal Schönborn soll dem Bischof dabei behilflich sein.“

Apostolischer Visitator prüft Vorwürfe

Der Prüfbericht, den das Domkapitel entgegen der Weisung aus Rom am Dienstag veröffentlichte und im Internet publizierte, zeichnete ein vernichtendes Bild der wirtschaftlichen Gebarung im Mensalgut und vor allem im Bildungshaus St. Georgen, das von einer Vertrauen des Bischofs geführt wurde - mehr dazu in Vernichtender Prüfbericht der Diözese Gurk.

Nach der Veröffentlichung des wirtschaftlichen Prüfberichts über das Bistum Gurk am Dienstag wurde offenbar der Diözese Gurk-Klagenfurt auch eine Apostolische Visitation angekündigt. Am Donnerstag wurde der Salzburger Erzbischof Franz Lackner von Papst Franziskus zum Apostolischen Visitator für die Diözese Gurk ernannt. Er soll die Vorwürfe prüfen - mehr dazu in Apostolischer Visitator prüft Vorwürfe.

Erste Stellungnahme von Bischof Schwarz

Bischof Alois Schwarz nahm am Donnerstagnachmnittag erstmals zu den Vorwürfen Stellung. Der langjährige Bischof der Diözese Gurk sagte, er habe in Kärnten gut gewirtschaftet. „Dort, wo ich vom heiligen Vater hingestellt wurde, habe ich versucht, engagiert, leidenschaftlich mit den Menschen zu arbeiten. In einem Vertrauensverhältnis mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, vor allem in den leitenden Positionen und in einer großen Gewissenhaftigkeit, was die finanziellen und auch die Dinge betrifft, die die Wirtschaft ausmachen. Und da haben wir manchmal investiert, manchmal Gewinne gemacht. Über einen längeren Zeitraum hin, denke ich, dass wir für die Kirche in Kärnten sehr erfolgreich gewirtschaftet und das Gut, das uns anvertraut wurde, bewahrt haben.“

Der nunmehrige Bischof von St. Pölten sagte, er sei dankbar und froh, dass es jetzt eine päpstlich angeordnete Visitation gebe. Er werde Erzbischof Franz Lackner unterstützen, sagte Schwarz. Im Interview mit dem ORF-Niederösterrreich zeigte sich Schwarz wegen der Vorwürfe gegen ihn „fassungslos“. Die Zölibats-Vorwürfe wollre er nicht auf sich sitzen lassen - mehr dazu in Schwarz „fassungslos“ über Vorwürfe.

Interview mit Schwarz vom 30.5.2008

Bereits im Jahr 2008 wurde Bischof Schwarz zu Vorwürfen seine Amtsführung und seinem Naheverhältnis zu Frauen gefragt.

Schwarz versprach bereits damals eine Änderung des Führungsstils und gemeinsame Entscheidungen, er wolle künftig die Information verbessern. Zu seinem privaten Umfeld und Frauen, die ein Naheverhältnis zu ihm haben sollen, sagte er, er habe verschiedene Lebenskreise. Manche berieten ihn offiziell, manche machten interne Arbeiten. Er bedaure es, wenn er Vermutungen ausgelöst habe. Seine Mitarbeiterinnen akzeptierten seine Lebensform, sie bildeten mit ihm einen inneren Lebenskreis. Personalfragen würden allerdings in diesem Kreis nicht angesprochen.

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Prüfbericht zum Nachlesen:

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