Parteien sehen eigene Kandidaten vorn

Die Bundespräsidenten-Stichwahl muss wiederholt werden, das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Freitag bekannt gegeben. Die Kärntner Grünen sind von einem erneuten Erfolg Alexander Van der Bellens überzeugt. Die FPÖ sieht Norbert Hofers Chancen aufrecht, er sei „der bessere Kandidat“.

Nach einem beispiellos schnellen und intensiven Prüfverfahren hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) sein Erkenntnis zu der von der FPÖ angestrengten Anfechtung des zweiten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl verkündet. Die Stichwahl wird vollständig aufgehoben - mehr dazu in Stichwahl muss wiederholt werden.

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle analysierte die Auswirkungen dieses Entscheids im ORF-Interview - mehr dazu in Polit-Analyse nach VfGH-Entscheid.

VfGH: Demokratische Grundpfeiler bewahren

Wahlen seien das Fundament unserer Demokratie, sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger vor der eigentlichen Verkündung der Entscheidung des Höchstgerichts. Die Wahrung dieses Fundaments sei „vornehmste Pflicht“ seines Gerichtshofs. Bei der Briefwahl seien Unregelmäßigkeiten bei fast 78.000 Stimmen möglich gewesen, sagte Holzinger. Bei einem Vorsprung Van der Bellens auf Hofer von nur 30.800 Stimmen sei damit ein Einfluss auf das Wahlergebnis denkbar gewesen.

In vier Kärntner Bezirken gab es Unstimmigkeiten bei der Stichwahl. In Villach und im Bezirk Villach-Land wurden Wahlkarten zu früh ausgezählt, in Hermagor und Wolfsberg wurden die Kuverts zu früh geöffnet - mehr dazu in Hofburg-Wahl: Vier Anzeigen in Kärnten.

FPÖ: Ein wichtiger Tag für die Demokratie

Wie reagieren nun die Kärntner Parteien auf die Entscheidung der Höchstrichter? Klubobmann Christian Leyroutz, der die Verstöße aufgezeigt und den Fall damit maßgeblich ins Rollen brachte, sagte gegenüber dem ORF, der Entscheid des VfGH sei „keine Genugtuung, sondern ein wichtiger Tag für die Demokratie“.

Wahlen seien ein Grundpfeiler der Demokratie, deshalb sei es ist wichtig, dass alle Regeln genau eingehalten werden, so Leyroutz. „Insofern bin ich froh, dass der Verfassungsgerichtshof genau so entschieden hat“. Er sei von Anfang an davon überzeugt gewesen, dass Norbert Hofer „der bessere Kandidat“ mit den „besseren Themen“ sei. Leyroutz: „Ich glaube schon, dass sich das in diesem Wahlkampf durchsetzen wird und die Chancen für Norbert Hofer sehr gut stehen.“

Dass einige Bürger verärgert sein könnten, weil sie noch einmal zur Wahlurne schreiten müssen, und sich das negativ für die FPÖ auswirken könnte, glaubt Leyroutz nicht. „Es geht nicht um Verärgerung, sondern um die Ausübung des freien Wahlrechtes und die Sicherstellung von Wahlen ist einer der Grundpfeiler der Gesellschaft.“ Insgesamt habe sich die Wahlanfechtung ausgezahlt, „im Sinne einer ganz klaren Rechtssprechung und klarer Regeln für Österreich“.

Grüne: Entscheid ist zu akzeptieren

Die Grüne Landessprecherin Marion Mitsche ist gleichfalls überzeugt, dass Alexander van der Bellen die Wahl erneut für sich entscheiden kann.

Mitsche sagte in einer ersten Reaktion: „Die Entscheidung des Gerichtes ist zu respektieren, wir gehen ein zweites Mal in die Stichwahl und werden in den nächsten Wochen erneut Alexander Van der Bellen mit aller Kraft unterstützen und auch versuchen, die Gruppen, die sich in den letzten Wochen gebildet haben, zu mobilisieren, damit die Unterstützung wieder in vollem Ausmaß möglich sein wird.“

Keine „Schlampereien“ mehr bei Wiederholung

Es stehe außer Frage, so Mitsche, dass Alexander Van der Bellen die Stichwahl gewonnen habe. „Einige Wahlleiter haben in wenigen Bezirken einen schlampigen Vollzug gemacht bei der Auszählung der Briefwahl, dem ist natürlich Rechnung zu tragen, diese Entscheidung ist zu akzeptieren. Ich bin überzeugt, dass nach so einem Urteil genau gearbeitet wird und keine Schlampereien mehr stattfinden.“

Die Chancen für Alexander van der Bellen, die Wahl ein zweites Mal zu gewinnen seien „sehr groß“. Mitsche: „Er ist beim ersten Mal als Gewinner ausgestiegen und wir sind alle motiviert, über den Sommer unsere ganze Kraft bis zur Wahl einzubringen, dass er wieder als Gewinner aussteigt.“

Landeshauptmann für Schulungen vor der Wahl

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) spach sich vor der Wahlwiederholung für erneute Schulungen aus. „Die Entscheidung des VfGH ist zu akzeptieren“, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser in einer Ersten Reaktion. „Auch wenn viele enttäuscht darüber sind, dass aufgrund Fehler Einzelner und die Anfechtung teilweise von jenen stammt, deren Vertreter selbst nicht korrekt gehandelt haben, die Wahl wiederholt werden muss, so ist es gerade jetzt wichtig, die Menschen davon zu überzeugen und zu motivieren, von ihrem demokratischen Wahlrecht Gebrauch zu machen.“

Der Landeshauptmann erwartet sich neben einem sehr rasch anberaumten Wahltermin, dass sich alle Verantwortlichen an die Buchstaben des Gesetzes halten. Um Fehler bestmöglich auszuschließen und auch um der Bevölkerung zu signalisieren, dass man gelernt hat, schlägt Kaiser nochmalige Schulungen vor.

Wahlrechtsreform muss Vorfälle berücksichtigen

Die breite Verunsicherung, die die fehlerhafte Auszählung der Briefwahlkarten bei Wahlhelfern, Beisitzern und Wahlzeugen mit sich gebracht hat, werde es in Zukunft schwerer machen, überhaupt noch freiwillige Wahlhelfer zu finden. „Deswegen sind die Erkenntnisse aus der fehlerhaften Auszählung und des VfGH dringend in einer Wahlrechtsreform zu berücksichtigen”, so Kaiser.

Bei den Bürgern sorgt die Wahlwiederholung jedenfalls für großen Unmut, wie eine Umfrage des ORF Kärnten zeigte:

Das sagen Radio Kärnten-Hörer zum Entscheid

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Team Kärnten-Stronach: Bundespräsident abschaffen

Das Team Kärnten-Stronach wünscht sich eine „ergebnisoffene Diskussion“ über die Abschaffung des Bundespräsidentenamtes. Laut Landesrat Gerhard Köfer werde die Zeit ab dem 8. Juli, wo die drei Nationalratspräsidenten im Kollegium die Funktion des Staatsoberhauptes übernehmen werden, „zeigen, wie überholt dieses Amt eigentlich ist“.

Die Republik sei „auch ohne Bundespräsident, mit einem starken Bundeskanzler und einem Außenminister, stabil und gefestigt“. Zudem würde die Abschaffung „Einsparungen in Millionenhöhe“ bringen. Zur Aufhebung sagte Köfer, es sei „beschämend“, dass „Österreich nicht in der Lage sei, eine Wahl ordnungsgemäß und rechtlich einwandfrei durchzuführen.

Korruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt

Der genaue Termin der Stichwahl-Wiederholung - Ende September oder Anfang Oktober - soll kommende Woche feststehen. Die Wiederholung der Präsidenten-Stichwahl bleibt nicht die einzige Folge der Wahlanfechung durch dei FPÖ. Die Korruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter von Wahlbehörden. Insgesamt hat es in 14 Bezirken Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl-Auszählung gegeben. In Kärnten in Villach, Villach Land, Hermagor und Wolfsberg.

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