Grab mit Skeletten bei Ausgrabung entdeckt

Am Burgbichl in Irschen widmet sich ein Tiroler Forscherteam seit zwei Jahren einem archäologischen Kleinod: Einer außergewöhnlich gut erhaltenen, frühchristlichen Siedlung. Nun wurde ein Grab mit drei Skeletten entdeckt, vermutlich 1.500 Jahre alt.

Wie haben die Menschen vor 1.500 Jahren gelebt? Woran haben sie geglaubt? Mit wem haben sie Handel betrieben und welche Technik besaßen sie? Fragen wie diese hoffen die Archäologen am Burgbichl bei Irschen zu klären. Das Areal ist etwa einen Hektar groß und liegt auf einem 170 Meter hohen Hügel südlich der Drau, gegenüber von Irschen und ist nur zu Fuß über steiles Gelände zu erreichen.

Burgbichl Ausgrabungen

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Schon der Name des Burgbichls deutet auf die einstige Nutzung hin, dennoch wurden die Archäologen erst 2016 auf die Ausgrabungsstätte aufmerksam.

Gefährliche Zeiten: Menschen siedelten in der Höhe

Die Abgeschiedenheit war durchaus gewollt, denn im Ostalpenraum herrschten damals gefährliche Zeiten. Christian Gugl von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sagt: „Im 4. und 5. Jahrhundert nach Christus suchen die Menschen Schutz und Sicherheit und ziehen sich deshalb in abgelegene Bergpositionen zurück und begründen neue Siedlungen, die stadtartigen Charakter haben. Eine dieser Siedlungen ist der Burgbichl.“

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„Schattseiten“-Siedlung war quasi uneinnehmbar

Eine Befestigungsmauer, gebaut auf schroffem Kalkfelsen, schützte die Menschen auf der nördlichen Talseite vor Gefahr. Von allen anderen Seiten ist der Burgbichl quasi uneinnehmbar. Wegen dieses strategischen Vorteil nahmen die damaligen Siedler offenbar auch die schattseitige Lage in Kauf. Dort, wo heute das Tor vermutet wird, sind die Forscher auch auf einen Schlüssel gestoßen.

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Der in der Nähe der Befestigungsmauer gefundene Schlüssel.

Romanen als Bewohner vermutet

Bei den Bewohnern, könnte es sich um Romanen gehandelt haben, so Gugl. „Wir haben Funde, die darauf hinweisen, dass Romanen über mehrere Generationen hier in der Region gelebt haben. Wir können auch sagen, dass das Christentum stark verankert war. Der schönste Befund ist eine frühchristliche Grabkammer, die wir unmittelbar an der Südseite der Apsis freilegen konnten.“

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Anthropologen werden Skelette untersuchen

Nun müssen Anthropologen die Skelettreste untersuchen, um Aussagen zu den Lebensbedingungen dieser Menschen treffen zu können. Gugl: „Es geht darum, den Abnutzungsgrad der Zähne zu untersuchen oder den Knochenaufbau zu analysieren. Damit lassen sich konkretere Aussagen treffen.“

Wie alt diese Menschen waren, welche Krankheiten sie hatten oder ob es sich um eine Familie gehandelt hat, wird sich erst im Labor klären lassen. Der Bestattungsort selbst lässt jedenfalls Rückschlüsse auf den sozialen Status der Toten zu.

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Die Grabkammer am Burgbichl war mit einer Schieferplatte verschlossen. Als diese in sich zusammenbrach, wurde einer der Schädel zerstört.

Sozial hochgestellte Persönlichkeiten vermutet

Vermutlich handelt es sich bei den Toten um die Stifter der Kirche, so Gerald Grabherr von der Karl-Franzens-Universität Innsbruck: „Diese liegen außerhalb in einer Grabgrube, weil es wichtig ist, möglichst nah bei den Heiligen bestattet zu werden. Die Idee dahinter lautet, dass Heilige direkt in den Himmel kommen. Wenn man nah bei diesen begraben liegt, hat man quasi schon ein bisschen bessere Karten.“

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Funde verweisen ins 4. bis 6. Jahrhundert

Dass Menschen tatsächlich vom 4. bis ins 6. Jahrhundert am Burgbichl gelebt haben, belegen Funde wie eine Gürtelschnalle aus Knochen, ein afrikanisches Öllämpchen oder Amphorenreste, die als typisch für diesen Zeitraum gelten dürfen.

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Mauerstrukturen außergewöhnlich gut erhalten

Dass das Mauerwerk am Burgbichl bemerkenswert gut erhalten ist, hat einen Grund: Dort wurde später nicht mehr gesiedelt. Barbara Kainrath von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: „Der Burgbichl wurde in mittelalterlicher Zeit nicht mehr überbaut, das heißt, dass die antiken Strukturen gut erhalten geblieben sind. Wir haben Mauerhöhen bis zu eineinhalb Meter bei der Umfassungsmauer feststellen können. Die Mauern in dem Wohngebäude, das wir heuer freigelegt haben, sind über einen halben Meter hoch. Die Böden haben sich zu großen Teilen erhalten und flächendeckend auch der Wandverputz.“

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Zisterne freigelegt: Burgbichl war bewohnt

Wo andere nur Steine sehen, ziehen Archäologen ihre Schlüsse. Die rötliche, wasserundurchlässige Farbe in einem Mauerwerk etwa belegt, dass es sich um eine Zisterne gehandelt haben muss. Neben dem freigelegten Wohngebäude ist das ein weiteres Indiz dafür, dass der Burgbichl nicht nur ein Kultplatz war, sondern tatsächlich bewohnt wurde.

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Die rötliche Farbe verrät die Beimengung ziegelhaltigen Materials.

Frühchristliche Kirche: Suche nach Reliquienschrein

Ganz oben auf der Anhöhe des Burgbichls findet sich das Herzstück der Anlage: eine frühchristliche Kirche unter deren Altar ein Reliquienschrein mit den Überresten eines Heiligen vermutet wird. Gerald Grabherr von der Karl Franzens-Universität Innsbruck: „Im Zentrum der Kirche, dort wo auch der Altar steht, befindet sich die Reliquiengrube. Es ist für eine frühchristliche Kirche immens wichtig, dass ein Teil eines Heiligen vorhanden ist. Um diesen herum befindet sich der Raum, der nur von den Priestern betreten werden darf: das Presbyterium. Das Ganze wird von Schranken eingefasst, wir haben heuer bei der Grabung auch Teile der Marmorsäulen gefunden.“

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Suche nach Reliquienschrein unter dem Altarplatz in der Kirche.

Hobbyarchäologe brachte Forscher auf die Spur

Für dieses Jahr sind die Ausgrabungen beendet. Die Funde wurden mit ins Labor genommen und werden untersucht. Am Burgbichl wurden die Baureste wieder mit Erde bedeckt, „damit der Platz möglichst wieder so aussieht wie zuvor und der archäologische Flurschaden wieder behoben ist“, so Grabherr. Im nächsten Jahr wollen die Forscher wiederkommen. Dass am Burgbichl geforscht wird, ist der Initiative des einheimischen Hobbyarchäologen Dietmar Simoner zu verdanken - mehr dazu in Spätantike Höhensiedlung freigelegt.