Sachwalterschaft wird neu geregelt

Am 1. Juli tritt das neue Erwachsenenschutzgesetz in Kraft, das die bisherige Sachwalterschaft ersetzt. 4.000 Menschen in Kärnten sind davon betroffen, alle Fälle werden überprüft. In Villach fand dazu eine Fachtagung statt.

Das Ziel des neuen Gesetzes ist es, den Menschen soviel Selbstbestimmung zu lassen, wie möglich, anstatt sie wie unmündige Kinder zu behandeln. Wer bisher aufgrund einer geistigen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung einen Sachwalter bekam, konnte oft bis ans Lebensende nicht mehr über sein eigenes Geld verfügen, keine Verträge abschließen, weder Wohn- noch Urlaubsort bestimmen und ohne Zustimmung nicht einmal heiraten.

Auch Fälle von Menschenrechtsverletzungen

Immer wieder gebe es negative Erfahrungen mit Sachwaltern, sagte Kurt Senekovic vom Verein „Achterbahn“, einer Plattform für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Sachwalter würden sich um die Klienten oft nicht kümmer, es gebe oft monatelang keinen Kontakt. Dann werde es schwierig, denn wenn man die Situation des Klienten nicht sehe, werde man nichts tun, um sie zu ändern. Behindertenanwältin Isabella Scheiflinger sagte, es gebe viele Beschwerdefälle wo es um massive rechtliche Probleme und auch Menschenrechtsverletzungen gehe.

„Schwelle deutlich hinaufgesetzt“

Das neue Gesetz bringt vier abgestufte Formen der Vertretung: In den ersten beiden können Betroffene selbst eine Vertrauensperson als Erwachsenenvertreter auswählen oder jemanden mit eine Vorsorgevollmacht ausstatten, sagt Robert Müller vom VertretungsNetz Graz: „Der Grundsatz lautet, jemand wir nur dann vertreten, wenn er das selbst will oder wenn es unvermeidlich ist. Dieses Wort unvermeidlich ist sehr wichtig.“ In diesem Fall können nahe Angehörige als gesetzliche Vertreter eingesetzt werden. In der vierten Stufe bestimmt ein Gericht als Ausnahme einen gesetzlichen Vertreter, wobei laut Müller das neue Prinzip herrscht, dass der Wunsch des Betroffenen immer zu respektieren sei, außer es würde zu erheblichen Problemen führen. „Die Schwelle für Fremdbestimmung wird deutlich hinaufgesetzt.“

„Lernprozess für alle“

Eine gerichtliche Vertretung ist jeweils auf drei Jahre befristet. Die 4.000 bestehenden Sachwalterschaften in Kärnten werden nun alle überprüft und bis Ende 2023 an das neue Gesetz angepasst. Das werde ein Lernprozess für alle, sagte der steirische Behindertenanwalt Siegfried Suppan von der Länderkonferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderung. Wenn man sein Leben lang keine Entscheidungen getroffen habe, müsse man das erst lernen. „Ein wichtiger Punkt wird sein, dass Menschen mit Behinderung die richtigen Personen finden, die ihnen dabei helfen, ihre Entscheidungen selbst treffen zu können.“

Mehr Sozialarbeiter nötig

Behindertenanwältin Scheiflinger sagte, man brauche mehr Erwachsenensozialarbeiter, wenn man die Ziele des Gesetzes ehrlich umsetzen wolle. Diese könnten z.B. bei einem betreuten Bankkonto oder bei Behördenwegen unterstützen. Hilfe zur Selbsthilfe bieten will auch eine neue Interessenvertretung für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Sie steht in Kärnten kurz vor der Vereinsgründung.

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