Das gute Geschäft mit den Gutachten

Gutachtern geht in Österreich die Arbeit nicht aus. Laut einer Studie über medizinische Gutachten, die vor allem bei Versicherungsfällen eine wesentliche Rolle spielen, sind aber 80 Prozent der Expertisen mangelhaft.

Ob bei Gericht oder im Auftrag von Ländern oder Gemeinden - bei vielen Verfahren werden nicht nur Experten aus der Beamtenschaft, sondern auch immer öfter externe Gutachter bestellt. Das kostet Geld und ist nicht unumstritten.

Keine Qualitätskriterien, Unabhängigkeit fraglich

Der Journalist Franz Fluch beschäftigt sich in einem Buch ausführlich mit medizinischen Gutachten. Seine Kritik trifft aber nicht nur Mediziner: „In Österreich gibt es keine Qualitätskriterien für Gerichtsgutachten. Das zweite große Problem ist, dass die Unabhängigkeit der Gutachter nicht gewährleistet ist.“

Die meisten Gutachter seien auch als Privatgutachter - beispielsweise für Versicherungen tätig - so Fluch, würden also zum Teil von solchen privaten Aufträgen leben. In anderen europäischen Ländern sei dies undenkbar. Fluch kritisiert vor allem auch die Qualität der Gutachten und ist damit nicht alleine. Fluch: „Es gibt eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer Wien, die zu dem Ergebnis kam, dass 80 Prozent aller untersuchten Gerichtsgutachten nicht einmal die Mindeststandards erfüllen.“

Bürgerinitiative fordert fachliche Überprüfung

Schadenersatzklagen, die vor Gericht enden, Behördenverfahren bei denen jede Partei ihre eigenen Gutachten beibringt: Sogar eine parlamentarische Bürgerinitative beschäftigt sich mittlerweile mit dem Thema Gutachten. Gefordert wird unter anderem eine unabhängige Stelle zur fachlichen Überprüfung von Sachverständigengutachten und klare Sanktionen, falls Gutachter die geforderte Unparteilichkeit verletzen.

Um in Österreich als gerichtlich beeideter und zertifizierte Sachverständiger zu arbeiten, müssen Ärzte, Psychologen, Wirtschaftstreuhänder oder Ziviltechniker lediglich eine fünfjährige Praxistätigkeit nachweisen. Sachkenntnisse werden da schon vorausgesetzt. Franz Fluch ortet auch hier Reformbedarf: „Es hat sich mittlerweile ein wissenschaftlicher Terminus etabliert, der sogar in der Literatur immer wieder vorkommt: Das ist der sogenannte ‚Hausgutachter‘. Ein Richter kennt zum Beispiel einen Arzt, der als Gerichtsgutachter zertifiziert ist und immer wieder konsultiert wird.“