Welt-Braille-Tag: Das Recht zu lesen

Der 4. Jänner ist der Tag der Blindenschrift, der Braille-Schrift. Doch das „Recht zu lesen“ ist in Europa weiter stark eingeschränkt. Nur fünf Prozent aller publizierten Bücher werden auch für Blinde und Sehbehinderte verlegt.

Seit 2001 betreut die Weltblindenunion (WBU) jeden 4. Januar als Welttag der Brailleschrift, anlässlich des Geburtstages ihres Erfinders Louis Braille am 4. Jänner 1809. Die Brailleschrift wird von stark Sehbehinderten und Blinden benutzt, sie wurde von Louis Braille 1825 entwickelt. Der Welt-Braille-Tag erinnert daran, dass auch heute noch an Barrierefreiheit und Chancengleichheit für Sehbehinderte gearbeitet werden muss.

Wie funktioniert die Brailleschrift?

Die Schrift arbeitet mit erhabenen Punktmustern, die mit den Fingerspitzen abgetastet werden können. Sechs Punkte, drei in der Höhe mal zwei Punkte in der Breite, bilden das Raster, mit denen die Buchstaben dargestellt werden. Bei sechs Punkten ergeben sich 64 Kombinationsmöglichkeiten.

Im internationalen Vergleich beherrschen etwa zehn bis 15 Prozent aller Blinden und Sehbehinderten die Brailleschrift. Auch im Zeitalter von sprechenden Hilfsmitteln und Sprachausgaben am Computer ist die Brailleschrift für blinde Menschen noch von enormer Bedeutung.

Wenig Bücher für Blinde

Noch immer gibt es große Lücken bei der Aufbereitung von Medien für blinde und sehbehinderte Menschen geht. Das „Recht zu lesen“ bleibt für blinde und sehbehinderte Europäer weiter massiv eingeschränkt. Nur fünf Prozent aller publizierten Bücher werden in den Industriestaaten in einem Format verlegt, das für blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen zugänglich ist, so etwa in Großschrift, Braille oder als Audioformat. In Entwicklungsländern trifft das nur auf ein Prozent der publizierten Werke zu.

Frau liest mit Finger Blindenschrift

APA/Helmut Fohringer

Braille-Schrift

Keine EU-Einigung über internationales Abkommen

Um diese Situation zu verbessern wurde 2013 das Marrakesch-Abkommen aufgesetzt. Das Abkommen erleichtert den Zugriff und die Verbreitung von Publikationen für Blinde und Sehbehinderte. Von vielen Ländern, wie Mexico, Argentinien, Indien, und Mali, wurde das Abkommen bereits anerkannt. Die EU reagierte bislang verhalten, noch gibt es keine Einigung. 21 EU-Länder sprachen sich bislang für das Abkommen aus, sieben Länder blockieren eine Einigung noch. Dabei sei mit der Annahme des Abkommens eine große Verbesserung für blinde und sehbehinderte Menschen zu erwarten, sagt Katharina Springer vom Kärntner Blinden- und Sehbehindertenverband.

Kampf um die Selbstständigkeit

Vertreten ist die Brailleschrift inzwischen auch im öffentlichen Raum, beispielsweise auf Aufzügen und Tafeln. Alleine dadurch können sich Blinde aber nicht im in der Öffentlichkeit orientieren. Zusätzlich sind Kennzeichnungen in erhabener Schwarzschrift, Leitlinien, Blindenampeln und die Vermeidung von unnötigen Hindernissen für die Selbstständigkeit der Blinden und Sehbehinderten entscheidend.

Posthume Anerkennung für Louis Braille

Louis Braille verlor als kleiner Junge sein Augenlicht bei einem Unfall in der Schusterwerkstatt seines Vaters. Mit elf Jahren kam er in die Blindenschule nach Paris. Dort wollte er sich nicht damit abfinden, Literatur nur vorgelesen zu bekommen. 1825, mit 16 Jahren, hatte Braille seine Blindenschrift fertig gestellt. Dazu vereinfachte er die zu militärischen Zwecken erfundene „Nachtschrift“.

Obwohl die Schriftzeichen leicht erlernbar und einfach zu schreiben waren, konnten sie sich lange nicht durchsetzen. Eine offizielle Anerkennung für seine Leistung blieb für Braille Zeit seines Lebens aus.