Kärntner Jagdgesetz auf dem Prüfstand

Darf ein Grundbesitzer aus ethischen Gründen die Jagd in seinem Wald verbieten? Diese Frage prüft der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Dienstag nach einer Beschwerde aus Kärnten. Die Jägerei könnte damit bundesweit völlig neu geordnet werden.

Ein Oberkärntner Waldbesitzer aus dem Bezirk Spittal legte zunächst Beschwerde bei den lokalen Behörden - bei Bezirkshauptmannschaft und Landesverwaltungsgericht - ein. Dort hatte er vorgetragen, dass er aufgrund seiner fast veganen Lebensweise die Jagd ablehne und sie auf seinem Grundstück verbieten wolle – mehr dazu in Kärntner Jagdgesetz im Visier des VfGH.

Vorerst blitzte der Mann mit seiner Beschwerde ab, denn das Kärntner Jagdgesetz sieht eine Jagdfreistellung aus ethischen Gründen nicht vor. In der Folge wanderte die Beschwerde zum VfGH, der diesen Eingriff in das Eigentumsrecht am Dienstag auf seine Verfassungskonformität hin prüft.

Richtungsweisendes Urteil auf europäischer Ebene

In Österreich haben Grundstücksbesitzer bisher keine Möglichkeit, die Jagd auf dem eigenen Grundstück zu verbieten. Waldbesitzer müssen dafür sorgen, dass gejagt wird. Die Jäger hegen, jagen und schießen auch kranke Tiere. Das Jagdgesetz kennt also keine „Jagdfreistellung“, wie sie der Spittaler erreichen will.

In Deutschland ist das anders, dort ist es auf Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2012 erlaubt, die Jagd in seinem Wald zu verbieten, den Waldbesitzern wurde ein Grundrecht auf Eigentum zugesprochen.

Gesetzesaufhebung hätte weitreichende Folgen

Letztlich könnte es zu einer Aufhebung von Teilen des Kärntner Jagdgesetzes oder anderer Jagdgesetze kommen. Mit weitreichenden Folgen, denn dann dürfte die Jagd nur noch in gewissen Bereichen ausgeübt werden. Viele Jäger würden damit die Möglichkeit zur Jagd verlieren. Außerdem würden Grundeigentümer die Möglichkeit verlieren, die Wildschäden für Förderungen geltend zu machen - mehr dazu in „Jägerfreier“ Wald mit unabsehbaren Folgen.

Waldbesitzer: Regulation durch Bären

Der Kärntner Waldbesitzer, der auch Jurist ist, wollte die Begründung seiner Beschwerde am Dienstag zuerst eher breit anlegen. „Es hat noch eine Spezies gegeben, die über andere Arten...“, setzte er an - um von den Höchstrichtern sofort zurechtgewiesen zu werden, sich auf die konkreten Punkte zu beschränken. Der Jurist argumentierte dann, dass er die Jagd aus ethischen Gründen ablehne und sie auf seinem Grundstück auch nicht dulden wolle. Er trete vielmehr für eine natürliche Regulierung des Wildbestandes durch die Wiederansiedlung von Bären, Luchsen und Wölfen sowie die Unterlassung von Fütterungen ein.

Der Beschwerdeführer sah sich in seinen Rechten eingeschränkt, da Grundstückseigentümer keine Möglichkeit hätten, die Jagd auf ihrem Grundstück zu verbieten, auch wenn sie diese aus ethischen Gründen ablehnen und verwies auf das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Land verteidigt Zwangsbejagung

Das Land Kärnten verteidigte die „Zwangsbejagung“. Das Wild sei „sehr lernfähig“, den Jagddruck zu umgehen und würde schnell in die geschützten Gebiete ausweichen. Abschussnotwendiges Wild könnte dann grundsätzlich nicht mehr erlegt werden. Zudem könnten keine Maßnahmen zum Schutz vor Raubwild und vor Wildkrankheiten ergriffen werden. Es wäre daher mit einem erhöhten Maß an Wildschäden nicht nur in den betroffenen, sondern auch in den angrenzenden Gebieten zu rechnen.

Tierschützer: Jagdgesetz wird fallen

Nach der Anhörung am Dienstag wird der VfGH über den Fall diskutieren und eine Entscheidung ausarbeiten. Diese wird dann - vermutlich erst im Frühling - den Parteien übermittelt. Das Kärntner Jagdgesetz werde aufgehoben werden müssen, meinte am Dienstag der Obmann des VGT-Obmann Martin Balluch. Zu eindeutig sei die Ähnlichkeit zu den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedenen Fällen.

Balluch spricht auch von einer „Verlogenheit der klassischen Jagd“: „Man argumentiert, dass die Jagd für den Wald notwendig wäre, füttert aber Paarhufer, um zu viel zu hohen Wilddichten zu gelangen, damit genügend Tiere zum Abschuss zur Verfügung stehen.“