Eine Mutter sagt „Ja“ zu ihrem behinderten Kind

Was bedeutet es für eine werdende Mutter, sich für oder gegen ihr behindertes Kind entscheiden zu müssen? Bei Nina Feichter zeigte eine Untersuchung, dass ihr Kind mit Down Syndrom geboren wird. Sie sagte „ja“ zum Kind und möchte anderen Mut machen.

Jedes 800. Kind weltweit wird mit dem Down-Syndrom, heute Trisomie 21 genannt, geboren. Diese Menschen haben ein zusätzliches 21. Chromosom, diese genetische Besonderheit kann jeden treffen. Der Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März soll dafür Bewusstsein schaffen.

Nina und Oskar Down Syndrom

Marion Pecksieder

Nina Feichter mit Oskar

Die 30-jährige St. Veiterin Nina Feichter entschied sich für ihren heute zwei Jahre alten Sohn Oskar. Er ist klein und blond und hat strahlend blaue Auen. Oskar liebt es, auf seinem roten kleinen Bobbycar durch die Wohnung zu rollen. Er nascht gerne Soletti und versucht immer wieder, alleine aufzustehen. Wenn es gelingt, ist er furchtbar stolz.

Down Syndrom ist keine Krankheit

Nina Feichter kämpft darum, aufzuzeigen, dass das Down Sydrom keine Krankheit ist. Sie schreibt einen Blog über das gemeinsame Leben und den Alltag als allein erziehende Mutter eines ganz besonderen Kindes. „In der 20. Schwangerschaftswoche war es eine Zufallsdiagnose, er hat keinerlei Auffälligkeiten gehabt. Nackenfaltenscreening und Organe waren völlig in Ordnung. Ich habe nur Probleme mit der Nabelschnur gehabt, das war ein medizinischen Paradoxon und dem musste man auf den Grund gehen“, so Nina Feichter. Die Ärzte rieten ihr zu einer Fruchtwasseruntersuchung, die dann auch durchgeführt wurde.

Das Down Syndrom

Erstmals wurde das Down Syndrom 1866 von einem britischen Arzt beschrieben. Es ist eine angeborene Kombination von verschiedenen Behinderungen, geistig und oft auch körperlich. Das gesamte 21. Chromosom oder Teile davon kommen doppelt vor, es passiert spontan. Eine Vererbung ist aber auch möglich, etwa wenn bei einem Elternteil - ohne dass er selbst das Down Syndrom hat - das 21. Chromosom auf ein anderes Chromosom verschoben ist. So eine Translokation des Chromosoms kann familiär gehäuft vorkommen.

Ihr sei klar gewesen, was da herauskommen könnte, so Feichter und habe sich vorbereitet. „Es passt zu mir und meinem Leben, dass ich ein besonderes Kind bekomme.“ Dann sei die Diagnose gestellt worden, nicht besonders nett, erinnert sich Feichter: „Der damalige Arzt hat gesagt, er hat eine schlechte Nachricht, das Kind hat einen Mongolismus.“ (Mongolismus ist ein sehr alter Ausdruck für Trisomie 21, der von den leicht asiatisch schräg stehenden Augen herrührt, Anm.)

„Nach zwei Stunden war Thema gegessen“

Für sie sei es keine schlechte Nachricht gewesen, sie habe ein bisschen geweint, sei ein bisschen traurig gewesen, aber dann sei das Thema gegessen gewesen. Trisomie 21 ist für Nina Feichter keine Krankheit: „Nein, ist es ja nicht. Eine Krankheit wird es erst bei Begleitkrankheiten wie Herzfehlern, Problemen mit dem Darm etc. Dann haben die Kinder auch ein Krankheitsbild. Ein Kind, das nur diesen einen Baustein mehr hat, ist nicht krank. Es ist eventuell eingeschränkt, eventuell mehr oder weniger behindert, aber nicht krank.“

Nina und Oskar Down Syndrom

Marion Pecksieder

„Oskar ist kerngesund“

Oskar sei öfter verkühlt, der Winter sei lang und hart, aber das Problem hätten andere Kleinkinder auch. Spezielle Probleme, die mit der Behinderung zusammenhängen, habe er nicht. Ein kleines Loch im Herzen sei zugewachsen, er habe eine leichte Muskelhypotonie (Schwäche in den Muskeln, Schlaffheit; Anm.) und lerne erst jetzt zu gehen. „Er ist ein kleiner Kartoffelsack.“ Auch die Verdauung sei träger, ansonsten sei er im Prinzip kerngesund: „Er redet gerne und viel, aber es ist eine Mischung aus ‚Walisch‘ und ‚Klingonisch‘, ich weiß oft, was er meint. Außenstehende verstehen es aber nicht. Wir arbeiten viel mit gebärdenunterstützter Kommunikation.“

Nina und Oskar Down Syndrom

Marion Pecksieder

Plakat soll Bewusstsein wecken

Nina Feichter hat zusammen mit Freunden ein Plakat mit dem Bild von Oskar gestaltet, auf dem steht „Schau nit so blöd - Ich könnte auch dein Sohn sein“. „Für mich ist es so, dass ich mir denke, viele Menschen schauen uns an, manche lieb, manche gaffend. Dann denke ich mir, das hat nichts mit mir, mit Vererbung zu tun, das ist eine Laune der Natur.“ Wenn sie junge Frauen anschaue, denke sie sich, es sei ja nichts Schlimmes, kein Weltuntergang, jeder kann so eine Mama werden, wenn das Universum das so will. Alle Ethnien weltweit seien betroffen, es gebe keine Ausnahmen.

Nina und Oskar Down Syndrom

Marion Pecksieder

Nur eines von zehn Kinder wird geboren

90 Prozent der Mütter bzw. Eltern, die diese Diagnose in der Schwangerschaft bekommen, entscheiden sich für eine Abtreibung. „Jeder muss das für sich selbst entscheiden und mit der Entscheidung dann leben. Ich möchte meine Chance mit Oskar nutzen, um zu zeigen, dass das Leben mit einem Kind mit Down Syndrom wahnsinnig spannend ist, bunt, lustig, abenteuerlich.“ Es gebe auch negative Seiten, es gehöre sicher Mut dazu, „den möchte ich machen“. Mit Menschen wie Oskar besinne man sich wieder darauf, was wirklich wichtig sei: „Die Liebe, die Familie, Freunde, Gesundheit“.

Oskar wurde in bunte Familie geboren

„Die Frage ‚warum‘ stellt man sich immer, warum kriege ich ein Kind mit Down Syndrom. Mein Leben, meine Familie, mein Werdegang haben mir gezeigt, dass das genau passt, da ist er genau richtig.“ Sie sei mit 16 nach Wien gezogen, haben dort einige „lustige“ Ausbildungen und Jobs gemacht, erzählt Nina Feichter, unter andrem Stewardess, Regieassistentin und Produzentin am Theater, angestellt in einem Ministerium. „Ich komme aus einer bunten Familie, meine jüngste Schwester ist aus Äthiopien adoptiert, meine Eltern sind sozial sehr engagiert, wir sind ein bunter Haufen und da hat der Oskar genau reingepasst.“

In ihrem Blog möchte sie zeigen, wie das Leben mit einem Kind wie Oskar ist. Wenn jemand in dieser Situation ist und schaut dann in den Blog hinein, denkt sie sich vielleicht, das unterscheidet sich ja nicht so sehr von einem normalen Kind. Wissen schütze vor Ängsten, so Feichter. Die ganze Familie sei zu Experten geworden, da seien alle Ängste ausgeräumt worden.

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