Villacher will Wissenschaft für Menschen machen

Wissenschaft öffentlich zu machen und zu erklären ist das Ziel des Villacher Systembiologen Lukas Hutter, der in Oxford studiert hat. Mit dem Wissenschaftskollektiv „Biotop“, bestehend aus 28 Forschern, will er interessierten Bürgern Forschung erklären und zum Mitmachen einladen.

Von der Universität in Oxford zurück nach Villach ist der Weg, den Lukas Hutter ganz bewusst ging. Mit dem Wissenschaftskollektiv „Biotop“ in Villach will er nun ganz neue Wege gehen. 28 junge Forscherinnen und Forscher gehören zum Projekt Biotop, sie kommen aus verschiedenen Forschungsrichtungen. Den Anfang macht derzeit eine Ausstellung, in der sonst Unsichtbares, wie das Innere eines Gehirns, gezeigt wird.

Lukas Hutter Wissenschaft Kollektiv Villach Biotop

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Wissenschaft im ehemaligen Drogeriemarkt

Forschung zum Mitmachen

Schauplatz ist ein ehemaliger Drogeriemarkt in Villach. Immer wieder bleiben Menschen neugierig stehen und schauen in die Fenster. Die ausgestellten Forschungsprojekte zeigen, wie Menschen eines Tages in völlig anderen Räumen leben könnten, wie im Gehirn neue Nervenzellen entstehen, auch die Abgase über großen Städten wie Neu Delhi werden als riesige Blase sichtbar gemacht.

Lukas Hutter Wissenschaft Kollektiv Villach Biotop

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Ein Mikroskop aus Papier

Ein offener Umgang mit Wissenschaft ist Hutter wichtig: „Offen heißt, dass wir nicht im stillen Kämmerlein forschen wollen, sondern die Forschung an die Menschen heranbringen.“ Besucher können ein Mikroskop ausprobieren, das völlig anders aussieht als gewohnt, aus einem Blatt Papier zusammengefaltet und mit einer Linse versehen. Das Bild zum Beispiel von einem Insektenkörper kann gleich auf das Handy übertragen werden. Die Reaktionen der Besucher würden zeigen, dass dieser Weg, Wissenschaft und Menschen zueinanderzubringen, sehr gut funktioniere, so Martin Mittersteiner. Die Ausstellungstücke seien sehr ästhetisch, dazu gibt es noch wissenschaftliches Fachwissen.

Lukas Hutter Wissenschaft Kollektiv Villach Biotop

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Kein Unterwassergarten, sondern Chemie

Neue Sichtweisen durch verschiedene Forscher

Durch die bunte Mischung der teilnehmenden Forscher ergeben sich ganz neue Sichtweisen, wenn zum Beispiel eine Molekularbiologin und ein Archäologe zusammenarbeiten. Lukas Hutter will aber noch weit darüber hinaus gehen: „Ziel ist die Bürgerwissenschaft, dass man vom hohen Ross der Wissenschaft hinuntersteigt und interessierte Bürger als gleichwertig ansieht und gemeinsam forscht. Zum Beispiel beim Schmetterlingsammeln.“

Eigentlich will Hutter mit „Biotop“ die Art und Weise, wie Wissenschaft betrieben wird, neu erfinden. Internationale Forschung auf höchstem Niveau soll betont regional gemacht werden. Geplant ist zum Beispiel ein fester Standort im Raum Villach. Richtig losgehen kann es mit der Forschung aber erst, wenn ein eigenes Labor vorhanden ist. Dafür werden derzeit noch Geldgeber gesucht. Hutter hätte in Oxford viel leichter arbeiten können, doch er entschied sich für die Freiheit abseits großer Institutionen mit entsprechenden Budgets.

Lukas Hutter Wissenschaft Kollektiv Villach Biotop

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Forschung zum Ausprobieren

„Forschung geht auch mit der Mode“

Sein Blick auf die Art der traditionellen naturwissenschaftlichen Forschung ist kritisch: „Ich habe in Oxford gesehen, dass die große Welt der akademischen Wissenschaft nicht abläuft, wie sie sollt. Es gibt Züge von einem industriellen Komplex, man muss möglichst viel publizieren und kann sich mit einem Forschungsprojekt gar nicht so intensiv beschäftigen, dass es qualitativ stimmig ist. Es geht auch viel um Moden, was lässt sich gut publizieren, was ist gerade sexy.“

Bei Forschern wie Lukas Hutter überwiegen die eigene Neugier und Begeisterung. Wenn es darum geht ein Projekt wie „Biotop“ auf die Beine zu stellen, muss auch einmal die eigene Forschung zurückstehen. 28 Forscherinnen und Forscher unter einen Hut zu bringen, bedeutete viel Arbeit. In der Ausstellung sind fast ausschließlich Projekte der Gruppe zu sehen. Voller Begeisterung mit dabei ist mit Anna Wächter-Mittersteiner eine gebürtige Villacherin, die an der Universität Zürich studierte und forschte.

Lukas Hutter Wissenschaft Kollektiv Villach Biotop

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Interessierten Bürgern auf Augenhöhe begegnen

Auch sie entschied sich bewusst für ein Leben und Arbeiten in Kärnten: „Ich war in Zürich an der Uniforschung. Es ist ein anderes Leben, ob man täglich ins Labor geht und mit vielen anderen Forschern verbunden ist, oder ob man in Villach im Kleinstadtleben mit vielen verschiedenen Menschen Kontakt hat. Man lernt viele Nichtforscher kennen und hat ein anderes Leben.“

Anna Wächter-Mittersteiner ist Molekularbiologin. Mittels neuester Methoden der DNA-Forschung würde sie zum Beispiel gerne viele Tier- und Pflanzenarten bestimmen, bevor sie aussterben. Lukas Hutter ist Systembiologe. Er versucht, biologische Organismen in ihrer Gesamtheit zu verstehen. Daher ist es nur logisch, dass ihn gerade die Entstehung des Lebens besonders fasziniert. Es wurde in diesem Bereich zwar schon viel geforscht. Derzeit ist aber nur eines klar: Nichts Genaues weiß man nicht.

Die Neugier und das Wissenwollen

Allen 28 Forschern, aber auch den Designern oder Architekten ist vor allem eines gemeinsam: Die Neugier und das Wissenwollen. Und so geht es auch Wächter-Mittersteiner: „Etwas zum ersten Mal sehen oder auf etwas draufkommen, was noch niemandem gelungen ist.“ Ergebnisse genau dieser Art der Forschung zeigt die Ausstellung (Un)Sichtbares noch bis 3. Februar in Villach. Vielleicht sind bei der nächsten Ausstellung schon Forschungsprojekte zu sehen, die in Kärnten umgesetzt wurden. Voraussetzung dafür ist allerdings eine eigene Forschungseinrichtung. Die Finanzierung dafür versucht „Biotop“ derzeit auf die Beine zu stellen.

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