Wiederbetätigung: Zwei Jahre bedingt

Eine 36 Jahre alte Frau aus Klagenfurt hat sich am Mittwoch wegen Wiederbetätigung vor einem Geschworenengericht verantworten müssen. Sie wurde zu zwei Jahren bedingter Haft und 30 Stunden Anti-Faschismus-Training verurteilt.

Die Frau musste sich einem Geschworenenprozess unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl stellen. Ihr wurden insgesamt elf Delikte vorgeworfen, darunter einschlägige Postings im Internet. Sie soll in den Jahren 2014 und 2015 auf einer Internetplattform Aufrufe zur Rassentrennung und Aussagen zur Überlegenheit der weißen Rasse gepostet haben. Laut Anklage hatte sie auch Fotos von Hakenkreuzen veröffentlicht und nationalsozialistische Kriegsverbrecher verherrlicht.

Wiederbetätigung Angeklagte

ORF

Die Angeklagte mit ihrem Anwalt

Zu Beginn der Verhandlung erklärte die junge Frau, sie habe in den sozialen Medien lediglich Nachrichten geteilt und weiterverbreitet, die ihr von anderen zugeschickt wurden. Mit dem Nationalsozialismus habe sie nichts zu tun. An einer Demonstration der Identitären Bewegung in Klagenfurt habe sie ebenfalls nicht teilgenommen - damals sei sie in der Arbeit gewesen.

Nickname: „Patriotin 88“

Mehr als eine Stunde lang wurden Postings der Frau gezeigt, darunter die österreichische Fahne, versehen mit einem Hakenkreuz, Fotos von Adolf Hitler, das Foto eines Kindes in Nazi-Uniform. Unter dem Nickname „Patriotin 88“ postete die Frau den Nationalsozialismus verherrlichende Aussagen, und andere, die dem Ku Klux Klan und dem Nationalsozialismus zugeordnet werden.

88 = „Heil Hitler“

Die Zahl 8 steht für den achten Buchstaben im Alphabet. 88 steht demgemäß für „Heil Hitler“. Aufregung um diese Zahl gab es zuletzt wegen eines Fußballers, der diese Zahl unter den Stutzen getragen hatte - mehr dazu in Fußballer nach NS-Eklat freigesprochen.

Grausame und brutale Postings

Staatsanwältin Sandra Agnoli erklärte den Geschworenen, die Angeklagte habe Symbole und Erkennungszeichen der Nazis verwendet, die seit Jahrzehnten in diesen Kreisen verwendet würden. Sie habe demnach genau gewusst, was sie geschrieben habe und sei deswegen auch bereits vom Verfassungsschutz einvernommen worden. Damals wären die Postings aber nur für einen eingeschränkten Kreis im Internet einsehbar gewesen, deswegen folgte kein Verfahren. Im nunmehr angeklagten Zeitraum von eineinhalb Jahren habe sich die Angeklagte unzählige Male öffentlich niederträchtig, grausam und brutal geäußert. Die Staatsanwältin fordert deswegen eine „angemessene Strafe“.

Angeklagte: Nicht mehr in sozialen Netzwerken aktiv

Die Angeklagte bekannte sich erst nach mehrmaliger Befragung durch Richter Christian Liebhauser Karl und der zweiten Besprechung mit ihrem Anwalt Johannes Mutz schuldig. Sie erklärte, sie habe sich von diesen Kreisen durch die Geburt ihres mittlerweile neun Monate alten Sohnes abgewendet. Sie sei in den sozialen Medien nicht mehr aktiv und erneut schwanger.

Richter Liebhauser-Karl sagte, er habe sich geschämt, als er die zynischen und niederträchtigen Postings der Angeklagten gelesen habe. Er fragte die Angeklagte, warum sie sich den Spruch „Meine Ehre heißt Treue“ auf das Dekolleté habe tätowieren lassen. Die Rechtfertigung der Angeklagten: Ihr sei die Bedeutung des Spruchs - es handelt sich um den Leitspruch der Waffen-SS - nicht bekannt gewesen. Sie erklärte außerdem, ihre Tätowierungen nicht mehr öffentlich zeigen zu wollen. Richter Liebhauser bemerkte daraufhin noch, er hoffe, die Kinder der Angeklagten würden einmal „eine Perspektive“ haben.

Ohne Training kann Bewährung widerrufen werden

Das Urteil der Geschworenen war einstimmig: Zwei Jahre Haft, bedingt auf drei Jahre. Außerdem muss sie 30 Stunden Anti-Faschismus-Training absolvieren. Macht sie das nicht, kann die Bewährung widerrufen werden. Sie beriet sich kurz mit ihrem Anwalt und nahm das Urteil an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, das Urteil ist nicht rechtskräftig.