Flüchtlingsfrage entzweit Gemeinden
Vergangene Woche kündigte das Innenministerium an, dass bis zu 450 Menschen am Sportplatz der Henselkaserne in winterfesten Großzelten untergebracht werden sollen. Stadt und Garnisonskommandant meldeten Bedenken an. Dienstagabend gab es eine teils sehr emotionale Infoveranstaltung.

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Die Sporthalle platzte aus allen Nähten, die Stimmung war teilweise sehr aufgeheizt.
Otmar Roschitz vom Innenministerium sagte, das Durchgriffsrecht greife noch nicht, der Bescheid sei noch nicht erlassen. Es stehe auch noch nicht fest wer und wie viele kommen. Laut Roschitz müsse man auf solche Infoveranstaltungen setzen, nur so könne man Bedenken und Ängsten begegnen und die Menschen aufklären.
Bedenken von Stadt und Heer
Konkret werden von der Expertenkommission insgesamt 13 Militärliegenschaften in ganz Österreich begutachtet. Garnisonskommandant Volkmar Ertl sagte, es habe von Seiten der Stadt offenbar Eingaben und Bedenken gegeben. Auch auf seinem Dienstweg habe er Bedenken gemeldet, die das Bataillon betreffen. Er wisse nicht, warum es noch einmal eine Begehung geben solle. Laut Militärkommandant Walter Gitschthaler sei die Ausbildung des Pionierbataillons betroffen, außerdem gebe es auf dem Gelände ein Waffenlager.
Wortmeldungen zu Glaubensunterschieden
Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) stand rund 300 Menschen, die in der Nähe der Kaserne wohnen, gemeinsam mit Vertretern des Innenministeriums und des Bundesheers Rede und Antwort. In teils heftigen Wortduellen brachten die Bewohner ihre Ängste und Sorgen vor. Die meisten Bedenken betreffen das soziale System Österreichs, das durch soviele Flüchtlinge überfordert sein könnte. Es gab aber auch mehrere Fragen zur Religion und möglichen Konflikten in diesem Zusammenhang.

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Vertreter von Polizei, Innenministerium, Stadt und Hilfsorganisationen standen Rede und Antwort.
„Vorgehen eine Frechheit“
Albel sagte, er habe deutlich gemacht, dass die Vorgehensweise des Innenministeriums eine Frechheit gewesen sei. Die Stadt sei, auch wenn die Henselkaserne jetzt wieder zur Diskussion stehe, vor vollendete Tatsachen gestellt worden: „Es hat Geheimverhandlungen gegeben, diese Mauer des Schweigens haben wir gebrochen. Wir haben erreicht, was das ureigenste Recht des Bürgers ist, nämlich Informationen zu bekommen.“
1,5 Prozent-Quote nicht erreicht
Die vom Bund vorgegebene Quote von eineinhalb Prozent der Bevölkerung erreichen Klagenfurt und Villach bisher nicht. Dadurch kann der Bund von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch machen und selbst Asyl-Großquartiere einrichten. Mit solchen ist auch weiter zu rechnen: Aktuell erfüllt Kärnten seien Quote nämlich nur zu 93 Prozent.
Albel räumte ein, dass Villach die Quote von 1,5 Prozent nicht erfülle, das wären rund 900 Asylwerber. Er sagte aber auch, man müsse hinterfragen, warum nicht einmal die Hälfte der Kärntner Gemeinden überhaupt Flüchtlinge aufnehme. Villach kümmere sich um die Transitflüchtlinge und nehme damit auch Verantwortung wahr. Die Transitflüchtlinge werden in die Quote aber nicht eingerechnet, daher kann der Bund vom Durchgriffsrecht Gebrauch machen.
Albel und Pfeiler fordern „Solidarabgabe“
Nur in 60 Kärntner Gemeinden gibt es Asylquartiere, 72 Gemeinden beherbergen nach wie vor keine Flüchtlinge. Deshalb soll Geld als Anreiz dienen - zumindest wenn es nach dem Villacher Bürgermeister und dem Klagenfurter Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler (beide SPÖ) geht. Sie fordern in Aussendungen einen Solidarbeitrag von jenen Gemeinden, die keine Flüchtlinge untergebracht haben. Das Land solle diesen Kommunen die Bedarfszuweisungen kürzen. Jene Gemeinden mit vielen Asylwerbern sollten hingegen mehr erhalten, so die Forderung.
Kaiser: Gemeinden dürfen sich nicht „freikaufen“
Aus dem Büro des Flüchtlingsreferenten, Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hieß es dazu, man müsse über jeden Vorschlag diskutieren, der zu einer gerechteren Verteilung führe. Aber man müsse aufpassen, dass sich nicht einzelne Gemeinden von ihrer Verpflichtung freikaufen.
Ähnlich die Reaktion des Kärntner Gemeindebundpräsidenten Peter Stauber, gleichzeitig Bürgermeister von Sankt Andrä. Über die Forderung müsse man erst intensiv beraten. Stauber gibt aber zu bedenken, dass es kleinere Gemeinden in einigen Tälern sehr schwer hätten Quartiere zu finden. Manche von ihnen seien schon jetzt finanzschwach und sollten nicht doppelt bestraft werden.