„Jägerfreier“ Wald mit unabsehbaren Folgen

Zwei Waldbesitzer wollen in ihrem Revier keinerlei Jagd oder Hege. Einer von ihnen ging bis zum Verfassungsgerichtshof. Eine Änderung des Jagdgesetzes hätte weitreichende Folgen; Juristen rüsten sich bereits für den Entscheid des VfGH.

Mein Wald gehört mir, da lasse ich keinen Jäger hinein, denken sich zwei Spittaler Waldeigentümer; einer von ihnen wandte sich an den VfGH. Die Richter müssen nun entscheiden, ob das Kärntner Jagdgesetz umgeschrieben werden muss und ob ein Waldeigentümer aus ethischen Gründen die Jagd auf seinem Grundstück verhindern könne - mehr dazu in Kärntner Jagdgesetz im Visier des VfGH.

Juristen, aber auch Wildbiologen beschäftigen sich sicherheitshalber schon jetzt mit möglichen Folgen einer Entscheidung zugunsten des Waldbesitzers. In Deutschland schaffte es ein Waldeigentümer über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dass nicht mehr auf Reh, Hirsch und Wildschwein geschossen werden darf.

Jagdgesetz Jäger aussperren VfGH

ORF/Peter Matha

Jagden brauchen bestimmte Größen

In Österreich hat man als Eigentümer eines Waldes die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass gejagt wird. Eigenjagden oder einzelne kleine Parzellen zusammen als Gemeindejagd sind dann Sache der Jagdvereine. Sie hegen, jagen und schießen auch kranke Tiere. Das Jagdgesetz kennt keine „Jagdfreistellung“, wie sie der Spittaler erreichen will. Das heißt, wenn der VfGH den Grundeigentümern die Entscheidung überlässt, verändert sich sehr viel.

Renate Scherling, Juristin in der Jagdabteilung des Landes, sagte, eines der Probleme sei, dass man bestimmte Mindestgrößen für Jagdgebiete haben müsse. „Eigenjagden müssen mindestens 115 Hektar groß sein, Gemeindejagden 500 Hektar.“ Es könnte also passieren, dass diese Größen durch die jagdfreien Zonen unterschritten werden und dann nicht mehr als Jagdgebiete gelten, so Scherling.

Wildtiere bevorzugen ruhige Zonen

Es gibt auch keine Entschädigung mehr für den Waldeigentümer, dessen Bäume vom Wild verbissen wurde. Der Wildbestand könnte außerdem in genau solchen Sperrgebieten zunehmen, sagte Roman Kirnbauer, Sachverständiger für Jagdfragen. Je attraktiver eine Fläche von Nahrung und Ruhe her für die Tiere sei, desto mehr werden die Wildtiere diese Gebiete nützen. Die Tiere seien lernfähig und bevorzugen Gebiete ohne Jagd.

„Jagdruhezone“ muss umzäunt werden

Bereits nach jetzigem Jagdgesetz kann man eine Jagdruhezone beantragen. Das sei eine andere Möglichkeit, wie der Spittaler seine 6,5 Hektar „jägerfrei“ halten könnte, so Juristin Scherling: „Das Kärntner Jagdgesetz sieht im Paragraf 15 die Möglichkeit vor, dass man als Grundeigentümer oder Jagdausübungsberechtigter bei der Bezirksverwaltungsbehörde das Ruhen der Jagd auf Grundstücken beantragen kann.“ Die Voraussetzung sei aber, dass man diese Grundstücke mit einer Umfriedung dauerhaft umschließe, so die Juristin.

In diesem Fall hieße das, einen 1,5 Kilometer langen Spezialzaun zu bauen, so Wildbiologe Kirnbauer. Der Zaun müsse außerdem höher als 2,5 Meter sein, damit ihn die Tiere nicht überspringen können. Am unteren Ende müsste er feinmaschiger sein. Damit ein Zaun auch Wildschweine aufhalten könne, müsse man ihn zusätzlich verstärken, vielleicht sogar einen Elektrozaun einarbeiten, so Kirnbauer.

Jagdgesetz Jäger aussperren VfGH

ORF/Peter Matha

Einen ähnlichen Zaun müssten die Waldbesitzer rund um ihre Parzelle ziehen.

Eingezäunte Parzellen im Wald sind wiederum gegen das Forstgesetz, außerdem nimmt dadurch der Erholungswert für Spaziergänger ab. Wenn der Oberkärntner Waldeigentümer recht bekommt, zieht dies einen Rattenschwanz an Folgen nach sich, die laut Juristen noch gar nicht abzusehen seien.