Hofburg-Wahl: Vier Anzeigen in Kärnten

Weil in vier Kärntner Bezirken Wahlkarten möglicherweise zu früh ausgezählt wurden, hat die Bundeswahlbehörde nach der Hofburg-Stichwahl Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Ob es eine Auswirkung auf das Wahlergebnis gibt, ist noch offen.

Laut Gesetz durften die Kuverts erst am Montag, 9.00 Uhr und nur vor einer Kommission geöffnet werden. Offenbar war das in Kärnten nicht überall der Fall. Villach-Stadt, Villach-Land, Wolfsberg und Hermagor stehen auf der Verdachtsliste des Innenministeriums. Von „Unregelmäßigkeiten“ war am Mittwoch in einer Aussendung des Ministeriums die Rede, die Aufklärung dieser habe „oberste Priorität“.

Leyroutz brachte Fall ins Rollen

In Villach und im Bezirk Villach-Land sollen Wahlkarten zu früh ausgezählt worden sein, in Hermagor und Wolfsberg wurden die Kuverts zu früh geöffnet. Ins Rollen brachte den Fall der freiheitliche Klubobmann Christian Leyroutz. Er weigerte sich, das Protokoll der Landes-Wahlkommission zu unterschreiben. „Es geht jetzt nicht darum, was wir beim Ergebnis befürchten, sondern dass gerade bei einer Wahlordnung alle Punkte penibelst eingehalten werden müssen. Die Ordnungsgemäßheit dieser Wahl kann von uns, als Mitglieder der Landeswahlbehörde, nicht bestätigt werden.“ Über die restlichen drei Fälle wurde das Ministerium von der Landeswahlbehörde informiert.

Auswirkung auf Wahlergebnis noch offen

Offen ist, ob die Ermittlungen Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben werden. Wenn ein Wahlrechtsdelikt vorliegt, könnte die Wahl angefochten werden. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) beschäftigt sich nur mit einer Anfechtung, wenn die darin behaupteten Mängel den Wahlausgang entscheidend verändern können. Bei der Hofburg-Stichwahl hieße das, dass so viele Stimmen infrage stehen, dass der andere Kandidat damit gewinnen hätte können. Bei Van der Bellens Vorsprung von 31.026 Stimmen müsste der behauptete Fehler - etwa in der Auszählung oder Zurechnung von Stimmzetteln - 15.515 Stimmen betreffen. Insgesamt wurden in den vier „auffälligen“ Kärntner Wahlbezirken 12.378 Briefwahlstimmen abgegeben.

Wahlleiter: Nicht alle eingeladen

Der Leiter der Bundeswahlbehörde, Robert Stein, sagte Mittwochabend in der ZIB2, nach den ihm vorliegenden Informationen seien die Auszählungs- und Anonymisierungsmaßnahmen nicht im Beisein aller Wahlbehördenmitglieder erfolgt. Nicht alle seien eingeladen gewesen - wobei aber „komisch“ sei, dass dennoch alle unterschrieben und bestätigt hätten, dass alles in Ordnung sei und auch erst um 9.00 Uhr Früh mit der Auszählung begonnen worden sei.

Keine Wahlzeugen in Villach?

Bereits Dienstagabend wurden die „Unregelmäßigkeiten“ in Villach bekannt. „Der Vorwurf lautet, dass vor dem gesetzlichen Zeitpunkt ausgezählt wurde“, bestätigt der Leiter der Wahlabteilung, Robert Stein. Eine Sprecherin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der FPÖ-Anzeige aus Villach-Stadt. Der Leiter der Wahlkommission soll ohne Beisein von Wahlzeugen schon am Sonntag die Briefwahlstimmen ausgezählt haben. Dieser Vorwurf werde nun geprüft, so die Sprecherin.

Ermächtigung durch Bezirkswahlbehörden

Dass Briefwahlstimmen ausgezählt worden seien, wird von der Stadt zurückgewiesen. Ganz anders klingt der Leiter der Kärntner Landeswahlbehörde, Gerhard Jesernig. Es sei ihm in Villach bestätigt worden, dass die Wahlkarten schon früher ausgezählt worden seien, sagte er: „Aber es soll eine Ermächtigung durch die Bezirkswahlbehörde gegeben haben.“ Ob ein solcher Beschluss des Bürgermeisters ausreichend sei, müsse nun die Bundeswahlbehörde entscheiden, meinte Jesernig. In der Niederschrift der Bezirkswahlbehörde ist laut Magistratsdirektorin Pacher und Jesernig von keiner Auffälligkeit die Rede, eine frühere Auszählung hätte dort vermerkt werden müssen. Der Bericht wurde von allen Vertretern, auch von der FPÖ, unterzeichnet.

Auch der Wahlleiter im Bezirk Villach-Land, Bernd Riepan, sagte auf ORF-Anfrage, die Mitglieder der Bezirkswahlbehörde hätten einstimmig beschlossen, die Wahlkarten schon am Sonntag auszuzählen. Ob das rechtens war, konnte der Bezirkshauptmann nicht beantworten. Dieser Ermächtigung stimmte auch das freiheitliche Kommissionsmitglied Johann Gallo zu, bestätigte er dem ORF Kärnten. Seit Jahren üblich würden auch Beamte der Bezirkshauptmannschaft die Wahlkarten auszählen und nicht alle politischen Vertreter in der Wahlkommission. Dazu Gerhard Jesernig von der Landeswahlkommission: „Das ist erlaubt, das sind Hilfskräfte, die bei der Menge und bei der Schnelligkeit, die es braucht, erlaubt sind. Auch in den Wahlsprengeln sind teilweise Hilfskräfte der Gemeinden im Einsatz.“

Wolfsberg, Hermagor: Kuverts zu früh aufgeschnitten

In Wolfsberg und Hermagor gibt es den Verdacht, dass die Wahlkartenkuverts zu früh aufgeschnitten wurden. Der Bezirkshauptmann von Wolfsberg, Georg Fejan, sagte, in Wolfsberg sei am Montag schon vor 9.00 Uhr, um etwa 8.15 Uhr, vor einer Kommission mit dem Öffnen der Kuverts begonnen worden. Die Auszählung der Briefwahlstimmen sei aber erst um 9.00 Uhr erfolgt.

Der Hermagorer Bezirkshauptmann und Wahleiter Heinz Pansi sagte, man habe die Briefwahlkuverts am Sonntag für die Auszählung vorbereitet. Ausgezählt worden sei das Ergebnis aber erst am Montag um 9.10 Uhr. Pansi geht davon aus, dass alles rechtens war, ebenso argumentiert man in Wolfsberg. Aus den zwei anderen Bezirken hieß es am Mittwoch, es sei alles korrekt gelaufen.

FP-Kickl: Stimmen könnten ungültig sein

Die FPÖ könnte sich den Anzeigen des Innenministeriums anschließen. Demnach wäre man „geschädigte“ Partei, sagte Generalsekretär Herbert Kickl, der aber noch keine Entscheidung getroffen hat. Die Frage der Wahlanfechtung wäre allerdings gesondert zu behandeln. Derzeit seien die Freiheitlichen „drauf und dran“, mögliche „Vorfälle“ bei der Stichwahl zu sammeln, bis zum Stichtag am 8. Juni habe man noch Zeit. Für Kickl ist es möglich, dass sämtliche Stimmen in den betroffenen Kärntner Bezirken ungültig sind. „Das wäre natürlich eine eklatante Änderung des Wahlergebnisses“, meinte er.

Auch FPÖ-Vertreter, darunter der FPÖ-Klubobmann im Landtag, Christian Leyroutz, äußerten bei der Landeswahlbehörde ihre Bedenken. Die Partei wolle die Wahl nur anfechten, wenn es gravierende Auswirkungen auf das Gesamtwahlergebnis in Österreich gebe, hieß es. Vielmehr gehe es um Aufklärung.

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