Verfassungsschutz ermittelt nach Hasspostings

Nach Hasspostings inklusive Morddrohungen gegen die Klagenfurter Stadtschreiberin Stefanie Sargnagel ermittelt nun der Verfassungsschutz. Zu dem Shitstorm war es nach einem Artikel in der „Kronen Zeitung“ gekommen.

Im Internet sind Hasspostings gegen Sargnagel zu finden wie: „Warum werden solche Volksverräter nicht an die Wand gestellt?“ und „Die Damen gehören wirklich auf den Kölner Hauptbahnhof als Sylvestergaudium für notgeile Asylanten“. Seit Dienstag ermittelt der Verfassungsschutz.

Patrick Maierhofer, Sprecher der Polizei Wien, sagte gegenüber der APA: „Wir haben Kenntnis über die Sachlage. Das Landesamt für Verfassungsschutz ermittelt generell, wenn Hasspostings auftauchen.“ Tags zuvor hatte es vonseiten der Landespolizeidirektion gegenüber dem ORF Kärnten geheißen, die Autorin müsse selbst Anzeige erstatten, wenn sie sich bedroht fühle. Sie werde weder überwacht, noch gebe es Personenschutz für sie.

Literarisches Tagebuch in „Krone“ heftig kritisiert

Zur Vorgeschichte: Sargnagel hatte im Jänner gemeinsam mit zwei anderen Autorinnen Urlaub gemacht, um sich dem Schreiben zu widmen, und dafür 750 Euro Reisekostenzuschuss aus den Mitteln der Literaturförderung bekommen. Wochen danach sorgte das - teilweise im „Standard“ abgedruckte - satirische und überzeichnete Gemeinschaftstagebuch der Autorinnen für Wirbel.

Die „Kronen Zeitung“ empörte sich über den „Steuergeld-Kifferurlaub“, Schilderungen von Alkoholkonsum und das Treten von Katzenjungen. In einem zweiten „Krone“-Artikel wurde die Stadtschreiberin als „Fäkalautorin“ und „willig“ bezeichnet, ihr Aufenthaltsort als Klagenfurter Stadtschreiberin fand ebenfalls Eingang in den Artikel, was im Netz für eine Welle der Empörung sorgte. Mittlerweile gibt es eine eigene Onlinepetition mit aktuell 7.587 Unterschriften, in der die Kündigung des betreffenden „Krone“-Redakteurs gefordert wird.

IG Autoren spricht von „Menschenhatz“

Auch die IG Autorinnen Autoren meldete sich am Montag zu Wort und forderte Konsequenzen. Sprecher Gerhard Ruiss sprach von einer „Menschenhatz“ und forderte die strafrechtliche Verfolgung der Hassposter und Konsequenzen für die redaktionelle Berichterstattung. Mit den Mord- und Vergewaltigungsdrohungen sei endgültig ein Grenze überschritten worden: „Da wird nicht nur jemand in verbaler Form kritisiert und attackiert, sondern da wird jemand auch konkret bedroht. Spätestens da muss man Stopp sagen, da geht es um Menschenhatz, und das sprengt wirklich alle Dimensionen der Auseinandersetzung.“

Ruiss: Zeitung nahm Literatur für bare Münze

Die IG Autorinnen Autoren sieht die künstlerische Freiheit in Gefahr. Den Vorwurf, die provozierende Autorin sei selbst an den Reaktionen schuld, wies Ruiss zurück. Es handle sich um Literatur, die jedoch für bare Münze genommen worden sei. Die IG forderte Konsequenzen. „Das kann und muss man von den Medien einfordern, weil es hier um Verantwortung geht, die man hat. Man muss auch einfordern, dass man hier nicht ein blindes Zusammenspiel oder Ping-Pong-Spiel mit rechten Netzplattformen treiben kann. Man ist auch verantwortlich, ob man den Mob in Gang setzt oder nicht. Letztlich muss man auch sagen: Strafrechtlich relevante Inhalte müssen auch strafrechtlich verfolgt werden.“

Sargnagel: Shitstorm war noch nie so schlimm

Im Interview mit FM4 sagte Sargnagel, sie habe schon einige Shitstorms erlebt, so schlimm sei es aber noch nie gewesen - mehr dazu in Sargnagel, „Babykatzen“ und der Hass (fm4.ORF.at) -, um quasi im gleichen Atemzug auf Twitter zu posten, eine ihrer Autorenkolleginnen habe den Shitstorm eher gebrauchen können, sie selbst sei ohnehin „ur-bekannt“.

Stefanie Sargnagel Stadtschreiberin Klagenfurt

ORF

Sargnagel will „gegen Hetzer vorgehen“

Sargnagel sagte zu FM4, sie habe auf Facebook nach Einsetzen der Kritik ein überspitztes Posting geschrieben, dass dieser Zeitungsartikel noch untertrieben gewesen sei, dass sie sogar Hamster und Schildkröten gequält hätte. Daraufhin sei sie für 30 Tage gesperrt worden. Sie wolle juristisch gegen die Hetzer vorgehen, sagte Sargnagel, sie sei nicht so leicht einzuschüchtern. Es ist nicht das erste Mal, dass Facebook die Autorin sperrt, vor einem Jahr griff sie die rechtsextremen Identitären via Facebook an und wurde gebannt, damals allerdings nur für drei Tage. Facebook entschuldigte sich offenbar mittlerweile, der Beitrag ist wieder online.

Launige Berichte aus Klagenfurt

Sargnagel gewann beim Bachmannpreis 2016 den mit 7.000 Euro dotierten Publikumspreis und damit verbunden das Stadtschreiberstipendium in Klagenfurt. Sie hatte den Text „Penne vom Kika“ gelesen - mehr dazu Jury über Stefanie Sargnagel.

Sie versorgt ihre Anhängerschaft mit launigen und mitunter provokanten Lageberichten aus der Stadt, die sie im Internet veröffentlicht. Die Wienerin arbeitet als Autorin und Bloggerin, sie konnte sich als schillernde Figur der jungen Literaturszene Österreichs bereits einen Namen machen, nicht zuletzt deshalb, weil sich Sargnagel kein Blatt vor den Mund nimmt und damit bisweilen über das Ziel hinausschießt. Das gehöre für sie aber zum Programm, sagt sie - mehr dazu in Launige Lageberichte aus der Lindwurmstadt.

Grüne verurteilen „Hetze“

Wenn Literatur „derartig abscheuliche Reaktionen“ in der Bevölkerung hervorrufe, sei dies ein Zeichen, dass unsere Gesellschaft – oder zumindest jene, die sich an dieser Hetze beteiligen – „ein gewaltiges Problem habe, das näher betrachtet werden“ müsse, hieß es von der Kultur- und Frauensprecherin der Grünen im Kärntner Landtag. Kritik an Kunst und Literatur sei „gut, legitim und sogar erwünscht“, hier sei „die Grenze definitiv überschritten worden“.

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