Teufelskreis der Sucht kann jeden treffen

Etwa jedes sechste Kind unter 18 Jahren lebt in einer Suchtfamilie. Die Folgen einer solchen Umgebung können dramatisch sein. Erforscht werden solche Zusammenhänge allerdings kaum, kritisieren Experten.

Allein in Kärnten sind 40.000 Menschen alkoholabhängig. Hinzu kommen alle anderen Formen von Suchtverhalten - wie Kauf-, Internet-, Drogen- oder Spielsucht. Eine Kindheit im Schatten elterlicher Sucht hinterlässt tiefe Narben, weiß Ernst Nagelschmied. Er ist Suchtbeauftragter der Stadt Klagenfurt und leitet die Drogenberatungsstelle Viva.

Aktuelle Studien zu Folgeerscheinungen nicht-stoffgebundener Süchte gebe es keine, kritisierte Nagelschmied. Anders beim Alkohol: Hier weiß man gesichert, dass Kinder alkoholkranker Eltern selbst Gefahr laufen, süchtig zu werden. Kinder wissen nicht, wie sie mit Problemen umgehen sollen und machen es oft ihren Eltern nach. Sie haben es nicht anders gelernt und fangen selbst zu trinken an. „Das Leben, das sie zuvor gehasst haben, führen sie auf einmal selbst.“

Weihnachten ohne Geschenke

Zu Weihnachten war er mit dem Fall eines Spielsüchtigen konfrontiert, der sein ganzes Geld im Glücksspiel verlor. „Zu Weihnachten war dann wirklich nichts da, nicht einmal was zum Essen, geschweige denn ein Christbaum oder irgendein Geschenk.“ Der neunjährige Sohn gab dem Vater dann seine letzten Ersparnisse, die er von den Großeltern bekommen hatte und auch diese verspielte der Mann.

Ein anderer Fall, mit dem Nagelschmied zu tun hatte, betrifft einen bereits Vater, der seine Alkoholsucht bereits überwunden hatte. Sein Sohn übernahm seine Abhängigkeit. „Der Vater bekam ein schlechtes Gewissen, weil er den Sohn geschlagen hatte. Außerdem hatte er im Vollrausch randaliert und Sachen durch die Gegend geworfen. Und nun ist der Sohn selbst betroffen.“

Soziale Ausgrenzung

Die Alkoholsucht eines Elternteils macht Kinder zu Einzelgängern, die lernen, sich auf nichts und niemand verlassen zu können, beschrieb Nagelschmied eine Auswirkung. Gleichzeitig sind diese Kinder zur Komplizenschaft mit ihren süchtigen Eltern gezwungen: „Sie wollen nicht, dass der Schulkollege erlebt, wenn die Mutter oder der Vater betrunken ist, wenn sie herumtorkeln, Blödsinn reden, aggressiv sind und nicht wissen, was sie tun.“

Eine weitere Auswirkung auf den Alltag der Kinder ist permanenter Streit in der Familie. Viele Kinder können nachts nicht schlafen. Um den Teufelskreis der Sucht zu durchbrechen, helfe Kindern vor allem, sich einer Vertrauensperson zu öffnen und zu erkennen, nicht für das elterliche Suchtverhalten verantwortlich zu sein.