Protestwelle nach rechtsextremer Attacke

Eine große Protestwelle hat die Attacke der rechtsextremen Identitären an der Universität Klagenfurt ausgelöst. „Wehret den Anfängen“, so der Tenor der Reaktionen. Die Ermittlungen laufen auf Hochdruck.

Zu dem Eklat kam es am Donnerstagnachmittag bei dem Universitätslehrgang „Inklusionsbegleiter“ der Universität Klagenfurt, der letzten Vorlesung des Semesters. Im Hörsaal tauchte eine Gruppe von etwa zehn teils verkleideten Männern auf und forderte unter anderem einen „Stopp der Zuwanderung“, es gibt auch ein Video der rechtsextremen Attacke (YouTube). Mittlerweile bekannten sich die rechtsextremen Identitären via Facebook zu der Attacke – mehr dazu in Rechtsextreme Attacke bei Univorlesung.

Uni Asyl Vorlesung Störaktion Identitäre

KK

Mitterlehner verurteilt Angriff

Noch am Abend meinte Universitätsrektor Oliver Vitouch zu der Aktion: "Wehret den Anfängen!“ In einer Mail an die Studierenden rief er dazu auf, „sich durch diese erbärmliche Aktion nicht einschüchtern zu lassen“. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verurteilte die „aggressive Störaktion auf das Schärfste“. Keinesfalls dürften die Unis als Bühne für hetzerischen und aggressiven Aktionismus missbraucht werden.

Die Identitären traten in Kärnten bereits mehrmals bei Demonstrationen auf. Mitte April stürmten sie die Aufführung eines Stücks von Elfriede Jelinek im Audimax der Uni Wien - mehr dazu in Identitäre stürmten Jelinek-Aufführung von Flüchtlingen. Am Samstag ist in Wien erneut eine Demonstration der Rechtsextremen angekündigt. An der Uni Klagenfurt war die Attacke am Freitag Tagesgespräch. Der ORF Kärnten hat sich unter den Studenten umgehört:

Ermittlungen „auf Hochdruck“

In der Causa werde bereits ermittelt, sagte Helmut Mayer, der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz: „Es liegen strafrechtliche Delikte vor, die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ist bereits eingeschaltet.“ Auch einigen der Täter sei man bereits auf der Spur: „Wir haben schon konkrete Hinweise auf Personen.“ Damit und mit dem vorliegenden Bildmaterial werde nun versucht, die Täter auszuforschen. Mayer: „Wir ermitteln auf Hochdruck.“

Ein wenig Sorgen macht Mayer ein für Montag angesetzter Workshop an der Universität zum Thema „Integration und Medien“. „Wir werden diese Veranstaltung jedenfalls überwachen“, kündigte er an. Keine Zwischenfälle erwartet er hingegen bei der für Freitagabend angesetzten Kellertheater-Premiere des Stücks „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jelinek, das von Studenten des Konservatoriums aufgeführt wird.

SPÖ und Grüne sehen Strache gefordert

SPÖ und Grüne forderten FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache auf, sich klar von der Gruppierung zu distanzieren. Das „Naheverhältnis der gewaltbereiten, rechtsextremen Identitären zur FPÖ“ werde immer offensichtlicher, sagte der designierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. „Die augenzwinkernde Sympathie, ja sogar offene Unterstützung" von Funktionären der FPÖ“ sei entschieden abzulehnen, sagte der grüne Abgeordnete Karl Öllinger.

Wutti: Brauchen wachsamere Gesellschaft

Der Lehrgang bildet Experten im Bereich des Asylwesens aus, auch Flüchtlinge nehmen daran teil. „Die Lehrveranstaltung wurde also sehr bewusst für die Störaktion ausgesucht“, sagte der Leiter der Lehrveranstaltung, Daniel Wutti, zum ORF Kärnten. Die Störaktion zeige „die Bedeutung unserer Arbeit, wir werden auf jeden Fall weitermachen“. Die Störaktion zeige auch, dass die Gesellschaft antidemokratische und autoritäre Tendenzen genau im Auge behalten müsse. Wie Unirektor Vitouch ist Wutti gegen verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an der Uni: „Was wir brauchen, ist eine wachsamere Gesellschaft.“

Die Klagenfurter ÖH-Vorsitzende Gabriele Kern sprach sich für Solidarität für Geflüchtete aus: „Wir werden uns nicht davon abbringen lassen, diesen Kurs zu unterstützen. Wir werden weiterhin unsere Solidarität mit Geflüchteten und Asylwerbern zum Ausdruck zu bringen.“ Universitätsprofessor Hans Karl Peterlini meinte, "der Vorfall zeigt, wie weit die Vergiftung öffentlicher Diskurse in der Frage der Flüchtlingsbewegungen fortgeschritten ist, wie gefährlich die gesellschaftlichen Bruchlinien aufklaffen“.

SPÖ: Rechte Hetzer nicht akzeptieren

Auch von der Kärntner Politik kam Protest an der rechtsextremen Störaktion. „Indentitäre Chaoten, die sich teilweise hinter Masken verstecken, werden es ebenso wenig schaffen, Kärnten zu einem dunklen Ort zu machen, wie jene Rassisten, die die ehrenamtlichen Helfer der Wasserrettung im Internet und in der Realität angreifen“, so Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Kaiser spielte dabei auf Hasspostings nach Schwimmkursen für Flüchtlinge an - mehr dazu in „Shitstorm“ nach Schwimmkursen für Flüchtlinge.

Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) meinte: „Ich bin zutiefst schockiert über ein solch aggressives Vorgehen, das ich gänzlich ablehne.“ „Solche Provokationen und Gewaltaktionen durch rechte Hetzer dürfen wir nicht akzeptieren“, sagte auch Niedermühlbichler.

Grüne: Zunehmende Gewaltbereitschaft

Empörung gab es auch bei den Grünen. „Bei den Identitären handelt es sich um eine rechtsextreme Pöbeltruppe, die nicht vor Gewaltaktionen zurückschreckt“, so Öllinger weiter. Das Gewaltpotenzial der Gruppe habe sich deutlich verstärkt. „Es ist allerhöchste Zeit, dass gegen die Gruppe entschieden vorgegangen wird“, forderte Öllinger. Der Polizei riet Öllinger, die für Samstag geplante Demonstration der Identitären in Wien zu untersagen.

„Ich begrüße es, dass die Universität sich von dem Vorfall nicht einschüchtern lässt. Rechtsradikaler Hetze muss jede und jeder Einzelne von uns entschieden entgegentreten“, so Landessprecherin Marion Mitsche. Der Kärntner grüne Nationalratsabgeordnete Matthias Köchl nannte die Störaktion „das verabscheuungswürdige Angstmachen erbärmlicher Rechter.“

Gewerkschaft: Ein Alarmsignal

„An Widerlichkeit nicht zu überbieten und vor allem ein Alarmsignal“, so kommentierte Christian Hofmann, Jugendvorsitzender der GPA-djp den Vorfall. Man könne nach diesem aggressiven Überfall keinesfalls tatenlos zur Tagesordnung übergehen: „Ich hoffe wirklich, dass die Erhebungen mit aller Vehemenz geführt werden.“

Anzeige gegen Unirektor angekündigt

Die rechtsextreme Gruppierung kündigte am Freitag ihrerseits eine Strafanzeige gegen Vitouch an. Sie werfen ihm in einer Aussendung Sachbeschädigung, Körperverletzung und Nötigung vor. Dass Vitouch seinerseits angegriffen und auch geschlagen worden war, bestreiten sie hingegen. Es habe kein aggressives Verhalten der „Aktivisten“ gegeben, sagte Identitären-Sprecher Patrick Lenart.

Im Gegenteil habe der Rektor „äußerst aggressiv“ auf die friedliche Aktion reagiert. Im Zuge dessen sei ein T-Shirt komplett zerrissen worden, einer der Männer habe eine leichte Verletzung erlitten. Das sei „einem Rektor unwürdig“. Die Einbringung der Anzeige wurde für den Nachmittag angekündigt.