Scharfe Kritik an neuen Flüchtlingsquartieren

Per Durchgriffsrecht nützt das Innenministerium jetzt auch zwei Kärntner Kasernen als Flüchtlingsunterkünfte - die Türk-Kaserne in Spittal und die Henselkaserne in Villach. „Das Ministerium übertreibt“, reagierte LH Peter Kaiser (SPÖ) empört.

An insgesamt acht Bundesheer-Standorten in der Steiermark, im Burgenland, in Kärnten sowie Nieder- und Oberösterreich und in Tirol sollen Asylwerber Obdach finden - mehr dazu in Neue Asylquartiere in Kasernen (news.ORF.at). Die Verordnung des Innenministeriums wurde bereits am 18. Dezember per Bundesgesetzblatt veröffentlicht, sie gilt vorläufig für sechs Monate.

Türkkaserne Spittal Asyl

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Container für Spittal

In Kärnten betroffen sind die Hensel- und die Türkkaserne. Die Henselkaserne in Villach ist schon seit November als Unterkunft für 400 Asylwerber im Gespräch - mehr dazu in Henselkaserne soll Asylquartier werden. In Spittal sollen die Menschen in Containern auf dem Kasernengelände leben, in Villach sollen sie auf dem Sportplatz der Kaserne in winterfesten Zelten untergebracht werden. Dort fand auch bereits eine Informationsveranstaltung für die Anrainer statt - mehr dazu in Flüchtlingsfrage entzweit Gemeinden.

Henselkaserne

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Henselkaserne in Villach

Kaiser: Ministerium übertreibt

Postwendend kam am Dienstag aus Kärnten Protest. Landeshauptmann und Flüchtlingsreferent Peter Kaiser (SPÖ) ist mit der Vorgehensweise von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nicht einverstanden. Er hat die Vermutung, dass Kärnten vom Bund besonders stark in die Pflicht genommen werde: „Es fällt auf, dass Kärnten beim Durchgriffsrecht besonders ‚bevorteilt‘ wird.“

Von den bisher 14 vom Ministerium benutzten Durchgriffsrechten würden sieben Kärnten betreffen. Das sei nicht nachvollziehbar, Kärnten erfülle seine Asyl-Quote schon zu 95 Prozent, bald werde sie wohl übererfüllt. „Es gibt Bundesländer, die deutlich dahinter liegen, dort gibt es weniger Durchgriffe.“

Dem Innenministerium wirft Kaiser vor, mit seinen Verordnungen „zu übertreiben“. Statt Großquartieren sei es sinnvoller, die Flüchtlinge besser auf die Gemeinden aufzuteilen. Der einzig richtige Weg sei letztlich, die Fluchtbewegungen über die Außengrenzen zu regulieren. Innenministerin Mikl-Leitner meinte dazu, Kärnten könne die Unterbringung von Flüchtlingen in den Kasernen ohnehin noch abwenden, wenn das Land noch genügend anderwärtige Quartiere schaffe.

Henselkaserne Sportplatz wird für Flüchtlinge geöffnet

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Auf diesem Sportplatz neben der Henselkaserne werden winterfeste Zelte für Flüchtlinge aufgestellt

Pirih: Kein Mitspracherecht

Der Spittaler Bürgermeister Gerhard Pirih (SPÖ) sagte, er hoffe, es werden nicht einige hundert Flüchtlinge werden, sondern dass es bei der Quote für Spittal bleibe, das seien rund 180 Asylwerber. Das könnte man schaffen. Man habe die letzten Monate alles versucht, um Privatquartiere auf die Beine zu stellen, 30 seien es geworden. Er habe keinerlei Mitspracherecht gehabt, so Pirih. Man habe von der Stadt aus zwei Quartiere angeboten, die werden besichtigt.

Albel: Konfliktpotenzial durch Großquartier

Der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) kritisierte die späte Information der Stadt durch das Ministerium. Villach habe bereits zwei Transitquartiere zur Verfügung gestellt, 22.000 Flüchtlinge seien dort bislang betreut worden. Ein Großquartier in der Stadt berge aber Konfliktpotenzial.

Der Kärntner FPÖ-Chef Christian Ragger meinte in einer Aussendung, dass der Bund Kärnten mit seinem Durchgriffsrecht zur „Hochburg“ für Asylwerber mache. Er befürchtet, dass Kärnten auch im neuen Jahr weitere „Zwangsbeglückungen“ erleben werde, da die Bundesregierung kein Konzept für eine Begrenzung der Aufnahme von Migranten habe.

Landesrat Gerhard Köfer (Team Kärnten Stronach) sagte in einer Aussendung, Spittal habe das Thema Asyl unterschätzt und sei unvorbereitet. Köfer habe schon im September vorgeschlagen, die Quote von 1,5 Prozent zu erfüllen, bevor der Bund vom Durchgriffsrecht Gebrauch mache. Nun werde m an für Ignoranz und Untätigkeit bestraft.

Auch neues Flüchtlingsquartier in St. Egyden

Nichts genützt hat der Protest aus Kärnten gegen das geplante Flüchtlingsquartier in St. Egyden in der Gemeinde Schiefling. Das Innenministerium machte auch hier vom Durchgriffsrecht Gebrauch, der Bescheid wurde laut einem Sprecher den Bescheid bereits erteilt - mehr dazu in Protest gegen neues Verteilerquartier.

Ab Jänner können in einem aufgelassenen Gasthof 150 Asylwerber untergebracht werden. Nur 300 Meter entfernt befindet sich das Landesquartier auf Veldener Gemeindegebiet, in dem bereits 64 Flüchtlinge leben. Auf die 500 Bewohner von St. Egyden kommen damit mehr als 200 Asylwerber.

Kaiser bezeichnete das neue Flüchtlingsquartier als „wirklich unverständlich“: „Dafür kann kein Mensch mehr Verständnis aufbringen.“ Er forderte das Ministerium am Dienstag erneut auf, diese Entscheidung zurück zu nehmen.

Sirius-Halle in Klagenfurt öffnet

Bereit für die ersten Flüchtlinge ist seit Dienstag die Klagenfurter Sirius-Halle, die Umbauarbeiten sind nahezu abgeschlossen. Noch im Lauf des Tages werden 80 bis 100 Menschen hier erwartet. Platz bietet die Halle für 450 Menschen. Klagenfurt bekommt außerdem eine Außenstelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in der Nähe des Benedektinermarktes. Grund dafür ist der enorme Anstieg der Asylanträge, die bearbeitet werden müssen.

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