Reimo Wukonig in Liaunigs „Alte Freunde“

1964 haben sich Herbert Liaunig und Reimo Wukounig in einem Wiener Studentenheim kennengelernt. In der Reihe „Alte Freunde“ zeigt der Sammler in seinem Museum in Neuhaus/Suha derzeit einen Überblick über das Schaffen des Künstlers.

Am 5. März hat der aus Kärnten stammende Künstler Reimo Wukounig seinen 75. Geburtstag gefeiert - am selben Tag wie der von ihm so sehr verehrte italienische Filmregisseur Pier Paolo Passolini.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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Ende einer Kindheit in einer „deutschen“ Anstalt

Mit acht Jahren kam Reimo Wukounig in eine Knabenerziehungsanstalt. Damit hatte er nicht nur seine Mutter und die Heimat verloren, sondern auch die zweite Sprache seiner Kindheit: das Slowenische. Deutsch war die einzige Sprache, die in der Anstalt zugelassen war.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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„Wir haben wieder zueinander gefunden“

„Es ist wie bei einer Langspielplatte: Wir haben wieder zueinander gefunden“ sagt Reimo Wukounig über seine Ausstellung im Museum Liaunig. Kurz nachdem sich Herbert Liaunig und Reimo Wukounig 1964 kennengelernt hatten, kaufte der Sammler seine ersten beiden Arbeiten. Sie tragen heute die Inventarnummern 3 und 4.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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Liaunig: Reiz erster Bilder hat nie nachgelassen

Herbert Liaunig sagt über einen Künstler, der gerne Themen immer wieder aufnimmt: "Diese Thematik mit der einsamen Frauengestalt – er hat gestern gesagt – das wäre wieder ein Thema für heute: Diese Frau die mit dem Rücken zum Zuseher steht und der dunkle Mann im Hintergrund, der gerade vom Segelschiff absteigt, wäre etwas, was er wieder malen will. Mir haben beide Bilder damals spontan gefallen und der Reiz hat nie nachgelassen.“

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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Der Mensch in all seiner Verwundbarkeit, Not, Zerrissenheit und Angst, das ist das große Thema der Kunst von Reimo Wukounig. Mit acht Jahren kam er als Zögling Nr. 33 in die Erziehungsanstalt Harbach-Limmersach in der Missbrauch und Prügel an der Tagesordnung standen.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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„Die Wahrheit starb in einer kalten Nacht“

Reimo Wukounig: "Die Wahrheit starb in einer kalten Nacht. Die Wahrheit kann etwas sehr hässliches sein, aber wir haben die Kunst, damit wir an ihr – an der Wahrheit – nicht zugrunde gehen. Es ist für mich eine Richtschnur, nachdem ich zwangsläufig immer an meiner Biographie entlang stolpere und arbeite, sehr wesentlicher Begriff. Es ist die lebenslange Suche nach dem abstrakten Begriff Wahrheit.“

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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Das riesige Foto eines nackten Jungen steht am Beginn der Ausstellung, völlig schutzlos den Blicken ausgeliefert. Mit Schnittzeichnungen, die Ärmel, Hosen oder Handschuhe zeigen, will der Künstler diese gequälten Kinder wieder einkleiden, ihnen Schutz gewähren.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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Ein Außenseiter ohne Scheu vor Konflikten

Reimo Wukounig war und ist eine Ausnahmeerscheinung der österreichischen Kunst. Ein Außenseiter, der immer seinen eigenen Weg gegangen ist. Diskussionen oder gar Konflikte hat er dabei nie gescheut. Er machte nicht einmal bei seiner „herzallerliebsten Muttermalerin“ Maria Lassnig eine Ausnahme.

Wokounig: "Sie hat mich bei Ausstellungen immer wieder gefragt: Sag einmal, warum arbeitest du mit so einem Material, wohnst du neben einer Holz- oder Metallfabrik? Und ich habe ihr einmal die Gegenfrage gestellt: Du Malerin, Maria Lassnig, wohnst du neben einer Farbfabrik, weil du lebenslänglich glaubst, malen zu müssen?“.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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„Eingeheimatet“ werden als Herzenswunsch

Seine frühe Kindheit hat Reimo Wukounig in St. Kanzian am Klopeiner See verbracht. Heute würde er sich fast nichts mehr wünschen, als wieder in Südkärnten zu leben und zu arbeiten, wieder „eingeheimatet“ zu werden. Leider sei in der Kulturpolitik heute vieles nicht mehr möglich. Deshalb erzähle er die Geschichte von Oskar Kokoschka und Bruno Kreisky ganz bewusst immer wieder: "Dass der große internationale Maler Oskar Kokoschka, den man ehren wollte - nicht einmal österreichischer Staatsbürger ist und Kreisky sagte: das geht doch nicht. Dann melde ich ihn hier bei mir an – und das hat er gemacht.“

Sendungshinweis:

SSC am 1.9.2018

Ein Kreis schließt sich

1976 war Reimo Wukounigs Zöglingszyklus „Einatmen - Ausatmen“ bei der Biennale in Venedig zu sehen. Im gleichen Jahr stellte er auch im Wolfgang-Gurlitt-Museum in Linz, dem heutigen Lentos aus. Der Kunstexperte Peter Baum hatte diese Ausstellung möglich gemacht. Auch für ihn schließt sich mit der Ausstellungsserie „Alte Freunde“ im Museum Liaunig ein Kreis. Peter Baum: „Was hier bei dieser Ausstellungsreihe verbessert wird, ist die Bekanntmachung und Akzeptanz vieler Künstler, die aufgrund der Fülle an Künstlerpotentialen eine Aufwertung zu Recht erfahren.“

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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Ausstellung bis 28. Oktober geöffnet

In der Vergangenheit waren in diesem Ausstellungsformat bereits Arbeiten von Größen wie Karl Hikade oder Hans Staudacher zu sehen. Zur Ausstellung ist ein Katalog mit dem viel sagenden Titel: „Der Zweifel als Form“ erschienen. Die Ausstellung „Alte Freunde: Reimo Wukounig“ ist bis 28. Oktober geöffnet. Danach geht das Museum in Winterpause.

Reimo Wukounig in Alte Freunde im Museum Liaunig

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