Kroatengedenken: Experte widerspricht Behörde

Das Mauthausen-Komitee hat den Verfassungsexperten Bernd-Christian Funk ersucht, ein Gutachten zur kroatischen Ustascha-Gedenkfeier auf dem Loibacher Feld zu erstellen. Er widerspricht nun darin der Behörde, die sagt, sie könne das Treffen nicht unterbinden.

Das Gutachten behandelt die Rechtslage bei der jährlichen Ustascha-Veranstaltung in Bleiburg/Pliberk, so das Mauthausen-Komitee (MKÖ) am Montag in einer Aussendung. Das mittlerweile größte Faschistentreffen Europas soll heuer am 12. Mai stattfinden und stößt auf breite Proteste - mehr dazu in Gedenkfeier: Erstmals Gegendemos angemeldet. MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi sagte, man sei Funk sehr dankbar. „Nicht nur, weil er auf ein Honorar verzichtet. Sondern noch mehr, weil er die Ausreden der Behörden überzeugend widerlegt. Tatsächlich haben diese sehr gute Möglichkeiten, gegen das rechtsextreme Spektakel vorzugehen.“

Bleiburg Kriegsgedenken Kroaten Loibacher Feld

ORF/Peter Matha

Laut Funk ist die Messe selbst nicht Sache der Behörde, sehr wohl aber das Rundherum. Dieses unterliege dem Versammlungsgesetz.

Veranstaltung unterliegt Versammlungsgesetz

Funk betont in seinem Gutachten, dass die Veranstaltung - abgesehen von der Gedenkmesse - dem Versammlungsgesetz unterliege. Die zuständige Behörde sei verpflichtet, auf die Einhaltung des Gesetzes (Anzeigepflicht, Untersagungstatbestände, Ordnungsdienst, Überwachung, Auflösung) zu achten und gegebenenfalls einzuschreiten. Besonders Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen widerspreche, seien zu untersagen. Zu berücksichtigen sei das gesamte Strafrecht - etwa auch die Tatbestände der Verhetzung und der Gutheißung von Straftaten.

Auslieferung durch Briten

Die Gedenkfeier findet für jene Menschen statt, die von den Briten am Ende des Zweiten Weltkriegs an die siegreichen kommunistischen Partisanen ausgeliefert wurden. Sie waren nach Österreich geflüchtet, nachdem Nazi-Deutschland kapituliert hatte, und ergaben sich den Briten. Darunter waren Zivilisten, aber auch Kämpfer der rechtsextremen Ustascha. Nach der Auslieferung kam es zu Massakern.

Alle Verletzungen des NS-Verbotsgesetzes seien behördlich zu verfolgen. Zwar fallen spezifische Symbole des kroatischen Ustascha-Faschismus nicht unter dieses Gesetz. Es genüge aber, wenn kroatische Embleme das Hakenkreuz enthielten oder NS-Organisationen (wie der 13. „kroatischen“ Waffen-SS-Division) zuzuordnen seien, heißt es weiter im Gutachten.

„Treffen verbieten“

Helmut Edelmayr, Gründungsmitglied des Mauthausen-Komitees Österreich: „Am Ende des Kurzgutachtens wird unmissverständlich festgehalten, dass weder die katholische Messfeier noch die Abhaltung der Versammlung auf einem Privatgrundstück die Behörden und Exekutivorgane von ihren Überwachungs- und Interventionspflichten befreien. Ein absichtliches ‚Wegsehen‘ könnte den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt erfüllen.“ Das Mauthausen-Komitee fordert nun, das Treffen zu verbieten.

„Nur kirchliche Messe nicht Sache der Behörde“

Die österreichischen und katholischen Instanzen hätten vereinbart, dass bei der Messfeier weder Fahnen noch Abzeichen, Uniformen oder provozierende T-Shirts verwendet werden sollen. Verboten seien auch Zelte und Alkoholausschank, so Funk in seinem Gutachten, das entbinde die österreichischen Behörden aber nicht von ihrer Verantwortung, für die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu sorgen.

Die Gedenkmesse unterliege nicht der behördlichen Aufsicht und erlaube kein Eingreifen, solange der Charakter als religiöse Feier gewahrt werde. Das Geschehen rund um die Gedenkmesse unterliege aber uneingeschränkt der Überwachung, so das Gutachten. Diese Zusammenkunft unterliege dem Versammlungsgesetz weil die Kundgabe von Meinungen und politischen Erklärungen das Treffen als eine Versammlung qualifizieren. Damit könne das Treffen auch aufgelöst werden, so Funk. Ein Untersagungsgrund wäre laut Funk-Gutachten, wenn die Versammlung dem Strafgesetz zuwiderläuft, zum Beispiel beim österreichischen Verbotsgesetz.

„Behörden dürfen nicht wegsehen“

Wörtlich heißt es im Gutachten: „Weder die Tatsache der Nachbarschaft zu einer katholischen Messfeier noch der Umstand, dass die Vorgänge auf privatem Grund stattfinden, noch das Vorliegen zweier, nicht identischer Faschismen befreien die Behörden und Exekutivorgane von ihren gesetzlichen Überwachungs- und Interventionspflichten. Ein absichtliches ‚Wegsehen‘ könnte den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt erfüllen.“

Kaiser: Juristen zweifeln Gutachten an

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte am Mittwoch dazu, Juristen des Innenministeriums hätten den Behörden klare rechtliche Grundlagen vorgegeben, sie zweifeln das Gutachten an. Er werde sich aber nicht zum Schiedsrichter aufspielen. Aufgabe der Sicherheitskräfte sei es, dass es am 12. Mai zu keiner Eskalation komme und dass die Auflagen eingehalten werden. Er hoffe, dass es diese Veranstaltung längere Zeit nicht mehr geben werde.

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