Heta-Angebot: Streit der Gutachter

Was passiert, wenn ein Bundesland Insolvenz anmelden muss? Das könnte Kärnten passieren, wenn die Gläubiger das Heta-Angebot ablehnen. Die Experten sind unterschiedlicher Meinung. Für Verfassungsjurist Heinz Mayer sind große Teile des Landesvermögens pfändbar.

Am Freitag, 11. März, endet das Heta-Angebot, ein Ergebnis dürfte am Montag vorliegen. Wird das Angebot abgelehnt, könnte Kärnten die Insolvenz drohen - mehr dazu in Kaiser: „Kämpfen mit Boxhandschuhen“. Verfassungsjurist Heinz Mayer verschaffte in einem Gutachten den Gläubigern neue Munition.

Er sieht die Pfändbarkeit von Vermögenswerten des Landes in weit größerem Ausmaß gegeben, als es die Landesregierung darstellt. Die Gutachter Georg Kodek und Michael Potacs hatten - im Auftrag des Landes - errechnet, dass lediglich 60 Mio. Euro an für die Gläubiger verwertbarem Vermögen vorhanden ist. Alles andere würde für die Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt.

„Fiskalvermögen bei Insolvenz zugänglich“

Mayer beurteilt das über weite Strecken anders. Die „Funktionsgarantie“ für ein Bundesland könne dem Bundesverfassungsgesetz „jedenfalls mit diesem Inhalt nicht entnommen werden“. „Vermögen, das weder für die Besorgung der Gesetzgebung noch für die Vollziehung der Gesetze durch Verwaltungsbehörden und Gerichte erforderlich ist, stellt das sogenannte Finanzvermögen dar, mit dem sich die Länder am Wirtschaftsverkehr beteiligen, um Erträge zu erzielen.“ Dieses „Fiskalvermögen“ sei für eine Exekution oder Insolvenz zugänglich. Explizit nennt er dabei Unternehmensbeteiligungen, Eigentum an Seen und Grundstücken.

„Landhaus kann verkauft werden“

Pfändbar sind laut dem Gutachten also Darlehensrückflüsse aus der Wohnbauförderung. Über diese sei in verschiedenen Bundesländern schon bisher privatrechtlich disponiert worden, sagt Mayer. Das Landhaus könnte ebenfalls verkauft werden, die Tätigkeit des Landtages könnte „in einem kostengünstig angemieteten Objekt“ fortgesetzt werden. Der gesamte Fuhrpark des Landes sei pfändbar, befindet der Verfassungsjurist. Nicht betroffen wären Spitäler, Schulen oder etwa Kindergärten, „überall dort, wo es eine gesetzliche Betriebspflicht gibt“.

Auch KELAG-Anteile verwertbar

Auch die 51-Prozent-Mehrheit des Landes an der Kärntner Energieholding, welche die KELAG-Anteile verwaltet, ist disponibel. Die Ansicht des Landes, wonach die Absicherung der Eigentumsverhältnisse durch die Landesverfassung einen Zugriff unmöglich mache, beurteilt Mayer als „unrichtig“. Die Bestimmung „bindet die Organe des Landes Kärnten, bedeutet aber nicht, dass diese Anteilsrechte nicht im Wege einer Exekution oder Insolvenz verwertet werden dürfen“.

Mayer weist allerdings darauf hin, dass die Bestimmungen über die Eigentumsverhältnisse an Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft beachtet werden müssen. Die Mehrheit muss nämlich in öffentlichem Eigentum bleiben, ein Verkauf etwa an den Verbund wäre also möglich.

Beistandspflicht des Bundes

Mayer leitet aus der Verfassung aber auch eine Beistandspflicht des Bundes ab. Wörtlich heißt es in dem Gutachten: „Ein Bundesland muss daher jedenfalls so ausgestattet werden, dass es seine staatlichen Aufgaben in Gesetzgebung und Vollziehung erfüllen kann.“

Der Bund könne auch Bedarfszuweisungen und sonstige Zuschüsse an die Länder vorsehen. Und weiter heißt es: „Sollten die Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes der Beistandspflicht nicht ausreichend Rechnung tragen und zu geringe Bundesbeiträge für das Land Kärnten vorsehen, so wären diese Bestimmungen verfassungswidrig und könnten in einem inzidenten Prüfungsverfahren vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden.“