Nach Benger-Rücktritt wackelt Koalition

Der Kärntner ÖVP-Landesparteiobmann Christian Benger ist wenige Tage nach der Verkündung der SPÖ-ÖVP-Koalition zurückgetreten. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte alle Termine mit der ÖVP ab, er fühle sich nicht mehr an die Vereinbarungen gebunden.

Bengers Rücktritt kam am Mittwoch für die Öffentlichkeit und wohl auch den künftigen Koalitionspartner völlig überraschend. Benger informierte Landeshauptmann Kaiser und wandte sich dann mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit: „Das oberste Ziel der Kärntner Volkspartei war es, Regierungsverantwortung zu übernehmen und dieses Land gestalten zu können. Es ist gelungen, Koalitionsverhandlungen auf Augenhöhe zu führen.“ Erstmals seit 1999 habe die ÖVP zwei Landesräte in der Regierung, so Benger.

Christian Benger Rücktritt

APA/Gert Eggenberger

Benger nach seiner vierminütigen Pressekonferenz

„Kein Einfluss auf Ausverhandeltes“

Er bedankte sich beim Verhandlungsteam und meinte, er könne dem Koalitionspartner eine „stabile, arbeitswillige Kärntner Volkspartei übergeben“, die das Land gemeinsam mit der SPÖ gestalten wolle und pakttreu zu den ausgehandelten Themen stehe. Seine Entscheidung habe „keinen Einfluss auf das ausverhandelte Koalitionspapier“, so Benger. Es gehe nicht um Köpfe, sondern um zwei Parteien, die verhandelt hätten.

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„Grüß Gott und Aufwiedersehen“

Obmann Christian Benger kehrte am Mittwoch überraschend der Politik den Rücken

SPÖ sagt alle Termine ab

Landeshauptmann Kaiser sieht das offenbar anders. Er sagte, er fühle sich an nichts gebunden, was ausgehandelt wurde. „Eine solche Vorgehensweise hat es meines Wissens nach in dieser Form noch nicht gegeben.“ Außerdem sagte er alle Termine mit der ÖVP vorläufig ab, er warte auf weitere ÖVP-Entscheidungen und schließe nichts aus. Es könnte also für Koalitionsverhandlungen heißen: zurück an den Start. Am Nachmittag wird das Verhandlungsteam der SPÖ die neue Situation besprechen, in den nächsten Tagen werde dann in den Parteigremien diskutiert.

„Enormer Druck auf Benger“

Einen Automatismus, dass die Koalitionsvereinbarung einfach mit neuen Köpfen fortgesetzt werden könne, sieht Kaiser nicht. Es sei nicht akzeptabel, dass die versprochene personelle Kontinuität nach der Einigung auf die politische Zusammenarbeit in dieser Form gebrochen werde. Er könne die Entscheidung Bengers verstehen und akzeptiere sie persönlich auch. Aber politisch sei das in der Weise nicht akzeptabel. Kaiser sagte weiters, auf Benger sei „enormster Druck“ ausgeübt worden, sein Amt niederzulegen. Das sei nicht vertrauengewinnend. Offenbar greife hier Wien ein, meinte Kaiser. Neuverhandlungen mit anderen Parteien schloss Kaiser nicht aus.

Benger Rücktritt Screenshot Land Kärnten

Land Kärnten Screenshot

Am Donnerstag hätte das erste Interview der neuen Koalition im Livestream stattfinden sollen

Mitte März Obmanndebatte dementiert

Noch bei den Sondierungsgesprächen zwischen SPÖ und ÖVP im März hatte die ÖVP eine Obmanndebatte dementiert. Benger selbst sagte, es gebe keine Personaldebatte - mehr dazu in Marathonverhandlung zwischen SPÖ und ÖVP (kaernten.ORF.at; 14.3.2018). Kaiser sagte damals, er habe das Thema angesprochen, und es sei sehr deutlich gemacht worden, „dass jene, mit denen wir verhandeln, auch jene sind, mit denen wir regieren“.

Koalition SPÖ ÖVP steht Benger Kaiser Landhaus

ORF

Handshake und besiegelte Koalition am 28. März, Rücktritt Bengers am 4. April

Benger selbst unterstrich Mitte März, er sei an der Spitze der Partei „der erste Mann“, und das werde auch für die Legislaturperiode so bleiben. Er werde auch beim Landesparteitag im Sommer wieder als Obmann kandidieren. Am 4. April ist nun alles anders, Benger wirft das Handtuch, noch bevor das Regierungsprogramm präsentiert wurde, das war für kommenden Freitag geplant - mehr dazu in Regierungspakt wird am Freitag fixiert.

Als mögliche Nachfolger werden einige Namen genannt, darunter Peter Weidinger und Christian Poglitsch (er war bei den Koalitionsverhandlungen im Team). Der St. Veiter ÖVP-Stadtparteiobmann Rudi Egger soll sich selbst ins Spiel gebracht haben.

Politologin: SPÖ hinters Licht geführt

Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle sagte dazu, der Zeitpunkt des Rücktritts sei überraschend. Nach der Wahl sei sein Rücktritt erwartet worden, Benger selbst habe das aber immer dementiert. Es sei fast ein Affront gegen die SPÖ, denn Kaiser habe betont, er wolle mit jenen verhandeln, mit denen er dann in der Regierung am Tisch sitzt. „So gesehen hat ihn die ÖVP fast hinters Licht geführt.“ Jede Partei habe ihre Flügel, die ÖVP habe noch mehr, so Stainer-Hämmerle. Es gebe viele Interessen und auch einige Bürgermeister, die eine Rolle spielen. Es wäre eine Blamage für die Partei, wenn der weitere Regierungsfahrplan verschoben werden müsste. Für 12. April ist ja bereits die konstituierende Sitzung des Landtags geplant.

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„Ein Risiko für die ÖVP“

Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle analysiert die Folgen des Rücktritts im ORF-Interview mit Romy Sigott-Klippstätter.

Kurz: Zu respektieren

ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz reagierte am Mittwoch in einer Aussendung auf den Rücktritt Bengers und dankte diesem für seinen Einsatz: „Christian Benger hat mich über seinen Schritt informiert, der zu respektieren ist.“

FPÖ: „Elchtest“ nicht bestanden

FPÖ-Obmann Gernot Darmann sagte, die Koalition habe schon vor dem Start den ersten „Elchtest“ nicht bestanden. Kaiser habe als Grundbedingung für Koalitionsverhandlungen mehrfach gefordert, „dass jene, mit denen wir verhandeln, auch jene sind, mit denen wir regieren“, nun sei ihm aber noch vor Unterfertigung des Koalitionsvertrages der schwarze Chefverhandler und Parteiobmann abhandengekommen.

Team Kärnten: Vertrauen am Nullpunkt

Das Team Kärnten sagte in einer Reaktion, die Koalitionsbedingung der SPÖ sei Verlässlichkeit des Partners gewesen, das habe die ÖVP in „vollster Brutalität“ gebrochen. Obmann Gerhard Köfer meinte, sollte sich diese Koalition angeloben lassen, werde sie von Beginn an mit Misstrauen ausgestattet sein. Das Vertrauen der Bevölkerung, insbesondere in die ÖVP, sei am absoluten Nullpunkt angelangt.

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