Nach Benger-Rücktritt wackelt Koalition
Bengers Rücktritt kam am Mittwoch für die Öffentlichkeit und wohl auch den künftigen Koalitionspartner völlig überraschend. Benger informierte Landeshauptmann Kaiser und wandte sich dann mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit: „Das oberste Ziel der Kärntner Volkspartei war es, Regierungsverantwortung zu übernehmen und dieses Land gestalten zu können. Es ist gelungen, Koalitionsverhandlungen auf Augenhöhe zu führen.“ Erstmals seit 1999 habe die ÖVP zwei Landesräte in der Regierung, so Benger.
APA/Gert Eggenberger
„Kein Einfluss auf Ausverhandeltes“
Er bedankte sich beim Verhandlungsteam und meinte, er könne dem Koalitionspartner eine „stabile, arbeitswillige Kärntner Volkspartei übergeben“, die das Land gemeinsam mit der SPÖ gestalten wolle und pakttreu zu den ausgehandelten Themen stehe. Seine Entscheidung habe „keinen Einfluss auf das ausverhandelte Koalitionspapier“, so Benger. Es gehe nicht um Köpfe, sondern um zwei Parteien, die verhandelt hätten.
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„Grüß Gott und Aufwiedersehen“
Obmann Christian Benger kehrte am Mittwoch überraschend der Politik den Rücken
SPÖ sagt alle Termine ab
Landeshauptmann Kaiser sieht das offenbar anders. Er sagte, er fühle sich an nichts gebunden, was ausgehandelt wurde. „Eine solche Vorgehensweise hat es meines Wissens nach in dieser Form noch nicht gegeben.“ Außerdem sagte er alle Termine mit der ÖVP vorläufig ab, er warte auf weitere ÖVP-Entscheidungen und schließe nichts aus. Es könnte also für Koalitionsverhandlungen heißen: zurück an den Start. Am Nachmittag wird das Verhandlungsteam der SPÖ die neue Situation besprechen, in den nächsten Tagen werde dann in den Parteigremien diskutiert.
„Enormer Druck auf Benger“
Einen Automatismus, dass die Koalitionsvereinbarung einfach mit neuen Köpfen fortgesetzt werden könne, sieht Kaiser nicht. Es sei nicht akzeptabel, dass die versprochene personelle Kontinuität nach der Einigung auf die politische Zusammenarbeit in dieser Form gebrochen werde. Er könne die Entscheidung Bengers verstehen und akzeptiere sie persönlich auch. Aber politisch sei das in der Weise nicht akzeptabel. Kaiser sagte weiters, auf Benger sei „enormster Druck“ ausgeübt worden, sein Amt niederzulegen. Das sei nicht vertrauengewinnend. Offenbar greife hier Wien ein, meinte Kaiser. Neuverhandlungen mit anderen Parteien schloss Kaiser nicht aus.
Land Kärnten Screenshot
Mitte März Obmanndebatte dementiert
Noch bei den Sondierungsgesprächen zwischen SPÖ und ÖVP im März hatte die ÖVP eine Obmanndebatte dementiert. Benger selbst sagte, es gebe keine Personaldebatte - mehr dazu in Marathonverhandlung zwischen SPÖ und ÖVP (kaernten.ORF.at; 14.3.2018). Kaiser sagte damals, er habe das Thema angesprochen, und es sei sehr deutlich gemacht worden, „dass jene, mit denen wir verhandeln, auch jene sind, mit denen wir regieren“.
ORF
Benger selbst unterstrich Mitte März, er sei an der Spitze der Partei „der erste Mann“, und das werde auch für die Legislaturperiode so bleiben. Er werde auch beim Landesparteitag im Sommer wieder als Obmann kandidieren. Am 4. April ist nun alles anders, Benger wirft das Handtuch, noch bevor das Regierungsprogramm präsentiert wurde, das war für kommenden Freitag geplant - mehr dazu in Regierungspakt wird am Freitag fixiert.
Als mögliche Nachfolger werden einige Namen genannt, darunter Peter Weidinger und Christian Poglitsch (er war bei den Koalitionsverhandlungen im Team). Der St. Veiter ÖVP-Stadtparteiobmann Rudi Egger soll sich selbst ins Spiel gebracht haben.
Politologin: SPÖ hinters Licht geführt
Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle sagte dazu, der Zeitpunkt des Rücktritts sei überraschend. Nach der Wahl sei sein Rücktritt erwartet worden, Benger selbst habe das aber immer dementiert. Es sei fast ein Affront gegen die SPÖ, denn Kaiser habe betont, er wolle mit jenen verhandeln, mit denen er dann in der Regierung am Tisch sitzt. „So gesehen hat ihn die ÖVP fast hinters Licht geführt.“ Jede Partei habe ihre Flügel, die ÖVP habe noch mehr, so Stainer-Hämmerle. Es gebe viele Interessen und auch einige Bürgermeister, die eine Rolle spielen. Es wäre eine Blamage für die Partei, wenn der weitere Regierungsfahrplan verschoben werden müsste. Für 12. April ist ja bereits die konstituierende Sitzung des Landtags geplant.
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„Ein Risiko für die ÖVP“
Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle analysiert die Folgen des Rücktritts im ORF-Interview mit Romy Sigott-Klippstätter.
Kurz: Zu respektieren
ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz reagierte am Mittwoch in einer Aussendung auf den Rücktritt Bengers und dankte diesem für seinen Einsatz: „Christian Benger hat mich über seinen Schritt informiert, der zu respektieren ist.“
FPÖ: „Elchtest“ nicht bestanden
FPÖ-Obmann Gernot Darmann sagte, die Koalition habe schon vor dem Start den ersten „Elchtest“ nicht bestanden. Kaiser habe als Grundbedingung für Koalitionsverhandlungen mehrfach gefordert, „dass jene, mit denen wir verhandeln, auch jene sind, mit denen wir regieren“, nun sei ihm aber noch vor Unterfertigung des Koalitionsvertrages der schwarze Chefverhandler und Parteiobmann abhandengekommen.
Team Kärnten: Vertrauen am Nullpunkt
Das Team Kärnten sagte in einer Reaktion, die Koalitionsbedingung der SPÖ sei Verlässlichkeit des Partners gewesen, das habe die ÖVP in „vollster Brutalität“ gebrochen. Obmann Gerhard Köfer meinte, sollte sich diese Koalition angeloben lassen, werde sie von Beginn an mit Misstrauen ausgestattet sein. Das Vertrauen der Bevölkerung, insbesondere in die ÖVP, sei am absoluten Nullpunkt angelangt.