Wunsch nach Raubtierjagd regt auf

Landesrat Christian Benger (ÖVP) will geschütztes Großraubwild wie Bär, Wolf und Luchs bejagbar machen. Für Wildtierexperten eine reine „Themenente“: Wölfe und Luchse würden seit Jahren nicht gesichtet, Bären gebe es wenige.

Der Bär ist wieder los - zum einen, weil die Tiere aus dem Winterschlaf erwacht sind, zum anderen, weil die Diskussion um Schutz oder Bejagung der Wildtiere alle Jahre wieder aufflammt. Benger - selbst seit 35 Jahren Jäger - ließ nun damit aufhorchen, die derzeit streng geschützten Tiere bejagen zu wollen. Der Applaus der Almbewirtschafter ist Benger damit sicher. Wildtier-Experten und Naturschützer zeigen hingegen kein Verständnis.

Almbauern: Viele haben Angst um ihre Tiere

Vorweg das kleine, aber nicht unwichtige Detail in diesem Zusammenhang: Weder Luchs noch Wolf sind in Kärnten in den vergangenen Jahren gesichtet worden. Bären gibt es genau acht an der Zahl und selbst die haben einen Sender um den Hals. „Munition“ hat Landesrat Benger aber genug: Der Kärntner Almwirtschaftsverein, Interessensvertretung für 1.800 Almbauern, hat in einer einstimmigen Resolution dazu aufgefordert, Großraubwild bejagen zu dürfen, weil - wie es heißt - früher oder später auch Wölfe nach Kärnten kommen würden. Schließlich habe man in Niederösterreich vor nicht allzu langer Zeit eine Wolfsfamilie gesehen. Der Kärntner Almwirtschaftsverein fordert den Abschuss der Tiere, weil viele Landwirte ihre Schafe gar nicht mehr auf die Almen bringen würden - aus Angst, dass sie von Wolf oder Bär gerissen würden, so Obmann Josef Obweger.

Benger beruft sich auf Freigabe in Italien und Sachsen

Grund genug also, die Gewehre in Kärnten schon jetzt zu laden? Benger ist jedenfalls für die Möglichkeit einer Reduktion durch Abschuss: „Wir haben Beispiele: In Italien ist der Wolf seit 50 Jahren erstmals freigegeben für den Abschuss. In Sachsen ist der Wolf freigegeben, in Südtirol wird darüber diskutiert, weil die Notwendigkeit auch gesehen wird. Wir sind es schuldig, präventiv über Konflikte nachzudenken, die morgen drohen könnten – im Sinne des Tourismus und der Landwirtschaft und Freizeitnutzung. Wenn wir heute ein Jagdgesetz in Ausarbeitung haben, gilt es diese Dinge mit zu bedenken, damit wir morgen Lösungen haben.“

Auf die Frage, ob es denn einen politischen Mehrwert darstelle, zum jetzigen Zeitpunkt darüber zu diskutieren, sagte Benger, es sei keine Frage des politischen Mehrwerts, "sondern des verantwortungsvollen Handelns wenn wir wissen, dass rundherum die Probleme gegeben sind.“

Bärenanwalt: „Bedrohungsszenario“ herbeigeredet

Das ganze Bedrohungsszenario sei herbeigeredet, sagt Bärenanwalt Bernhard Gutleb: "Wir haben nur acht Bären. Dass das überhandnimmt, könnte ich jetzt nicht behaupten. Als ich vor 25 Jahren angefangen habe, waren es fünf Bären – drei Bären in 25 Jahren sind für mich kein enormer Zuwachs. Natürlich ist das Zusammenleben mit so komplizierten oder aufwändigen Tierarten wie Bär, Luchs und Wolf schwieriger, als das mit Eichhörnchen. Aber ich würde sagen, es ist nur eine Themenente.“

Das Land Kärnten habe keinerlei Möglichkeit, hier auf der großen europäischer Ebene hier mitzuspielen, denn EU-weit gelten Bär, Wolf und Luchs als streng zu schützende Art. Ob sich Benger von den anderen Parteien in Kärnten für seinen Vorstoß Rückendeckung erwarten darf, ist unbekannt.

FPÖ-Obmann: Alle Schäden werden abgegolten

Von der FPÖ gibt es für den ÖVP-Chef jedenfalls Kritik. „Wenn ÖVP-Chef Benger die Bären in Kärnten ausrotten will, dann soll er sich vor die Bevölkerung stellen und das auch klar sagen“, erklärte FPÖ-Obmann Gernot Darmann, der auch Jagd- und Tierschutzreferent des Landes Kärnten ist. Benger solle sich „um die wahren Probleme der Land- und Forstwirte kümmern, welche unter dramatischen Einkommensverlusten von 40 Prozent in den letzten fünf Jahren leiden“. Darmann verwies darauf, dass in den letzten Jahren kein Wolf in Kärnten nachgewiesen wurde. Genausowenig sei derzeit ein Luchs-Vorkommen in Kärnten bekannt. Hinsichtlich der bis zu acht in Kärnten bzw. im Dreiländereck lebenden Bären spricht sich Darmann dafür aus, dass den Bauern alle Schäden wie bisher abgegolten werden.

30.000 Euro für Wildrisse im letzten Jahr

2016 wurden den Bauern in Kärnten 30.000 Euro für Wildtierrisse abgegolten. Von Raubwild getötet wurden 67 Schafe, 36 Lämmer und drei Kalbinnen. Insgesamt sechs Bienenstöcke wurden zerstört. 2015 waren es 20.000 Euro, 2014 50.000 Euro. Auf der St. Jober und Korpitscher Alm findet derzeit ein Herdeschutzprojekt statt. Ein Hirte ist mit Hütehund für den Schutz der Tiere zuständig. Beide Almen hatten davor knapp 40 Prozent der auf die Alm getriebenen Schafe eingebüßt.

In Kärntens Nachbarland Slowenien und auch in Kroatien dürfen Bären trotz EU-Richtlinie geschossen werden - und zwar deshalb, weil dort mehrere hundert Bären leben. Laut EU-Richtlinie dürfen nur dort Bären erlegt werden, wo auch der Bestand gesichert ist. Hierzulande sei schon ein einziger Abschuss für die Kärntner Population bedenklich, heißt es vom Bärenanwalt.

Grüne: Sollten stolz auf Raubwild sein

Auch Naturschutzlandesrat Rolf Holub (Grüne) sieht die Bedrohnung und Gefahr durch Bär und Wolf nicht. Auch er verweist auf die sehr großzügigen Entschädigungszahlungen, entweder durch Versicherung oder durch Härtefonds. Man müsse stolz darauf sein, wenn sich Bär, Wolf und Luchs wieder in Kärnten ansiedeln.

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