Tagung: Ist der Mensch noch zeitgemäß?

Das „Anthropozän“, das Erdzeitalter des Menschen, ist Thema einer Forschertagung am Fuße des Großglockners. Diskutiert wird angesichts rasanter Klimaveränderung vor allem eine Frage: „Ist der Mensch noch zeitgemäß?“

Das erstmals in Großkirchheim stattfindende „Forum Anthropozän“ dauert bis einschließlich Samstag und soll zum alljährlichen Treffen für Wissenschafter und Zukunftsdenkende werden. Initiiert wurde die Veranstaltung von Managertrainerin Sabine Seidler. Die Teilnehmer gehen der Frage nach, wie sich Menschen wieder verstärkt als Einheit mit der Natur verstehen und erleben können und wie Innovation eine nachhaltige Entwicklung fördern kann.

Der Begriff Anthropozän bezeichnet den Eintritt in eine neue, vom Menschen geprägte Epoche der Erdgeschichte. Er wurde unter anderem von Nobelpreisträger Paul Crutzen geprägt. Er geht davon aus, dass die Lebensbedingungen auf der Erde vom Menschen rasant verändert werden.

Eines der Fachreferate wirft die Frage auf: „Ist der Mensch noch zeitgemäß?“ Referenten sind unter anderem der Geologe Michael Wagreich und der Filmemacher Werner Boote, der sich in seinen Dokumentarfilmen unter anderem mit Umweltverschmutzung und Überbevölkerung beschäftigte.

Der Plastikplanet

Welchen Einfluss der Mensch auf die Natur ausübt, verdeutliche die weltweite Plastikproduktion seit 1950, hieß es bei der Eröffnung des Forums. Diese sei mit fünf Milliarden Tonnen groß genug, um den gesamten Planeten mit Plastikfolie einzuwickeln. Der wachsende Plastikabfall entwickele sich zu einem zunehmenden Umweltproblem: wie Plastikinseln in den Ozeanen und Mikroplastikteilchen, die mittlerweile nahezu überall vorkommen - in Gletschereis, Flussablagerungen und in der Tiefsee.

Geologe: „Ich bin optimistisch“

Der Geologe Michael Wagreich von der Universität Wien sagte am Donnerstag, dass „die Folgen menschlicher Eingriffe in das System „Erde“ längst in den geologischen Ablagerungen zu finden und archiviert sind.“ Das bedeute auch eine Unumkehrbarkeit des globalen Wandels. "Der Mensch bleibt nur dann zeitgemäß, wenn sich die Menschheit anpassen kann. Doch dahingehend bin ich optimistisch.“

Die Gattung Mensch gefährdet sich selbst

Die Herausforderung für die Zukunft sei aber nicht eine technologische, sagte Horst Peter Groß, Präsident des Klagenfurter Universitäts.club: „Das Anthropozän ist vielmehr eine gesellschaftspolitische Herausforderung.“ Denn immerhin sei der eine Gattung, die sich langfristig selbst gefährde.

Peter Granig, Rektor der Fachhochschule Kärnten, forderte in diesem Zusammenhang die Gesellschaft auf, die Verantwortung für die Natur wahrzunehmen. „Wenn die Menschheit weiter wirtschaftet, wie in den letzten 100 Jahren, beschädigt sie die Natur und damit die eigene Existenzgrundlage unwiderruflich."

Haselböck: Wirtschaft muss umdenken

Thema des Forums waren natürlich auch Lösungsperspektiven für die Zukunft. „Social Entrepreneurs“, sozial engagierte Unternehmer, seien eine Chance für einen tiefgreifenden Wandel, sagte Karin Haselböck, Strategieentwicklerin bei Ashoka Austria, ein Netzwerk von Sozialunternehmern: „Diese Pioniere lösen mit innovativen Konzepten, Kreativität und unternehmerischem Können ökologische, soziale und gesellschaftliche Probleme.“ Seit 1980 suche und unterstütze Ashoka mehr als 3.400 Sozialunternehmer weltweit.

Filmemacher Werner Boote ist überzeugt: „Wenn immer mehr Menschen die zerstörerischen Mechanismen der Konzerne und des deregulierten Kapitalismus verstehen, wird es uns gelingen, ein demokratisches Weltwirtschaftssystem zu schaffen um das zu schützen, was wir am meisten brauchen: das Recht der Menschen und die Rechte der Natur.“

Link: