Neue Landesverfassung beschlossen

Am Donnerstag ist im Landtag die neue Landesverfassung beschlossen worden. Der Beschluss ging mit den Stimmen der Regierungskoalition und des Teams Kärnten über die Bühne. Die FPÖ - wie BZÖ und der Abgeordnete Schalli dagegen - kündigte eine Verfassungsklage an.

In der nun beschlossenen Verfassung wird die slowenische Volksgruppe erstmals genannt - mehr dazu in Einigung über „Slowenenpassus“ (kaernten.ORF.at; 10.2.2017). Zuvor wurde der Antrag der Freiheitlichen auf geheime Abstimmung mehrheitlich abgelehnt.

Abstimmung Landtag

APA/Gert Eggenberger

Strengere Regeln für künftige Regierung

Für den Beschluss der neuen Verfassung war am Donnerstag die Verfassungsmehrheit, also die Zustimmung von zwei Drittel der Abgeordneten, nötig. Für die künftigen Regierungsparteien werden strengere Regeln gelten. Die Beschlüsse müssen einstimmig sein, Ausnahme sind Stimmenthaltungen. In den Regierungsbüros wird es maximal 70 Dienststellen geben, zuletzt waren es mehr. Die Regierung wird außerdem mit einfacher Mehrheit bei der Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten im Landtag abgewählt werden können.

Proporz abgeschafft

Derzeit sind in der Kärntner Landesregierung alle Parteien ab einer bestimmten Größe nach dem Prinzip des Proporzes vertreten. Künftig sollen nur noch jene Parteien vertreten sein, die sich auf eine Koalition einigen. Damit hat die Kärntner Dreierkoalition von SPÖ, ÖVP und Grünen eines ihrer zentralen Versprechen aus dem letzten Wahlkampf umgesetzt.

Abstimmung Landtag

APA/Gert Eggenberger

Mehr als vier Jahre hat es gedauert, bis alle Details geregelt und die strittigen Punkte - vor allem die Nennung der slowenischen Volksgruppe in der Landesverfassung - ausgehandelt waren. Dabei wird der Wechsel von der Konzentrations- zur Koalitionsregierung größere Auswirkungen auf die Parteien haben als die Volksgruppenfrage. Denn unabhängig davon, wie die nächste Wahl ausgehen wird, hat keine der Parteien mehr einen fixen Regierungssitz. Solange keine Partei die absolute Mehrheit besitzt, werden die Koalitionsverhandlungen entscheidend sein.

Oppositionsrechte werden gestärkt

Im Gegenzug sollen die Oppositionsrechte im Landtag gestärkt und die Klubs mit mehr Personal und Geld ausgestattet werden. Schon ein Drittel der 36 Abgeordneten soll künftig eine Volksbefragung durchsetzten können. Ein neues Budget wird erst beschlossen werden können, wenn ein Rechnungsabschluss für das alte vorliegt. Das war in der Vergangenheit in Kärnten nicht immer so und hat etwa dazu geführt, dass das wahre Ausmaß der Hypo-Haftungen vielen unbekannt war.

Am Vormittag war es zu einer Sitzungsunterbrechung gekommen, nachdem der Dritte Landtagspräsident Josef Lobnig (FPÖ) in seiner Rede gesagt hatte, dass die slowenische Volksgruppe die am besten geförderte Minderheit in Europa sei und nicht extra in der neuen Verfassung erwähnt werden müsse.

Jugendliche singen im Landtag auf der Zuschauertribüne

ORF

Eine Gruppe von Jugendlichen auf der Tribüne sang ein slowenisches Lied

„Bauchgefühl“: Slowenische Jugendliche protestieren

Danach begannen Schüler und Studenten auf der Zuschauertribüne ein slowenisches Lied zu singen - eine Protestaktion. Denn es seien, so Lena Kolter von der Jugend der slowenischen Volksgruppe in einer Aussendung, „noch immer nicht beide in Kärnten gesprochenen Sprachen als gleichberechtigt angesehen bzw. in der Landesverfassung verankert, und das nur aufgrund des Bauchgefühls einzelner Politiker“.

Die Slowenische Jugend fordert deshalb u. a., dass Slowenisch als weitere Landessprache angeführt wird und die slowenischen Volksgruppe in der Landesverfassung gegenüber den Deutschsprachigen „gleichberechtigt“ werde. Inhaltlich ist das Lied ein Appell für „gute Nachbarschaft“ in Kärnten. Darin heißt es aber auch, man solle aufstehen und sich gegen Ungerechtigkeiten wehren. Weil Äußerungen auf der Besuchertribüne - sowohl positiver als auch negativer Natur - verboten sind, erfolgte eine kurze Sitzungsunterbrechung.

Gesangseinlage auf Slowenisch

Für die singenden Jugendlichen - offenbar Schüler und Studenten - dürfte die Gesangseinlage folgenlos bleiben.

Kaiser: Eine Landesverfassung „der Mitte“

Danach ergriff Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) das Wort. „Vorweg erkläre ich, dass ich mich genauso wenig wie meine Fraktion von Protestaktionen, egal woher immer sie kommen, wie national gefärbt sie auch immer sein mögen, beeinflussen und vom richtigen Weg abbringen lasse. Die Ablehnung der Landesverfassung durch extreme Positionen - für die einen zu wenig, für die anderen zu viel - bestätigt den richtigen Weg der Koalition als Weg der Mitte, des Ausgleiches, des Nachbarschaftlich-Positiven und des Miteinanders, und genau das widerspiegelt die heute zu beschließende Landesverfassung.“

„Demokratiepolitischer Meilenstein“

Begriffe wie „historischer Tag“, „demokratiepolitischer Meilenstein“ und „großer Wurf“ waren bei der Sitzung mehrmals zu hören. Von SPÖ-Klubobmann Herwig Seiser hieß es: „Die neue Verfassung korrigiert einen Kardinalfehler. Die Trennung von Regierung und Opposition schafft Transparenz und Verantwortlichkeiten.“

Auch ÖVP-Klubobmann Ferndinand Hueter hielt einen Systemwechsel mit Blick auf vorangegangene Regierungen für dringend nötig. Er werde - so Hueter vor der Abstimmung - der Verfassung mit Freude zustimmen: „Es ist jetzt schon zu sehen, dass Fraktionen, die jetzt in der Regierung als Opposition vertreten sind, mit angezogener Handbremse auf der Autobahn 100 fahren wollen – das geht auf Dauer nicht. Es fängt an zu rauchen und die Bremsbeläge werden gar.“

Auch die grüne Klubobfrau Barbara Lessiak betonte mit Blick in die Vergangenheit die Bedeutung der Kontrollrechte: „Es geht darum, wie Verantwortung und Kontrolle aufgeteilt wird und wie die Rahmenbedingen ausgestaltet werden, damit einerseits die Verantwortung der Regierung gut wahrgenommen werden kann und andererseits die Kontrolle durch die Opposition. Denn Macht braucht Kontrolle – daran besteht kein Zweifel.“

FPÖ will gegen Novelle klagen

Ganz anders sah das FPÖ-Klubobmann Christian Leyroutz, der eine Schieflage zulasten der Opposition durch die neue Verfassung ortete. „Das derzeitige System ist einfach so gestaltet, dass jede Partei, die ein gewisses Stärkeverhältnis aufweist, in der Regierung vertreten ist und hier auch Information über alle Regierungsakte erhält. Genau dieses System wird umgedreht, man geht so weit, dass die Opposition keinen Einblick in Regierungsakte mehr erhält.“ Leyroutz kündigte nach dem Beschluss der Verfassungsreform im Kärntner Landtag eine Verfassungsklage an. Der FPÖ Klubobmann sprach von Mängeln im Gesetzgebungsprozess, etwa habe es bei der Verlesung Fehler gegeben. Details wollte er zunächst nicht nennen.

Vom Team Kärnten wurde die Abschaffung des Proporzes befürwortet, weil dadurch für den Bürger ersichtlich werde, wer regiert. Eine Zustimmung ließ Hartmut Prasch vom Team Kärnten zunächst dennoch offen. Denn wesentliche Forderungen seien „für uns unerfüllt geblieben. Wenn ich den Klubstatus erwähnen darf, der weiterhin erst ab vier Abgeordneten gewährt wird: Kärnten ist damit weiter anderen Bundesländern hinten nach, die beispielsweise schon mit zwei Abgeordneten die Klubbildung ermöglichen.“

Auch Johanna Trodt Limpl vom BZÖ wollte in Zusammenhang mit der Verfassung nicht von einer demokratiepolitischen Weichenstellung sprechen. „Denn eine solche wäre, wenn auch die Kärntner zu dieser Verfassungsreform befragt worden wären. Das ist aber ausgeblieben.“

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