Rechtspanne: Prozess gegen Anwalt vertagt

Ein Kärntner Ex-Anwalt hätte sich am Dienstag vor Gericht verantworten müssen, weil er 280.000 Euro Kundengelder veruntreut haben soll. Der Prozess musste vertagt werden, denn es wurde vergessen, Schöffen zu laden.

Der Prozess sorgte im Vorfeld für Aufsehen, denn Prozesse gegen die Rechtsvertreter selbst sind selten. Umso überraschender kam am Dienstagvormittag die Absage. Auf Beschwerde der Staatsanwältin musste der Prozess nach rund 45 Minuten unterbrochen werden, weil die Laienrichter fehlten - der Angeklagte saß nur einer Einzelrichterin gegenüber. Bei einer Summe von 50.000 Euro sieht das Gesetz allerdings einen Schöffenprozess vor. Nach einer kurzen Unterbrechung stand fest, dass der Prozess vertagt werden muss.

Die Richterin entschuldigte sich bei dem Angeklagten und den Geschädigten für das Versäumnis. Nun müssen Schöffen ausgesucht und ein neuer Termin festgelegt werden. Dass keine Schöffen geladen wurden, das sei äußerst selten, sagte der Präsident der Kärntner Anwaltskammer, Gernot Murko. Viel häufiger sei der umgekehrte Fall, nämlich das geladene Schöffen nicht vor Gericht erscheinen.

Anwalt bekennt sich schuldig

Wenn auch später, so wird sich der ehemalige, 59-jährige Villacher Anwalt dennoch vor Gericht verantworten müssen. Der Vorwurf: Er soll 280.000 Euro an Kundengeldern für private Zwecke verwendet habe. Zu Prozessbeginn am Dienstag bekannte sich der Anwalt vor der Vertagung schuldig. Die Höchststrafe beträgt nach der Strafrechtsreform nicht mehr zehn, sondern drei Jahre. Den Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent geboten. 27 Geschädigte haben sich dem Strafprozess in einem Privatverfahren angeschlossen.

Mittlerweile Berufsverbot

Für die Rechtsanwaltskammer ist das Vergehen des Juristen völlig unverständlich. Der Mann hatte bis zu seinem Berufsverbot und seinem Konkurs 2014 eine Top-Kanzlei in Villach mit starken Umsätzen und galt als seriös. Irgendwann aber zahlte er seine Kammerbeiträge nicht mehr. Es folgten eine Überprüfung und Anzeige durch die Anwaltskammer.

Der Angeklagte hatte neben seiner Kanzlei ein Zusatzgeschäft, mit dem er sich offensichtlich übernommen hatte. Auffallend ist der lange Tatzeitraum. Über zehn Jahre lang soll er Gelder abgezweigt haben, Beschwerden von Klienten gab es zu dem Zeitpunkt nicht. Insgesamt geht es um 280.000 Euro.

Klienten über Jahre vertröstet

Offensichtlich sei es dem Angeklagten gelungen, seine Klienten immer wieder zu vertrösten, sagt Gernot Murko, Präsident der Kärntner Anwaltskammer. Die Klienten aus Slowenien und Kroatien dürften bei Prozessen nicht mit der Schnelligkeit der österreichischen Justiz gerechnet haben, meint Murko.

Ein ähnlicher Fall wird Anfang Mai in Kärnten verhandelt. Wieder ist dann ein ehemaliger Rechtsanwalt aus Villach angeklagt, er soll 288.000 Euro von 15 Klienten veruntreut haben. Die Rechtsanwaltskammer befürchtet einen Imageverlust ihrer Berufsgruppe – auch wenn es sich um einzelne schwarze Schafe handle - mehr dazu in Zwei Prozesse gegen Ex-Anwälte. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.