Das Phänomen Hate Speech im Internet

Hate Speech, Hassrede, ist ein Fachbegriff für die Herabsetzung von bestimmten Personen oder Gruppen im Internet. Diese werden angegriffen, oft auch zu Hass oder Gewalt aufgerufen. Die Kommunikationswissenschaftlerin Liriam Sponholz erforscht dieses Phänomen.

„Diese Stinktiere gehören in ein Lager und dann ganz schnell in ihre zugemüllten, schmutzigen Drecksländer.“ Mit solchen und ähnlichen Hasspostings hat Liriam Sponholz immer wieder zu tun. Viele Postings im Internet sind laut der Wissenschaftlerin auch darauf zurückzuführen, dass sich die Menschen dessen ganz einfach nicht bewusst sind, wie öffentlich das Internet wirklich ist.

Würde man das auch in einem Stadion sagen?

Es wäre also ratsam, sich vor dem Posten vorzustellen, dass man in einem Stadion und nicht allein vor einem Computer sitzt. Es geht dabei aber um viel mehr als nur darum, dass jemand seinem Unmut oder Hass Luft macht, so Sponholz: „Hasspostings sorgen dafür, dass dieselben Machtverhältnisse, die man außerhalb des Netzes findet, im Netz reproduziert werden. Viele Frauen halten sich zurück, sich zu melden in politischen Debatten, wegen solcher Hasspostings.“

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Nachrichten sind schnell gepostet, doch man sollte sich bewusst sein, dass viele Menschen sie lesen können

Wie beim Vergiften eines Brunnens ist es nicht die Menge der Hassreden, die dieses Phänomen zu einem wirklichen Problem werden lässt: „Ich glaube, dass Hasspostings viele Menschen betreffen. Die Poster sind aber nicht zahlreich, vielleicht fünf bis zehn Prozent. Aber wenn man betroffen ist und so etwas liest, hat es einen Effekt, der weit größer ist. Die Hassposter sind nicht zahlreich, aber sie sind laut.“

„Höflich und zivilisiert antworten“

Sponholz stammt aus Brasilien und schrieb in Deutschland ihre Doktorarbeit. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, das Ziel von Hassreden zu sein. Im kleinen Rahmen ignoriert sie derartige Vorfälle, im größeren setzt sie auf eine ganz bestimmte Strategie: „killing by kindness“: „Das heißt, man versucht der Person zu zeigen, dass das nicht in Ordnung ist, aber nicht mit Aggressivität, sondern mit dem Gegenteil. Mit einem extrem höflichen und zivilisierten Ton. Der Hassposter bekommt das vielleicht nicht mit, aber andere im Forum werden es merken. Der Hassposter verliert dadurch an Boden.“

„Hassposter sagen nichts Neues“

Liriam Sponholz sozialwissenschaftliche Studie „Hate Speech in den Massenmedien“ ist im Springer Verlag erschienen. Zu den Ergebnissen ihrer Studie gehört, dass auch Qualitätsmedien für Hassreden Tür und Tor offen lassen. Hassredner sagen laut der Forscherin auch nichts Neues. Alles, was sie sagen, war zuvor auch schon in den Medien zu sehen und lesen. Daher glauben die Menschen laut Sponholz auch, dass diese Hassredner die Wahrheit sagen.

Sie ziehen die Konsequenz aus der Berichterstattung, auf A folgt B: „Wenn die Medien die ganze Zeit über Kriminalität berichten und das den Ausländern zuschreiben, dann kommt der Hassposter und schreibt, dass Ausländer kriminell sind.“ Sponholz ist Mitarbeiterin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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