SPÖ und ÖVP einigen sich auf Zusammenarbeit

Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP wurde am Mittwoch, schneller als erwartet, ein Durchbruch erzielt. SPÖ und ÖVP traten gemeinsam vor die Presse und verkündeten Einzelheiten der Einigung.

Die Koalitionsverhandlungen wurden am Mittwochvormittag in Kleingruppen, am Nachmittag dann in der großen Runde fortgesetzt. Dabei ist es zu einem inhaltlichen Durchbruch in den Verhandlungen gekommen. Um 15.45 Uhr traten SPÖ und ÖVP in einer gemeinsamen Pressekonferenz vor die wartenden Journalisten und präsentierten inhaltliche Punkte der Einigung.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Wie stark ist die neue Koalition?

Eine erste Analyse von ORF-Politikredakteurin Martina Steiner zur neuen Koalition.

Ressorts SPÖ

Abt. 1: Strategische Landesentwicklung, Personal, Verfassung, Staatsbürgerschaft, Protokoll und Verwaltung, EU, Internationales und Volksgruppen
Abt. 2: Bildung und Sport, Kunst und Kultur
Abt. 3: Gesundheit und Krankenanstalten, Lebensmittelaufsicht, Veterinärwesen, Tierschutz, Landarbeiterkammer
Abt. 4: Soziales
Abt. 5: Finanzen und Beteiligungen, Landesimmobilienmanagement
Abt. 6: Hochtechnologie, Breitband, Angelegenheiten der wirtschaftlichen, technischen und industriellen Forschung und Entwicklung, Betriebsansiedelung und Betriebsentwicklung
Abt. 7: Gemeinden, Raumordnung, Orts- und Regionalentwicklung, Feuerwehrwesen, Katastrophenschutz
Abt. 8: Wasserwirtschaft
Abt. 9: Gesellschaft; Grundversorgung und Integration
Abt. 10: Umwelt, Naturschutz, Abfallwirtschaft, Klimaschutz; National- und Biosphärenpark

Ressortverteilung fix

Die SPÖ erhält die Hoheit über ein allgemeines Bildungsressort. Dieses Ressort umfasst auch die Agenden Personal, Sport, Kunst und Kultur. Bei den Sozialdemokraten verbleiben unter anderem auch die Ressorts Finanzen, Beteiligungen, Entwicklung und Forschung sowie das Ressort Gesundheit und Soziales, das Referat Gemeinden und Raumordnung mit Feuerwehr und Katastrophenschutz und das Gesellschaftsressort (Frauen, Jugend und Integration). Der Tierschutz und die Lebensmittelaufsicht wandert von der ÖVP zur SPÖ.

Im Gegenzug erhält die ÖVP ein großes Straßenbaureferat mit mehr Budget. In dieses Ressort werden die Landesstraßen mit dem ländlichen Wegenetz zusammengelegt. Letzteres war schon immer in ÖVP-Hand. Dazu erhält die Volkspartei die Ressorts Wirtschaft, Industrie und Tourismus, weiters Land- und Forstwirtschaft mit Jagd und Fischerei und auch das Infrastrukturressort mit Straßenverkehr und Mobilität.

Personalentscheidungen nach Ostern

Fix ist die zahlenmäßige Verteilung der Landesregierung. Diese wird künftig auch wieder sieben Regierungsmitglieder umfassen. Fünf davon werden von der SPÖ gestellt, zwei von der ÖVP. Personelle Fragen sollen erst nach Ostern entschieden werden, so SPÖ-Chef Peter Kaiser und ÖVP-Chef Christian Benger einhellig. Als nächster Schritt wird der Koalitionspakt der jeweiligen Basis vorgelegt, die zustimmen muss. Die SPÖ wird das am 7. April bei einer Kärnten-Konferenz tun. Am 9. April folgt dann der Beschluss im SPÖ-Vorstand.

Ressorts ÖVP

Abt. 11: Wirtschaft, Handel und Export, Industrie; Tourismus und touristische Beteiligungen, Tourismusinfrastruktur; Baurecht, Bauordnung, Anlagenrecht
Abt. 12: Verkehr, Logistik; Straßen und Brücken
Abt. 13: Land-und Forstwirtschaft, ländliches Wegenetz; Jagdwesen und Fischereirecht; Orts- und Regionalentwicklung und ländliche Entwicklung

Auch die ÖVP lässt über die Koalitionsvereinbarung abstimmen, ebenfalls am 7. April. Erst danach wollen die Parteichefs bekanntgeben, wer die neuen Gesichter in der siebenköpfigen Landesregierung sind. Als fix gelten natürlich SPÖ-Landeshauptmann Kaiser, aber auch seine beiden Stellvertreterinnen Gaby Schaunig und Beate Prettner sowie ÖVP-Chef Benger. Am 11. April wollen Kaiser und Benger Details ihres Regierungsprogramms der Öffentlichkeit vorstellen. Am Tag darauf, am 12. April, sind die Wahl des Landeshauptmannes und die Angelobung der Landesregierung in der konstituierenden Sitzung des neuen Landtages geplant.

Verhandlungen über „Kärnten-Paket“

Auch über das von Kaiser geforderte „Kärnten-Paket“ an den Bund soll erst in der neuen Landesregierung verhandelt werden. „Wir haben den Weg dorthin skizziert. Es wird über die neue Regierung, sobald sie im Amt ist, eine Feststellung jener Agenden geben, die Bundesrelevanz haben. Dann werden wir das zusammenfassen und gemeinsam mit den zuständigen Fachministern verhandeln“, so Kaiser.

Strittige Punkte ausgeräumt

Schon in einer ersten Stellungnahme am Vormittag rechnete Kaiser mit einer raschen Einigung mit der ÖVP. Strittige Fragen seien schnell ausgeräumt worden. „Die Gespräche, die wir geführt haben, waren nicht nur konstruktiv, sondern sie waren auf Augenhöhe. Wir sind uns in vielen Punkten so schnell einig gewesen, dass ich manchmal erschreckt bin“, so ÖVP-Chef Benger. Ein großes Thema in den Verhandlungen waren immer wieder die bestehenden Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung, beispielsweise im Schulwesen und im Straßenbau.

Koalition SPÖ ÖVP steht Benger Kaiser Landhaus

ORF

Einigung nach nur wenigen Tagen Verhandlung

Wie stark die selbst ernannte „Kärnten-Koalition“ wirklich ist, wird sich spätestens dann herausstellen, wenn es die ersten Unstimmigkeiten gibt. Dann ist Lösungskompetenz gefragt. Laut der Verfassungsreform gilt in der Regierung das Einstimmigkeitsprinzip, d. h. alle Beschlüsse müssen ohne Gegenstimme getroffen werden. SPÖ und ÖVP sind also im Erfolg der Koalition untrennbar aufeinander angewiesen.

SPÖ ÖVP Koalitionsverhandlungen

ORF

Rückblick: 52 Punkte wurden verhandelt

Bereits in der ersten Verhandlungsrunde in der Vorwoche hieß es, es seien bereits einige Punkte außer Streit gestellt worden. 52 Punkte standen auf der Verhandlungsordnung. Das größte Hindernis für eine Zusammenarbeit zwischen SPÖ und ÖVP wurde bereits im Vorfeld beseitigt, nämlich die Forderung von ÖVP-Chef Benger nach Einsparungen in Höhe von 140 Millionen Euro pro Jahr bei den Landesspitälern - mehr dazu in Erste Runde der Koalitionsverhandlungen.

Darmann schießt sich auf ÖVP ein

In einer ersten Reaktion nach der Bekanntgabe der rot-schwarzen Koalition erklärte der Kärntner FPÖ-Chef Gernot Darmann, dass nun ein parteipolitisch motivierter rot-schwarzer Oppositionskurs gegen die türkis-blaue Bundesregierung statt konstruktiver Zusammenarbeit in Kärnten drohe. Darmann schießt sich hierbei besonders auf die ÖVP ein: „Bei der ÖVP Kärnten wird sich zeigen, ob sie auf der Seite des Landes Kärnten oder ob sie auf der Seite der SPÖ-Parteizentrale in Wien steht“, so Darmann. Weiters habe sich bestätigt, dass es der ÖVP „nur um Postenschacher, den Ausbau der eigenen Macht und die Aufteilung der Pfründe gehe“, so Darmann.

Köfer: „Koalition mit schwächstem Partner“

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch das Team Kärnten. In einer Aussendung erklärte Gerhard Köfer, dass die SPÖ eine Koalition mit dem schwächsten Partner eingegangen sei. „Benger und Co. haben Grundsätze, Wahlkampfversprechen und Forderungen in Rekordzeit über Bord geworfen, um möglichst schnell bei der SPÖ koalitionären Unterschlupf finden zu können“, so Köfer. Die rot-schwarze Koalition bezeichnet Köfer als „Oster-Koalition“. Damit sei der Wunsch verbunden, dass „SPÖ und ÖVP zukünftig eine Koalition bilden werden, die nicht nur gackert, sondern auch Eier legt“.

Links: