Staatspreise für Übersetzung vergeben

Was haben Robert Musil und der griechische Krimiautor Petros Markaris gemeinsam? - ihre Übersetzer: Michaela Prinzinger und Marcelo Backes wurden Freitagabend im Musilhaus in Klagenfurt mit dem Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzung ausgezeichnet.

„It’s the same, but different - Es ist das Gleiche, aber anders“. Mit dieser vermeintlich einfachen Formel brachte Ingo Schulze in seiner Laudatio auf Marcelo Backes auf den Punkt, was für ihn eine gelungene Übersetzung ausmacht. Am Ende, so der deutsche Schriftsteller, ist es nicht mehr dasselbe. Denn jetzt haben zwei Menschen ein Buch geschrieben.

Translatio Preisverleihung 2016

Johannes Puch

Michaela Prinzinger und Marcelo Backes sind mit dem Staatspreis für Übersetzer ausgezeichnet worden. Diese erhielten sie für Übersetzungen aus dem Neugriechischen und in das brasilianische Portugiesisch.

Der Translatio ging heuer an die in Wien geborene und in Berlin lebende Michaela Prinzinger für ihre Übersetzungen aus dem Neugriechischen (z.B. eben Petros Markaris) und an den Brasilianer Marcelo Backes für seine Übersetzungen österreichischer Autoren ins brasilianische Portugiesisch. Backes lebt als Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber (z.B. Arthur Schnitzler) in Rio de Janeiro und arbeitet derzeit an einer neuen Übersetzung von Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ - mehr dazu in Die Preisträger (bachmannpreis.ORF.at).

„Translatio“

Im Rahmen der „Translatio“ werden jährlich Übersetzer ausgezeichnet, der Staatspreis soll einem schwierigen Metier Respekt und Anerkennung zollen. Vergeben werden jährlich zwei Preise: Der Staatspreis für die Übersetzung von österreichischer Literatur in eine Fremdsprache und ein Staatspreis für die Übersetzung fremdsprachiger Literatur ins Deutsche.

Übersetzer sind keine „Kopierer“

In seinem Festvortrag "Warum Übersetzungen altern und Originale angeblich nicht“ stellte Stefan Weidner Überlegungen zur Notwendigkeit von Neuübersetzungen an. Er plädierte in seiner Festrede für eine Aufhebung der Trennung zwischen Schriftsteller und Übersetzer. Vielmehr handle es sich um zwei Schriftsteller: „Begreift man den Übersetzer nicht als Kopierer, sondern als Autor, erübrigt sich die leidige Übersetzbarkeitsdiskussion, mit der vor allem Lyrik-Übersetzer belästigt werden.“

Weidner, der zuletzt Ibn Arabis Liebesgedichte erstmals auf Deutsch übersetzt hat, belegt das mit einem wohl einmaligen Fall. Das altkeltische Epos Ossian stammt nämlich vom angeblichen Übersetzer, dem Schotten James McPherson.

Übersetzer „bauen“ Sprachen

Preisträgerin Michaela Prinzinger formulierte es so: „Der große Unterschied zwischen Schreiben und Übersetzen ist folgender: Der Schriftsteller muss sich nur mit einer Sprache auseinandersetzen, der Übersetzer muss viele beherrschen.“ Und, wenn es gar nicht anders geht, muss der Übersetzer eine eigene Sprache „bauen“. Für Bayerisch, wie es in den Stücken von Frank Xaver Kroetz vorkommt, gibt es im Griechischen ganz einfach keine Entsprechung.

Preisträger Marcelo Backes hat neben Ingo Schulze, Elfriede Jelinek, Hermann Broch auch Franz Kafka ins Portugiesische übersetzt. Seine große Liebe gilt aber Robert Musil. Er arbeitet derzeit an einer neuen Übersetzung von „Der Mann ohne Eigenschaften“.

Backes ist der erste Brasilianer, der mit dem seit 1985 vergebenen Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzung ausgezeichnet wurde. Seine Familie wanderte vor 150 Jahren von Österreich nach Brasilien aus. Er spannt in seiner Dankesrede den Bogen von der Tomate zum Paradeiser und noch weiter: "Es ist schön, vom Paradies zu reden in solchen Momenten: ‚Grias euch‘, ‚Grüß Gott‘, ‚Küss die Hand, gnädige Frau‘ sagte ich schon als Kind – viva Austria.“

Lebenslauf Michaela Prinzinger

Michaela Prinzinger wurde 1963 in Wien geboren, 1979 hatte sie erstmals Kontakt mit Griechenland. 1990 war sie Mitarbeiterin an der Universität Berlin und erhielt zahlreiche Stipendien und Förderungen. 2001 begann sie ihre Tätigkeit als literarische Übersetzerin von zahlreichen griechische AutorInnen, u.a. Petros Markaris.

Lebenslauf Marcelo Backes

Marcelo Backes wurde 1973 in Campina das Missoes (Brasilien) geboren, 2004 promovierte er in Freiburg in den Fächern Germanistik und Romanistik. Ab 2007 mehrere Aufenthalte im Europäischen Übersetzerkollegium Straelen, im Literarischen Colloquium Berlin und an der Akademie der Künste. Ab 2010 Herausgabe der „Ausgewählten Werke“ von Arthur Schnitzler, ab 2012 der „Ausgewählten Werke“ von Robert Musil. Seit 2005 lebt er als freier Schriftsteller, Übersetzer, Herausgeber, Literaturkurator und Privatdozent in Brasilien.

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