Landtag bereitet Verfassungsreform vor

Im Landtag wird zur Zeit die Verfassungsreform, eines der wichtigsten Projekte der Dreierkoalition, vorbereitet. Sie soll nach der kommenden Landtagwahl in Kraft treten und bringt eine klare Trennung von Regierung und Opposition.

Seit Dienstagvormittag wurden Rechtsexperten, Vertreter des Städte- und Gemeindebundes und Rechnungshofdirektor Günter Bauer als Auskunftspersonen im Landtag befragt. Die Begutachtungsfrist für das Gesetz ging Mitte Februar zu Ende - mehr dazu in 17 Stellungnahmen zu Verfassungsentwurf (kaernten.ORF.at; 15.2.2017). Auch die Stellungnahmen werden vom Landtag behandelt.

Sitzung ausnahmsweise öffentlich

Wegen der Bedeutung des Themas sind diese Sitzungen ausnahmsweise öffentlich. Schüler, Interessierte und kurz auch ÖVP-Obmann Christian Benger befanden sich auf der Tribüne, dazu auch Journalisten und nicht dem Rechtsausschuss angehörende Abgeordnete. Die öffentliche Ausschusssitzung ist eine Premiere: Die sieben Ausschussmitglieder sitzen heute ausnahmsweise auf der Regierungsbank, die von ihnen geladenen Auskunftspersonen nehmen in den Abgeordnetenreihen Platz.

Nach der nächsten Wahl soll der Landtag mehr Kontrollrechte erhalten. In der Regierung sitzen dann statt bisher Vertreter aller größeren Parteien nur noch fünf bis sieben Koalitionsmitglieder. Die nur noch im Landtag vertretene Opposition wird ihnen genau auf die Finger schauen. Die Abgeordneten erhalten Einsicht in Regierungsakten und mehr Mitarbeiter in den Landtagsklubs. Die Abwahl einer Regierung wird erleichtert. Künftig reicht die einfache Mehrheit, mindestens die Hälfte der Abgeordneten muss anwesend sein. Das soll Neuwahlblockaden wie zuletzt über mehr als vier Monate Ende 2012 durch die FPÖ künftig verhindern - mehr dazu in Kärntner Landtag löste sich auf (kaernten.ORF.at; 14.12.2012).

FPÖ-Kritik an Abschaffung des Proporzes

Der Linzer Universitätsprofessor Andreas Hauer sieht die geplante Abschaffung des Proporzes kritisch. Hauer wurde von den Freiheitlichen eingeladen. Als ganz wesentliches Argument für den Proporz erscheine ihm die Vertretung aller wesentlichen politischen Kräfte im Land: „Damit sind auch alle von diesen Kräften vertretenen Bevölkerungskreise in der Landesvollziehung vertreten. Darin liegt meines Erachtens ein demokratischer Wert an sich.“ In einer Aussendung bekräftigte die FPÖ am Nachmittag ihr Nein zur Verfassungsreform. Sie kritisiert, dass die zugesicherte Akteneinsicht und damit Kontrollmöglichkeiten eingeschränkt blieben. Vom Team Kärnten hieß es, es seien noch etliche Nachjustierungen notwendig.

In Anspielung auf die im Vorfeld heiß diskutierte Erwähnung der slowenischen Volksgruppe wies Anna Kemptner von der Verfassungsabteilung des Landes darauf hin, dass es sich hier nicht um durchsetzbare Rechtsansprüche Einzelner handelt. „Es werden keine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte eingeräumt. Allerdings sind Staats-Zielbestimmungen insofern relevant, als sie einen Handlungsauftrag sowohl an die Organe der Gesetzgebung, als auch an die Organe der Vollziehung enthalten.“

Positiv: Städte- und Gemeindebund

Von den Städten und Gemeinden gab es positive Stellungnahmen. Gemeindebund-Präsident Peter Stauber (SPÖ) lobte, dass bei Bürgermeister-Nachwahlen bis ein Jahr vor dem regulären Wahltermin der Gemeinderat über einen Nachfolger entscheiden darf. „Das sehen wir absolut positiv, denn es sollte, glaube ich nicht sein - und das wäre auch für die Bürger nicht zumutbar - dass dann innerhalb eines Jahres zwei Bürgermeisterwahlen stattfinden würden.“

Landesrechnungshof-Direktor Günter Bauer sagte, er sehe noch kleine Verbesserungspotenziale beim künftigen Rederecht. Und er will Berichte gleich nach Vorlage an den Landtag veröffentlichen dürfen. Positiv wertete er, dass der Landesrechnungshof künftig Gemeinden unter 10.000 Einwohnern prüfen darf. „Hier wird eine Kontrolllücke geschlossen, die in den meisten anderen Bundesländern bereits geschlossen ist.“ Der Rechnungshof-Direktor wünscht sich aber ein echtes Rederecht im Landtag und will Berichte schneller veröffentlichen dürfen.

Direkte Demokratie gestärkt

Gestärkt werden soll die direkte Demokratie: Für Volksbefragungen reicht ein Drittel der Abgeordneten, für Volksbegehren 7.500 Unterstützungserklärungen. Die ARGE-Alpine-Vereine hätte für regionale Befragungen gerne noch eine weitere Absenkung dieser Hürden. Arnold Riebenbauer: „Die Zahl der geforderten Erklärungen ist allerdings noch immer sehr hoch und für regionale Befragungen unerreichbar.“ Kommenden Montag ist eine weitere öffentliche Ausschusssitzung angesetzt. Am 1. Juni wird der Landtag dann - aller Voraussicht nach - die neue Landesverfassung beschließen.