Geschichte in jahrhundertealten Versen

Die Klagenfurter Reimchronik bietet einen einzigartigen Einblick in die Geschichte der Landeshauptstadt. In fast 1.400 Versen wird berichtet, was sich zwischen 1511 und 1608 ereignete - von der Pest bis zu den Türken.

„30 Personen gestorben an der Pest - als dann Gott von der Straf’ erliest. Viel’ Hundert wurden mit Gottesgnaden g’sund von ihren vergüften Schaden“ - so lautet einer der Verse der Reimchronik. Dass im Jahr 1601 nur 30 Menschen in Klagenfurt an der Pest starben und hunderte überlebten war laut der Reimchronik der Gnade Gottes zu verdanken. Genau so wie einmal, als der Regen kam und die Feuersbrunst sich nicht weiter in der Stadt ausbreitete. Die Menschen fühlten sich diesen Ereignissen hilflos ausgeliefert und suchten daher Zuflucht im Glauben.

Angst vor den Türken

Angst machte den Menschen des 16. Jahrhunderts auch die Bedrohung durch die Türken, erklärt Historikerin Elisabeth Lobenwein. In der Reimchronik wurde in knapper Form darauf hingewiesen, dass wieder einige Städte von den Osmanen eingenommen wurden. „Das zeugt davon, dass das von den Zeitgenossen sehr aufmerksam mitverfolgt wurde. Es schwebte immer ein bisschen Angst mit, dass sie irgendwann einmal vor der Türe stehen könnten. Man sieht das vor allem seit der ersten Wiener Türkenbelagerung im Jahr 1529, dass so etwas doch sehr schnell real werden konnte.“

Klagenfurter Reimchronik

ORF/Michaela Monschein

Das Original der Reimchronik ist zwar nicht mehr erhalten, die älteste Abschrift stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.

Fundgrube für Historiker

Die Reimchronik macht die Vielfalt der behandelten Themen zu einer wahren Fundgrube für Historiker. Nur zwei Beispiele: 1518 erfolgte die Übergabe der Stadt durch Maximilian I. an die Landstände und 1588 die Wahl des ersten Klagenfurter Bürgermeisters Christoph Windisch.

Politische Entscheidungen nehmen einen breiten Raum ein. Aber auch die Verbreitung von Martin Luthers Gedankengut in Kärnten ist ein wichtiges Thema: 1563 wurde die erste Messe in deutscher Sprache in Klagenfurt gelesen und zwar - laut Chronik - von dem aus Böhmen stammenden Martin Khnor. Um 1600 war die Gegenreformation in Kärnten in vollem Gange. Die umfangreichen Einträge in der Chronik weisen darauf hin, dass der Verfasser Augenzeuge gewesen sein dürfte.

Mehrere Theorien zu Verfasser

Wer die älteste Abschrift der Reimchronik Mitte des 17. Jahrhunderts erstellte ist nicht bekannt. Auch beim Verfasser des nicht mehr erhaltenen Originals gibt es mehr als eine Theorie. Paul Khepitz dürfte zwischen 1570 und 1630 gelebt haben und Stadtschreiber gewesen sein. Eine andere These belegt laut Elisabeth Lobenwein, dass sein Großvater die Chronik geschrieben haben dürfte: „ich vermute einmal, dass von allem ein bisschen was richtig ist. Vielleicht hat ja Paul Khepitz Unterlagen seines Großvaters weiterverwendet.“

Bei Stadtchroniken sei es öfter der Fall, dass sie nicht nur von einer Person geschrieben wurden, erklärt die Geschichtsexpertin: „Sie waren meist so angelegt, dass sie von einem anderen Chronisten weitergeschrieben werden konnten.“ Dass Stadtchroniken in Reimen verfasst wurden, ist laut der Historikerin eher selten. Insgesamt sind vier Abschriften der Klagenfurter Reimchronik erhalten. Die älteste gelangte um 1860 als Geschenk an die Studienbibliothek, die heutige Universitätsbibliothek. Die Papierhandschrift umfasst 26 Blätter.

Ausstellung bis 8. Juni zu sehen

Die Ausstellung „Unterschüdlüche Geschüchten. Die Klagenfurter Reimchronik (1511 - 1608)“ ist bis 8. Juni in der Universitätsbibliothek in Klagenfurt zu sehen. Gezeigt wird auch der erste gedruckte Stadtplan von Klagenfurt aus dem Jahr 1608.

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