Sharon Dodua Otoo erhält Bachmannpreis

Sharon Dodua Otoo ist am Sonntag in Klagenfurt mit dem 40. Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden. Den Kelag-Preis erhielt Dieter Zwicky, Julia Wolf wurde mit dem 3-sat-Preis ausgzeichnet. Die Österreicherin Stefanie Sargnagel wurde mit dem Publikumspreis gewürdigt.

Insgesamt traten heuer sieben Autorinnen und sieben Autoren aus acht Nationen bei der Veranstaltung an, einige von ihnen hatten sich in den vergangenen Tagen besonders hervorgetan. So kam es im ersten und zweiten Wahlgang vor der Vergabe des Ingeborg-Bachmann-Preises, der heuer bereits zum 40. Mal vergeben wurde, zu zwei Stichwahlen. Letztendlich entschieden sich die Juroren für Sharon Dodua Otoo, die den mit 25.000 Euro dotierten und von der Stadt Klagenfurt zur Verfügung gestellten Preis erhält.

Preisträger

ORF/Johannes Puch

Sandra Kegel, Marie Luise Matthiaschitz, Sharon Dodua Otoo

„Lob für unangestrengte Alltagsstatire“

Sharon Dodua Otoo war von Jurorin Sandra Kegel nach Klagenfurt eingeladen worden, um hier ihren Text "Herr Gröttrup setzt sich hin“ zu präsentieren. Kegel würdigte in ihrer Laudatio auf die Autorin die „unangestrengte Statire über den typisch deutschen Alltag“. Dies hatten auch ihre Jury-Kollegen am dritten Lesetag getan - mehr dazu in Jurydiskussion Sharon Dodua Otoo. Klagenfurt Bürgermeisterin Marie Luise Mathiaschitz (SPÖ), die den Preis an die gebürtige Britin übergab, freute sich über eine „neue Stimme einer neuen Gesellschaft“. In einer ersten Stellungnahme sagte die frischgebackene und sichtlich überwältigte Bachmannpreisträgerin „sie möchte sich erstmal hinsetzen“ und müsse sich erst an diese Neuigkeit gewöhnen.

Der Ingeborg-Bachmann-Preis gilt - nicht nur in Literaturkreisen - als prestigeträchtig. Auch wenn er keine Garantie dafür ist, dass sich die Bücher dann auch gut verkaufen und gerne gelesen werden, so liest sich insgesamt die Liste der Autorinnen und Autoren, die seit 1977 um den Bachmann-Preis gelesen haben, wie ein Who-is-Who der österreichischen Literatur: Josef Haslinger, Michael Köhlmeier, Franzobel, Raoul Schrott, Lilian Faschinger, Josef Winkler und der erste Preisträger Gert Jonke - mehr dazu in Der Bachmannpreis als Karriereschub.

Preise Statuetten

ORF/Johannes Puch

Die Preise wurden von den Schülern der HTL Ferlach gestaltet

Kelag-Preis für Dieter Zwicky

Der Ingeborg-Bachmann-Preis ist nicht die einzige Auszeichnung, die am Sonntag im ORF Theater vergeben wurde: 10.000 Euro erhält der Gewinner des Kelag-Preises, der von der Kärntner-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft zur Verfügung gestellt wird. Es kam auch bei diesem Wahlgang zu einer Stichwahl, die letztendlich Dieter Zwicky für sich entschied. Er las - als letzter Autor am dritten Lesetag - auf Einladung von Juri Steiner den Text „Los Alamos ist winzig“ und sorgte damit bei den Juroren für positives Feedback - mehr dazu in Jurydiskussion Dieter Zwicky.

Steiner brachte in seiner Laudatio den Wunsch zum Ausdruck, dass er am liebsten Dieter Zwicky mit auf eine einsame Insel nehmen würde. Er würdigte den „Magier der Illusionen, der im FF alles beherrscht, was er macht“. Manfred Freitag von der Kelag übergab den Preis an Zwicky. Der Gewinner zeigte sich sichtlich bewegt, als er den Preis entgegenahm. Er freue sich extrem, habe aber wohl den Auftrag, „in diesem Moment etwas gefasst“ zu sein.

Preisträger

ORF/Johannes Puch

Manfred Freitag und Dieter Zwicky

Julia Wolf erhält 3-sat-Preis

3sat, der Gemeinschaftssender der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ZDF, ORF, SF und ARD - vergibt jedes Jahr den 3sat-Preis in der Höhe von 7.500 Euro. Als Preisträgerin 2016 wurde Julia Wolf auserkoren, die auf Einladung von Hubert Winkels den Romanauszug „Walter Nowak bleibt liegen“ mit nach Klagnfurt gebracht hatte - mehr dazu in Jurydiskussion Julia Wolf.

Der Juryvorsitzende unterstich, dass der Text einen unglaubliche Tiefe besitze, die sich einem nach mehrmaligem Lesen eröffne, indem er Genderprobleme und Grundfragen der Weltwahrnehmung behandle. Der Preis wurde von Petra Gruber von 3sat übergeben.

Preisträger

ORF/Johannes Puch

Petra Gruber, Julia Wolf und Hubert Winkels

Sargnagel überzeugte bei Publikumsvoting

Die Wienerin Stefanie Sargnagel, die von Jurorin Sandra Kegel nach Klagenfurt eingeladen wurde, dürfte mit dem Vortrag als erste Autorin am ersten Lesetag, bei den Zuschauern wohl einen besonderen Eindruck hinterlassen haben. Sie schildert darin als Ich-Erzählerin, wie sie einen Wintertag am Eislaufplatz, in einem Beisl und beim Bachmann-Text-Schreiben verbringt, gekrönt von einem Teller Nudeln im Möbelhaus, weshalb sie für den Text den Titel „Penne vom Kika“ auswählte - Jurydiskussion Stefanie Sargnagel. Sargnagel erhielt bei der Online-Abstimmung für den mit 7.000 Euro dotierten BKS-Bank-Publikumspreis die meisten Stimmen.

Hier ein Auszug aus den Begründungen des Publikums:
- „ Weil sie ganz anders ist!“
- „Sie hat den besten Humor und eine gewaltige Sprache“
- „Stefanie Sargnagel hat einen pointierten, amüsanten und zugleich reflektierten Text über unsere Zeit geschrieben.“
- „Finde ihre Texte und ihren Schreibstil toll“
- „Der Text von Frau Sargnagel hat mich zum einen durch das „wienerische“ und zum anderen durch die Banalität Ihres Textes überzeugt“
- „Ihr Text, ihre Sprache haarscharf am Puls der Zeit.“
- „Die talentierteste und eigenwilligste Autorin seit Langem!“
- „Ein kreativer Text, ein einmaliger Stil!“
- „Originellster Text“
- „Geil, Erdig, Real, Glaubhaft, Fesselnd, Spannend, Göttlich“
- „Stefanie Sargnagel ist der witzigste Mensch Österreichs.“
- "Wenn Stefanie Sargnagel gewinnt wird Herr H. nicht Bundespräsident hat sie gesagt. Und ausserdem schreibt sie genial - scheinbar banal mit unglaublich sprachlicher Tiefe sowie Dynamik im Text.“

Stockbauer BKS Sargnagel

ORF/Johannes Puch

Herta Stockbauer neben Stefanie Sargnagel

Sargnagel wird auch neue Stadtschreiberin

Herta Stockbauer übergab den Preis für die BKS. Sargnagel bedankte sich für den Sieg der Burschenschaft Hysteria - hier ging ein Schlagabtausch zwischen der Burschenschaft und Sargnagel in Sozialen Medien voraus - und schloss mit dem Statement: „Auf zum goldenen Matriarchat - Heil Hysteria.“

Der BKS-Bank-Publikumspreis ist der einzige Preis, über den nicht die Juroren, sondern die Zuschauer abstimmen. Seit 2009 vergibt die Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee ein Stadtschreiberstipendium in der Höhe von 5.000 Euro, das automatisch der Gewinner des BKS Publikumspreises in Anspruch nehmen kann. Zwischen Mai und September 2017 kann daher Stefanie Sargnagel für ihren künstlerischen Arbeitsaufenthalt im Klagenfurter Stadtschreiber-Atelier Quartier beziehen.

Winkels: Plädoyer für Beibehaltung

Juryvorsitzender Hubert Winkels zogt abschließend Bilanz, dass der Bachmann-Preis eine „hoch attraktive Veranstaltung" sei. Viele unken ja, in Zeiten von sozialen Medien und Blogs brauche man diese alte Veranstaltung nicht mehr. "Das ist Quatsch“, so Winkels. „Man kann ja das eine tun ohne das andere zu lassen“, schloss Winkels.

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